Kampf für humane Schule: Bildungsforscher Olechowski wird 80

Er gilt als Eisbrecher für die empirische Schulforschung in Österreich und engagierte sich für Benachteiligten im Bildungssystem: Richard Olechowski.

Richard Olechowski war ein Eisbrecher: Er war es, der der empirischen Schulforschung in weiten Teilen Österreichs ihren Platz verschaffte. In seiner Arbeit war der gläubige Christ stets ein Kämpfer für eine humane Schule. Am 7. Mai wird Olechowski 80 Jahre alt, an der Uni Wien wird ihm aus diesem Anlass am 9. Mai beim Dies Facultatis vom Dekanat und seinem früheren Institut gratuliert.

Eine humane Schule, in der die Kinder und Jugendlichen ohne Angst und Leistungsdruck ganzheitlich erzogen und ohne Trennung in Leistungsgruppen individuell gefördert werden, war das erklärte Ziel des langjährigen Vorstands des damaligen Instituts für Erziehungswissenschaften. Dafür machte Olechowski sich - stets unter Berufung auf wissenschaftliche Studien - auch öffentlich etwa als vehementer Gegner der "frühen schulischen Auslese" stark: "Pädagogisch nicht verantwortbar" und willkürlich sei die Trennung der Zehnjährigen angesichts der unmöglichen Prognose ihrer künftigen Leistungen. Stattdessen forderte er eine gemeinsame Schule bis 14 oder 15, sei doch die AHS-Unterstufe in Städten ohnehin längst zur "heimlichen und undifferenzierten Gesamtschule" geworden.

Parteipolitisch hat Olechowski sich trotz seines Einsatzes für die Gesamtschule nie engagiert, betont er. Im christlichen Lager sei dem Forscher sein Eintreten für eine Gesamtschule trotzdem teilweise übelgenommen worden. Und noch einen scheinbaren Widerspruch wehrt er ab: Die von ihm geforderte humane Schule stehe nicht im Widerspruch dazu, auch Leistungen zu fordern; eine Absage an eine bloß profitable Bildung ist sie aber allemal.

Resozialisierung jugendlicher Rechtsbrecher

Begonnen hat die berufliche Karriere Olechowskis (geboren am 7. Mai 1936 in Wien) fernab des Wissenschaftsbetriebs. Nach seiner Promotion in Psychologie 1962 an der Universität Wien arbeitete er zunächst im Justizbereich und kümmerte sich dort um die Resozialisierung jugendlicher Rechtsbrecher. Ab 1966 war er Assistent am Institut für Erziehungswissenschaften der Uni Wien, 1970 folgte seine Habilitation für Pädagogik.

Ab 1972 war Olechowski Professor für Pädagogik an der Uni Salzburg, wo er dem Institut für Erziehungswissenschaft vorstand. 1977 kehrte er in seine Heimatstadt zurück und leitete dort für gut ein Jahrzehnt (1982-1988, 1995-1999) das Institut für Erziehungswissenschaften.

"Krieg" am Institut

Dabei hatte es Olechowski an der Uni Wien zu Beginn nicht leicht: Es habe "ein Krieg geherrscht" zwischen den Anhängern des früheren Vorstands des Instituts, dem ausschließlich philosophisch orientierten Marian Heitger, und den Anhängern Olechowskis, schildert Bildungswissenschafter Stefan Hopmann von der Uni Wien im APA-Gespräch. Olechowskis Einfluss war dennoch ein bleibender: "Die empirische Wende in der Pädagogik, die man normalerweise in den 60er-Jahren verortet, ist in Österreich ganz wesentlich mit dem Namen Olechowski verknüpft."

Das Ziel von dessen wissenschaftlicher Arbeit war allerdings stets auch eine Veränderung der Gesellschaft: "Richard Olechowski ist wirklich im guten Sinne ein Überzeugungstäter und hat sich immer für jene engagiert, die im Bildungssystem zu kurz kommen", beschreibt ihn Hopmann. "Und das sind zwei Eigenschaften, die man nach wie vor gut brauchen kann."

Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit war Olechowski Vizepräsident der Wiener Katholischen Akademie (1973 bis 1984), 1997 wurde er in den Orden der Ritter vom Heiligen Grab zu Jerusalem aufgenommen. Im Dezember 2004 emeritierte Olechowski, blieb dem Thema Bildungsforschung allerdings weiter treu: So hielt er Fachvorträge und war bis 2010 Teil der Redaktion der österreichischen Pädagogik-Zeitschrift "Erziehung und Unterricht".

Für seine Leistungen wurde der Wissenschafter mehrfach ausgezeichnet, etwa mit der Otto Glöckel-Medaille der Stadt Wien für außerordentliche pädagogische Leistungen im Schulwesen. Erst 2016 wurde er mit dem Goldenen Doktordiplom der Uni Wien geehrt.

(APA)

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