„Kursanbieter“: Kontroverse um private Med-Unis

(c) Die Presse (Eva Rauer)
  • Drucken

Die Privat-Unis gehen gegenüber dem Wissenschaftsrat in die Offensive. Der stellt eine baldige Debatte über den Begriff Universität in den Raum.

Wien. Es sind starke Worte, die der Wissenschaftsrat in seinem jüngsten Papier für die neueren privaten Medizinuniversitäten in Österreich findet: Von „forschungsfreien Ausbildungsstätten“ ist da die Rede, die erstaunlicherweise trotz „nationaler und internationaler Proteste“ als Universitäten akkreditiert wurden und dabei doch eher als „Kursanbieter“ zu titulieren seien.

Die Trias von Forschung, Lehre und Krankenversorgung werde von privaten Neugründungen im medizinischen Bereich aufgekündigt, heißt es in der Stellungnahme zur klinischen Forschung in Österreich. Und es gebe „dringenden Handlungsbedarf“, wenn die österreichische Universitätsmedizin nicht in den Ruf geraten wolle, internationale Qualitätsstandards zu verletzen und damit den Wissenschaftsstandort nachhaltig zu schädigen.

„Pauschale Behauptungen“

Die Wortwahl dürfte manchen bekannt vorkommen. Vor dem Hintergrund neuer Pläne für weitere private Medizin-Unis – konkret plant etwa das Land Tirol eine solche – hatte Rektor Markus Müller von der Medizin-Uni Wien Ähnliches kritisiert. Die Latte für die Akkreditierung medizinischer Privat-Unis in Österreich sei „so niedrig, dass es international nicht salonfähig ist“, sagte er vor wenigen Monaten. Es bestehe die Gefahr, dass die Medizin „entakademisiert und auf Berufsschulniveau degradiert“ werde.

(C) DiePresse

In Reaktion auf das Papier des Wissenschaftsrats geht die private Karl-Landsteiner-Uni in Krems – an der die Med-Uni Wien interessanterweise selbst beteiligt ist – nun in die Offensive. Die seit drei Jahren akkreditierte Universität wird zwar nicht namentlich genannt, sei aber neben der Sigmund-Freud-Universität wohl gemeint, schreibt Rektor Rudolf Mallinger in einem Brief an den Wissenschaftsratsvorsitzenden Antonio Loprieno. Die „pauschale Behauptung“, dass die Untrennbarkeit von Lehre und Forschung verletzt werde, treffe auf die Landsteiner-Uni jedenfalls nicht zu.

Von Beginn an habe man in Krems am Aufbau der (klinischen) Forschung gearbeitet, argumentiert der Rektor in dem Schreiben, das der „Presse“ vorliegt. Es sei evident, dass junge, im Aufbau befindliche Universitäten nicht mit schon länger etablierten Institutionen verglichen werden könnten. Die bis dato erzielten Fortschritte seien aber erkennbar und herzeigbar, schreibt Mallinger. Es sei gelungen, die Forschung innerhalb der drei beteiligten Krankenanstalten sukzessive zu verankern. Und Ratschef Loprieno sei „gern eingeladen, sich vor Ort ein differenziertes Bild zu machen“ und die Sache „nicht zuletzt im Interesse der Wahrung des guten Rufs unserer Universität“ klarzustellen.

Wann ist man Universität?

Die Formulierung in dem Bericht klinge wohl etwas härter als eigentlich gemeint, sagt Loprieno im Gespräch mit der „Presse“. Und bleibt dennoch hart: „Wenn der Wissenschaftsrat sagt, sie betreiben keine Forschung, dann ist eigentlich gemeint: keine rankingrelevante Forschung. Das ist in dem Sinn kein Problem, dass diese privaten Unis nicht als Forschungsanstalten konzipiert worden sind, sondern als Teil eines akademischen Marktes.“ Insofern stelle man die Privat-Unis und die Qualität der Medizinausbildung dort nicht infrage. Aber: Sie würden eben noch keine international relevante Forschung betreiben.

Was den Privat-Unis aber auch nicht gefallen dürfte: Loprieno kündigt „eine gemeinsame Reflexion über den Gebrauch des Wortes Universität in unserem akademischen System“ an. Verkürzt gesagt heißt das: Die Frage, wann sich eine Institution Universität nennen darf und wann nicht, steht – Stichwort „Kursanbieter“ – im Raum. Beantwortet sei sie durch den aktuellen Bericht nicht, sagt Loprieno. In einigen Wochen wird der Wissenschaftsrat aber ein eigenes Papier zu den Privat-Unis herausgeben. Das zu neuen Kontroversen führen könnte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.