Zwei Fächer nicht mehr zeitgemäß

Inmitten von Leistungsdruck und strikten Studienplänen bleibt kaum Platz für Doppelstudien.
Inmitten von Leistungsdruck und strikten Studienplänen bleibt kaum Platz für Doppelstudien.(c) imago/Westend61 (Tom Chance)
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Doppelstudien. Früher gang und gäbe, sinkt die Zahl derer, die zwei oder mehrere Fächer an den Universitäten belegen, stetig. Gründe dafür: Bologna und die Verschulung der Unis.

Einst war es – zumindest in den Sozial- und Geisteswissenschaften – sogar Pflicht, ein Haupt- und ein Nebenfach zu kombinieren. Abgeschlossen wurde das Studium mit einer Diplomarbeit. Seit 2001 ist diese Art der Fächerkombination passé. Belegt wird nun jeweils ein Fach. Was es noch gibt, sind die auch damals möglichen Doppelstudien als zwei vollständige Studien, heute mit zwei Bachelor-, gegebenenfalls auch zwei Masterarbeiten. Doch diese werden immer seltener in Angriff genommen. „Wer heute ein Doppelstudium absolviert, ist fast schon ein ,Überflieger‘“, sagt Franz Oberlehner, Leiter der Psychologischen Beratungsstelle für Studierende in Wien. „Durch das Bologna-System ist der Universitätsbetrieb verschulter geworden, auch wegen der Anwesenheitspflicht.“ Am ehesten sind es Geisteswissenschaftler, die Fächer kombinieren, oder Master-Studierende an den Universitäten. Die Studienkommission sei da kulanter beim Anrechnen von komplementären Fächern.

Laut des Instituts für Höhere Studien (IHS) hat im Wintersemester 2016/2017 jeder Fünfte zwei Fächer inskribiert. Doch bei diesen Zahlen sei Vorsicht geboten, sagt Bianca Thaler, Mitglied der Hochschulforschungsgruppe am IHS: „Wenn Studierende das Fach wechseln, kann es sein, dass sie sich vom Erstfach nicht abmelden.“ In einer Studie zur Drop-out-Quote an österreichischen Hochschulen fand man 2014 zudem heraus, dass die Mehrfachinskriptionen nicht überall gleich verbreitet waren. An der Uni Graz war ihre Zahl am höchsten, gefolgt von der Uni Wien und der WU Wien. Am wenigsten kombinierfreudig waren die Medizin- und Veterinärmedizin-Studierenden.

Verschulung und Leistungsdruck

„Wir sehen mehrere Gründe dafür, dass Studierende nur noch ein Studium belegen. Der Druck, das Studium möglichst schnell zu beenden, ist heute sehr hoch. Gerade mit der Einführung des Bologna-Systems wurden viele Studien verschult und Studierende in der Auswahl ihrer Lehrveranstaltungen nochmals eingeschränkt“, sagt Marita Gasteiger vom Vorsitzteam der Österreichischen Hochschülerschaft. Dazu komme oft der Zwang, neben dem Studium einer Arbeit nachgehen zu müssen. Plus: Die komplizierten und laut Gasteiger unfairen Aufnahmeverfahren seien eine zusätzliche Hürde. Laut ÖH ist es bei der Betrachtung der Zahlen wichtig zu eruieren, ob Studierende mehrere Studien belegen, obwohl sie vorhaben, nur eines abzuschließen. Dafür könne es unterschiedliche Gründe geben, beispielsweise ein Zweitfach als Plan B, falls Aufnahmeverfahren nicht bestanden werden, oder Unsicherheit in der Orientierungsphase.

Laut Wissenschaftsministerium ist die häufigste Kombination bei den Erstabschlussstudien die von Rechtswissenschaftlichen und Sozialwissenschaftlichen Studien. Die Beweggründe für ein Parallel-/Mehrfachinskribieren seien mannigfaltig – neben individuellen Motivationen oder interdisziplinären Interessen legt die Hochschulstatistik auch nahe, dass es aufgrund von „Anrechnungspraktiken“ zu Mehrfachinskriptionen einzelner Studien derselben Studienrichtung kommen kann. „Wichtig ist jedoch, eine bewusste Studienwahl zu forcieren, durch verstärkte Beratungsangebote, auch durch faire Zugangsregelungen. Ein gutes Zugangsmanagement fördert die bewusste Studienwahl und senkt die Abbruchraten signifikant“, sagt Vera Pürerfellner, Pressesprecherin von Bundesminister Mahrer.

Zweifachabschluss an der FH Salzburg

Dass man an einer FH ein Doppelstudium absolvieren kann, wird aufgrund der Strukturen und des straffen Studienplanes meist gar nicht in Erwägung gezogen. Und doch gibt es so etwas – an der FH Salzburg. Hier kann man die Fächer MultiMediaArt und MultiMediaTechnology gleichzeitig studieren. „Beide Studiengänge sind komplementär verschränkt. Das bedeutet gemeinsame Lehrveranstaltungen und eine Bachelorarbeit, die beiden Bereichen gerecht wird“, erläutert Hilmar Linder, Studiengangsleiter für MultiMediaTechnology. Seit der Einführung 2008 haben sechs Studierende diese Variante gewählt, vier haben sie abschlossen.

Web:www.studentenberatung.at, www.oeh.ac.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2017)

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