Durch Privat-Unis Platz für Bedürftige schaffen

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Privat-Unis könnten öffentliche Unis entlasten, sagt Karl Wöber, Chef der Privatuniversitätenkonferenz. Diese könnten dann mehr auf die soziale Durchmischung ihrer Studierenden achten. Und sollten das auch tun.

Die Presse: Hinter den meisten der zwölf Privat-Unis stehen Länder, Städte, Kammern, die Kirche oder öffentliche Unis. Ist das sogenannte Private vielfach Etikettenschwindel, wie Rektorenchef Oliver Vitouch einmal gesagt hat?

Karl Wöber: Absolut nicht. Die Rechtsbasis ist eindeutig: Der Bund darf Privat-Unis nicht finanzieren und das tut er nicht. Aber privat bedeutet in erster Linie eine Unterscheidung, was die Rechtsform betrifft. Und erst in zweiter Linie geht es um die Finanzierung.

Aber es klingt schon schlüssig, dass dort, wo privat draufsteht, kein Steuergeld drin sein sollte.

Die meisten Privat-Unis haben das Ziel, einen großen Teil des Budgets aus Studiengebühren zu decken. Da sind viele auf einem guten Weg. Und der Sektor ist erst 15 Jahre alt: Da ist noch Spielraum nach oben.


Sie haben zuletzt selbst gefordert, den Pflichtzusatz Privatuniversität im Namen zu streichen.

Dafür gibt es einen anderen Grund. Es kommt aus dem Blickwinkel der Betroffenen – etwa der Studenten, die sich als zweite Klasse fühlen.


Sind die Privatuniversitäten denn Zweite-Klasse-Institutionen?

Natürlich nicht. Sie werden diskriminiert, weil sie verpflichtend eine Bezeichnung anführen müssen, die sie von einer staatlichen Uni unterscheidet. Daher fühlen sich Studenten häufig nicht voll anerkannt.


Sie würden lieber nur Universität heißen – ohne privat.

Ja, das ist im Ausland auch der Fall.


Als großes Problem sehen etwa die Grünen, dass öffentliche Unis Anteile an Privat-Unis halten.

Es ist eigenartig, dass man Kooperationen einfordert. Und die engste Form der Kooperation ist dann plötzlich nicht rechtens. Eigentlich müssten wir über so viel gemeinsames Engagement doch froh sein.


Gegen Kooperation sagt niemand etwas. Aber das Ministerium erarbeitet einen Plan für den Sektor – und der wird von Ländern und öffentlichen Unis umgangen.

Eine gewisse Governance durch das Ministerium ist möglich. Der Privat-Uni-Sektor wird stark kontrolliert. Es gibt niemanden, der regelmäßiger akkreditiert werden muss wie wir.


Aber man kann nicht aus strategischen Gründen sagen: Eine solche Uni wollen wir nicht.

Die strategischen Argumente müssten ja genau umgekehrt sein. Täglich lesen wir davon, dass es zu wenig Geld für den staatlichen Hochschulbereich gibt. Also: Schauen wir, dass wir möglichst viel privates Engagement und möglichst viele Alternativen bekommen, damit wir vor allem den bedürftigeren jungen Menschen den Zugang zum staatlichen System ermöglichen können.


Die, die es sich leisten können, sollen auf Privat-Unis gehen und für die anderen ist dann mehr Platz auf den öffentlichen Unis?

Genau. Gerade im staatlichen System, in dem die Finanzierung sichergestellt ist und es freien Zugang gibt, sollte man besonders auf die Durchmischung der Studierenden und die Frage der Bedürftigkeit eingehen. Beim Aufnahmeverfahren für Medizin etwa frage ich mich, warum es nur um die Eignung geht.


Worum sollte es denn gehen?

Auch um die Frage der Bedürftigkeit. Wenn wir begrenzte Ressourcen haben, sollte man auch die Frage stellen, ob angehende Studenten aus benachteiligten Schichten nicht einen gewissen Vorteil haben sollen, wenn sie auf eine staatliche Uni oder Fachhochschule gehen.

Und die anderen Studenten werden finanziell dafür bestraft?

Die negativen Auswirkungen der sozialen Selektion, die durch ausschließlich leistungsorientierte Zugangsschranken verursacht werden, sind wesentlich höher, als wenn man von den anderen Studenten einen Beitrag zur Finanzierung des Studiums an Privat-Unis verlangt


Die meisten privaten Studienangebote und Überlegungen, neue zu schaffen, gibt es in der Medizin. Etwa in Tirol. Ist das sinnvoll?

Ja und nein. Völlig verfehlt ist, dass immer mit dem österreichischen Arbeitsmarkt argumentiert wird. Gerade an Privat-Unis hätten wir die Chance, uns als Land mit hervorragenden Medizinstudienmöglichkeiten international zu positionieren.


Sie sagen: Eine Privat-Uni ist nicht dafür da, um ein Bundesland mit Ärzten zu versorgen.

Sie ist dafür da, bestmögliche forschungsgeleitete Lehre anzubieten – losgelöst von regionalen Zwängen und Problemen. Mit internationalen Spitzen-Unis als Konkurrenz und einem für Österreich außergewöhnlich tollen Angebot.


Das ist ein ziemlich idealistisches Bild, das sicher nicht auf alle Privat-Unis in Österreich zutrifft.

Keine Frage. Ich glaube, dass die Art, wie die Privat-Unis entstanden sind, am Anfang etwas schlecht gelaufen ist. Wir haben aber massiv daran gearbeitet und viel erreicht. Wir haben einen ersten ERC Grant bekommen. Und inzwischen werden sogar Professoren abgeworben.


Das sehen nicht alle so positiv: Die Med-Uni Wien beklagt etwa, dass die Akkreditierungsvoraussetzungen für private Medizin-Unis nicht salonfähig seien.

Wenn sich die staatlichen Unis den gleichen Akkreditierungen stellen müssten wie wir, würden sie sehen, wie streng das Verfahren zur Zulassung einer Privatuniversität ist.

Zur Person

Karl Wöber (52) ist seit 2007 Gründungs-
rektor der Modul University in Wien. Seit vier Jahren ist er Vorsitzender der Österreichischen Privatuniversitätenkonferenz, die die zwölf Privat-Unis mit inzwischen 10.000 Studenten vertritt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.11.2016)

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