Der Kampf um die Agrar-FH

(c) FABRY Clemens
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Die Regierung will eine landwirtschaftliche Fachhochschule. Niederösterreich und Oberösterreich zanken um den Standort.

St. Pölten. Wenn eine Kuh Fieber hat, wird das über einen Chip registriert und der Bauer via SMS informiert. Der Traktor hängt am Internet, um Daten über Ernte oder Bodenbeschaffenheit gleich einzupflegen. Die Digitalisierung ist in der Landwirtschaft angekommen. Um international kokurrenzfähig zu bleiben und den Technikfortschritt optimal nützen zu können, braucht es gutes Personal.

Zu diesem Zweck soll eine Fachhochschule geschaffen werden – das wurde im Regierungsabkommen 2013 festgeschrieben. Wo diese entstehen soll, ist aber noch unklar und aktuell Zankapfel zwischen den beiden ÖVP-geführten Bundesländern Oberösterreich und Niederösterreich. Beide nehmen für sich in Anspruch, das Agrarbundesland Nummer eins zu sein und wollen die neue Fachhochschule darum bei sich sehen.

Fertiger Studienplan

Oberösterreich will sie in St. Florian bei Linz ansiedeln. Niederösterreich schlägt nun Wieselburg als Standort vor und hat einen fertigen Studienplan in der Lade.

Der Bachelor-Studiengang Agrartechnologie soll eine Kooperation der FH Wiener Neustadt und der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt Francisco Josephinum für Landwirtschaft, Lebensmittel- und Biotechnologie in Wieselburg sein. „Wir haben an diesem Standort bereits Forschung und Wissen, das Personal und die räumlichen Möglichkeiten“, sagt Stephan Pernkopf, Niederösterreichs Landesrat für Landwirtschaft und selbst Absolvent des Francisco Josephinum. Der Studiengang soll drei Jahre dauern, 180 ECTS-Punkte umfassen und aus drei Modulen bestehen: einem Grundmodul in Landwirtschaft plus Praxis, einem Naturwissenschaftsteil und einem Informatikblock. Spezialisierungen sind in den Bereichen Bioenergie und Sonderkultur möglich. Jeder Jahrgang soll 30 Studenten haben, die mit Bachelor of Science abschließen. „Wir haben alles, könnten eigentlich sofort starten. Es fehlt nur noch die Ausschreibung – die am besten noch jetzt erfolgen sollte, solange wir diese Bundesregierung noch haben“, sagt Pernkopf.

Reguläre Ausschreibungen sind für 2019 geplant. Unter dem Titel „Zukunft Hochschule“ will das Wissenschaftsministerium Aufgaben zwischen Universität und Fachhochschule neu abgleichen. Der Anteil an FH-Studierenden soll steigen, um die Durchlässigkeit zwischen universitärer, wissenschaftlicher und praxisorientierter Ausbildung zu forcieren. Auch das Studienangebot betreffend Pflanzenbau und Viehzucht soll neu justiert werden. Als Konkurrenz zur Universität sieht man die geplante FH nicht, sondern als Ergänzung. „Wir liefern die Praxis, die auf der Uni einfach zu kurz kommt, danach könnte man aber auf der Uni einen Masterstudiengang dranhängen“, sagt Pernkopf. Niederösterreich sucht nun für die FH Unterstützer in der Politik und Wirtschaft – einige prominente Namen finden sich bereits auf der Liste, darunter Runtastic-Gründer Florian Gschwandtner oder der ehemalige Finanzminister Josef Pröll.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.11.2016)

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