Der größte Hörsaal Österreichs soll bald für Vorlesungen freigegeben werden. Am Mittwoch soll über die genauen Bedingungen abgestimmt werden. An den meisten anderen Unis ist es schon früher zur Annäherung zwischen Uni-Leitung und Studenten gekommen.
Wien. Es ist ein Kompromiss, der noch vor wenigen Tagen undenkbar erschien: „Wir sind keine Teilzeitbesetzer!“, haben die Studenten, die seit 56 Tagen das Audimax der Uni Wien blockieren, unlängst Rektor Georg Winckler entgegengeschrien. Am Dienstag haben sie (auch wenn den Begriff keiner der Protestierenden in den Mund nehmen wollte) schließlich dennoch genau das angeboten: eine Teilzeitbesetzung.
Das Audimax soll schon bald für den Lehrbetrieb freigegeben werden, sagte ein Sprecher der Besetzer zur „Presse“. Alle Lehrveranstaltungen sollen dann wieder „in den dafür vorgesehenen“ Räumlichkeiten stattfinden können. Die restliche Zeit, und darauf lege man Wert, bleibe die Besetzung jedoch aufrecht. Und: Stattfinden könne all das „nur nach unseren Konditionen“, wie die Besetzer sagen.
Rektor Winckler müsse im Gegenzug einige Forderungen erfüllen, die heute, Mittwoch, im Plenum abgestimmt werden. So wünschen sich die Besetzer etwa, dass einer von ihnen in jeder Vorlesung ein zehnminütiges Statement an die Studenten richten darf – anschließende Diskussion über die Besetzung inklusive. Winckler reagierte am Dienstag zurückhaltend auf das Angebot. Es sei „ein halber Schritt“ in die richtige Richtung.
Anfang vom Ende des Aufstands
Für die Besetzer selbst ist die Freigabe des Audimax, das in den vergangenen Wochen zum Sinnbild des Protests wurde, mehr als nur ein „halber Schritt“. Die Teilzeitlösung dürfte vielmehr den Anfang vom Ende der Aufstände markieren. Denn ganz freiwillig ist der Rückzug aus dem Hörsaal nicht. Sie scheint ein Tribut an das Mobilisierungsproblem zu sein, das die Studenten auch in ihren Online-Sitzungsprotokollen ansprechen: „Wir brauchen Leute hier. Die Menschen hier sind überarbeitet und brauchen Hilfe“, heißt es in der Mitschrift des montäglichen Plenums. So habe man sich am Freitag im Audimax nicht einmal gegen eine „Störaktion“ von „50 Weihnachtsmännern“ wehren können, bei der sich jemand ausgezogen und auf dem Tisch Boogie getanzt habe.
Arbeitsforen tagen bis 2010
Langfristige Lösungen zur Uni-Misere lassen unterdessen noch auf sich warten: Die Arbeitsforen, die beim „Hochschuldialog“ des Wissenschaftsministers ins Leben gerufen wurden, sollen erst Mitte des nächsten Jahres ihre Abschlussberichte präsentieren. Die zusätzlichen 34 Millionen Euro, die Minister Johannes Hahn (ÖVP) den Unis als Reaktion auf die Proteste zugesichert hat, werden ebenfalls noch nicht verteilt. Die Unis sind derzeit damit beschäftigt, gemeinsam mit der Hochschülerschaft konkrete Projektanträge zu erarbeiten. Die Einreichfrist endet am 15. Jänner.
AUF EINEN BLICK
■Chance auf Weihnachtsfrieden.Die Besetzer im Wiener Audimax haben angekündigt, den Hörsaal für den Lehrbetrieb freizugeben. Am Mittwoch soll über die genauen Bedingungen abgestimmt werden. An den meisten anderen Unis ist es schon früher zur Annäherung zwischen Uni-Leitung und Studenten gekommen. Langfristige Lösungen für die Uni-Probleme sind aber nicht in Sicht.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.12.2009)