Qualitätsproblem? Viele externe Lehrende an den FH

Studierende an der FH
Studierende an der FH(c) Clemens Fabry
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85 Prozent unterrichten nicht hauptberuflich an den Fachhochschulen. Für die Grünen ist das ein Problem. Die FH sehen Lehrende von außen als Erfolgsfaktor.

Wien. Sind viele externe Lehrende an den Fachhochschulen ein Qualitätsproblem – oder sind sie ein Erfolgsfaktor? 15 Prozent der Lehrenden in den Hörsälen, Labors und Klassenräumen der Fachhochschulen unterrichten hauptberuflich – 85 Prozent von ihnen tun das nebenbei. 2030 hauptberuflichen FH-Lehrenden stehen konkret 12.645 nebenberufliche gegenüber. Diese übernehmen insgesamt 60 Prozent der Lehrstunden, an fast der Hälfte der FH sogar zwei Drittel.

Das sei zu viel, kritisiert die grüne Wissenschaftssprecherin, Sigrid Maurer, die diese Zahlen per parlamentarischer Anfrage ans Wissenschaftsressort bekommen hat. Sie bezieht sich auf eine Empfehlung des deutschen Wissenschaftsrats für die dortigen Fachhochschulen: 80 Prozent des Lehrangebots sollen demnach durch hauptberufliches Personal abgedeckt werden. In Österreich hat den höchsten Anteil an interner Lehre die Fachhochschule Kärnten mit 58 Prozent.

Zum Vergleich: An den Universitäten, für die Maurer im Vorjahr eine ähnliche Anfrage gestellt hat, werden im Schnitt 75 Prozent der Lehre vom Stammpersonal abgedeckt, externe Lektoren tragen ein Viertel der Lehre. An einzelnen Universitäten sind es bis zu 40 Prozent. Unter den Fachhochschulen hat die FH des BFI Wien mit 87 Prozent den größten Anteil an Externen. „Es ist sinnvoll und erwünscht, Praktiker in die Fachhochschulen hineinzuholen“, sagt Maurer. „Aber der Anteil ist zu hoch.“ Und die Externen seien nicht alle „Topmanager“, die aus ihrer Praxis erzählen. Dass die Nebenberufler großteils befristet, per Werkvertrag oder mit freiem Dienstverhältnis beschäftigt und durchschnittlich nur drei Stunden pro Woche an der FH seien, habe auch Auswirkungen auf die Qualität. „Eine seriöse Hochschule muss Interesse haben, sich aus sich heraus gut weiterzuentwickeln. Das ist mit einem so geringen Stammpersonalanteil nicht möglich.“

Die Realität des Berufsfelds

Helmut Holzinger, Präsident der Fachhochschulkonferenz und Geschäftsführer der Fachhochschule des BFI Wien, jener mit dem höchsten Anteil an externer Lehre, widerspricht. Für seine eigene Fachhochschule sei dieser Anteil an externer Lehre adäquat. „Umso mehr, als wir viele nebenberuflich Lehrende haben, die seit vielen Jahren für uns aktiv sind. Sie sind dann auch stark eingebunden, wenn es um die Weiterentwicklung von Curricula geht.“

Für alle Fachhochschulen sagt der FHK-Präsident: Die richtige Relation zwischen interner und externer Lehre hänge an den Fachhochschulen vom konkreten Studienangebot ab. „Dass es einen hohen Anteil nebenberuflicher Lehrender an den FH geben muss, ergibt sich aus der Aufgabenstellung.“ Man werde die Realität eines Berufsfelds nur durch Menschen aus dem Berufsfeld in die Lehre bringen können. „Lehrende von außen sind ein wesentlicher Erfolgsfaktor der Fachhochschulen“, sagt Holzinger. Das Verhältnis zwischen internen und externen Lehrenden sei kein Qualitätsindikator.

Kaum habilitierte Lehrende

Die Qualifizierung an sich kritisiert die grüne Wissenschaftssprecherin Maurer ebenfalls: Nur vier Prozent des hauptberuflichen Personals an den FH seien habilitiert, 38 Prozent promoviert. Mehr als die Hälfte der Lehrenden habe einen niedrigeren Abschluss als ein Doktorat. „Ziel muss sein, dass ein höherer Anteil promoviert hat“, sagt Maurer. FH-Konferenz-Chef Holzinger kontert: Das sei natürlich auch ein Indikator, aber sicher nicht der einzige. Immer werde gefordert, dass man weg von Formalqualifikationen und hin zu Realqualifikationen müsse. „Auf diese kommt es an.“

Maurer sieht die wenigen Promovierten allerdings auch als ein Argument gegen eine wiederholte Forderung der FH: Sie wollen nach entsprechenden Akkreditierungen Doktorate anbieten. „Diese Zahlen zeigen ein bisschen, warum ihnen das verwehrt wird.“

AUF EINEN BLICK

Ein Großteil der Lehre an den Fachhochschulen wird von nebenberuflichen Lehrenden getragen. Das zeigt eine parlamentarische Anfragebeantwortung, die 20 der 21 Fachhochschulen – alle außer der Militärakademie – beantwortet haben. Die Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2015/16. Damals unterrichteten 2030 Fixangestellte und 12.645 Nebenberufler 48.100 Studierende an den Fachhochschulen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.07.2017)

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