Ostrowski: „Ich will gar nicht wissen, wie viel ich verdiene“

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Schauspieler Michael Ostrowski darüber, warum sich (nicht) alles ums Geld dreht, was ihm am Studium getaugt hat und warum man mit Pornos kein Geld mehr verdient.

Bei „Nacktschnecken“ drehen drei Exstudenten aus Geldnot einen Porno, in „Hotel Rock ’n’ Roll“ erben sie Jahre später ein Hotel mit einem Schuldenberg. Ist es Zufall, dass es in vielen Deiner Filme ums Geld geht?
Michael Ostrowski: Es geht eher um die Absenz von Geld.

Die Frage, wie man zu Geld kommt, scheint jedenfalls der Anstoß für viele Geschichten zu sein.
Ja. Im Film erben wir ein Hotel und irgendwann kommen wir drauf, dass uns der Onkel einen 170.000-Euro-Kredit mitvererbt hat. Wir kämpfen den ganzen Film lang darum, dieses Geld aufzustellen. Es geht also die ganze Zeit um dieses Geld. Aber irgendwie eben auch nicht. Das war es, was mir bei dem Film wichtig war.

Inwiefern?
Geld ist etwas, was die Menschen zum Handeln zwingt. Viele Aktionen werden durch Geld in Bewegung gesetzt. Aber was wir mit dem Film eigentlich sagen wollten ist: Es geht eigentlich nicht ums Geld. Alles, was rundherum passiert, ist das wirklich Wichtige: dass wir eine Band gründen, uns betrinken, auf den Berg gehen. Geld ist zwar der Motor, aber es ist nicht die Essenz.

Wie wichtig ist denn Geld für Dich persönlich?
Natürlich ist es wichtig. Weil ich gern möglichst schmerzfrei leben will. Das Geld stupst einen zum Handeln an. Aber es darf nicht der Sinn des Lebens sein.

Und wie viel Geld brauchst Du, damit Du zufrieden bist?
Das möchte ich nicht in Zahlen sagen. Und ich habe auch keine. Ich muss immer sparen, weil ich keinen fixen Beruf habe und weil dann ein paar Monate lang vielleicht nichts kommt. Daher kann ich nicht sagen, was ich im Monat verdiene. Und es ist mir auch wurscht. Ich rechne mir ganz bewusst nicht aus, was ich verdiene. Ich will es gar nicht wissen.

Warum nicht?
Weil es sonst so eine Größe wird, die total wichtig ist. Ich habe so und so viel verdient, schaffe ich das wieder? Und wenn ich anfange, so zu denken, mag ich nicht mehr.

Das heißt, ich brauche Dich nicht zu fragen, wie viel Geld du für einen Film bekommst?
Für den aktuellen Film kriege ich als Autor, Regisseur und Schauspieler etwas. Und ich habe etwa meine eigene Schauspielergage heruntergesetzt, weil ich wusste: Es ist wichtiger, wir kriegen den Film irgendwie hin. Denn das war wirklich an der Kippe. Ich bin bei dem Film jedenfalls absolut nicht reich geworden.

Kann man reich werden als österreichischer Schauspieler?
Reich im Sinn von angenehm leben können: das schon. Aber wirklich reich, da wüsste ich nicht, wie das gehen soll. Wenn ich super verdiene, kann ich mir vielleicht eine Wohnung leisten. Aber am Traunsee, wo ich gerade drehe, sehe ich wirklich reiche Leute. Davon bin ich meilenweit entfernt.

Wo fängt denn Reichtum an?
Das ist eine interessante Frage. Die sarkastische Antwort wäre: Reichtum fängt dort an, wo die Leute anfangen, ungut zu werden. Und kleinkariert. Oft sind die sehr reichen Menschen am sparsamsten und am knausrigsten. Das ist eine Form von Reichtum, die ich ganz grausig finde.

Du kommst selbst nicht aus einer reichen Familie.
Ich komme aus einer Familie, in der auf der einen Seite Lehrer waren und auf der anderen Tischler. Meine Großeltern waren wirklich arme Leute. Meine Mutter musste deswegen mit 17 aufhören, in die Schule zu gehen. Aber ich habe meine Großeltern als extrem großzügig erlebt. Als Kind habe ich geglaubt, die sind reich.

War es zu Hause ein Thema, was Du studierst?
Nein, die Eltern haben mich immer machen lassen, was ich wollte. Ich habe im Prinzip das studiert, was mich interessiert hat.

Das war Englisch und Französisch an der Uni Graz.
Sprachen habe ich immer gern gehabt. Mir war aber nicht klar, was ich mit den Sprachen machen soll. Daher habe ich auch Lehramt studiert, weil da habe ich gewusst: Da könnte ich zumindest unterrichten, wenn ich einmal arbeitslos bin.

Wie hast Du das Studium finanziert? Mit Mama und Papa, Stipendien, irgendwelchen Jobs?
Eine Mischung aus dem allen. Meine Eltern haben mich unterstützt. Aber ich habe parallel immer gearbeitet. Ich war Tutor auf der Uni. Und ich habe immer Theater gespielt und da auch immer ein bisschen etwas verdient.

War es recht knapp?
Mir ist nichts abgegangen. Ich habe nicht viel Geld gehabt und meine Reisen fanden mit Rucksack und Knäckebrot statt. Aber das finde ich in dem Alter auch vollkommen legitim.

Apropos Reisen: Du warst ja auch fürs Studium im Ausland.
Für meine zweieinhalb Monate in New York habe ich mein Leistungsstipendium auf den Kopf gehaut. In Oxford war ich mit Erasmus. Nicht auf einem der altehrwürdigen Colleges, aber für mich war das eines der prägendsten Jahre überhaupt.

Was war denn das Prägende?
Du kommst allein dorthin. Und du musst dich dort definieren, du musst dich positionieren. Und du hast dort eine Freiheit, das war eine unglaublich reiche Erfahrung. Diese Freiheit ist überhaupt etwas, was mir am Studentenleben sehr getaugt hat. Dass man nicht komplett eingekastelt ist. Für mich war das, was ich neben dem Studium gemacht habe, das Entscheidende.

In Zeiten immer strafferer Curricula ist das schwieriger.
Das ändert sich ziemlich. Es ist alles schulischer und enger. Dabei sehnen sich die Leute nach Weite und Freiheit.

Worauf soll man in seiner Studienzeit nicht verzichten?
Aufs Fortgehen, sich mit Freunden treffen, demonstrieren gehen. Zusammen irgendwelche Dinge aushecken, von einem Theaterstück bis zu einer Party. Blödsinn machen, schauen, was geht. Damit man sieht, wie ein Leben auch ausschauen könnte.

Bei „Nacktschnecken“ drehen drei Exstudenten einen Porno. Das ist aber keine Finanzierungsidee fürs Studium, oder?
Tatsächlich habe ich damals mit Michael Glawogger recherchiert, was man für einen Pornofilm bekommt. Das waren keine großen Summen, da ging es vielleicht um ein paar Tausender. Da haben noch reihenweise Pärchen scheinbar private Sexfilme gemacht. Und es gab auch den Plan von einer steirischen Pornodarstellerin, den „Nacktschnecken“-Porno wirklich zu verfilmen.

Und ist das auch passiert?
Irgendwann ist die Renee Pornero abgesprungen und hat ihren Beruf aufgegeben. Denn es gibt einfach kein Geld mehr für solche Filme. Der Markt ist damals komplett weggebrochen und das Projekt ist nie gemacht worden. Im Film „Nacktschnecken“ bekommt ja übrigens auch nie jemand etwas bezahlt.

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