Die anonyme Revolte der Audimax-Besetzer

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Herausragende Köpfe gab es – bewusst – nicht. Das war letztlich auch das Problem.

Wien. „Möglichst keine echten Namen verwenden (Entpersonalisierung)“ – das war eine der Vorgaben für die Auswahl jener drei Audimax-Studenten, die zu Johannes Hahns Hochschulgipfel entsandt wurden. „Die Drei“ trugen dann nicht nur Sonnenbrillen, sondern auch T-Shirts mit der Aufschrift „Eine von vielen“/„Einer von vielen“.

Die Audimax-Besetzung war ein anonyme Revolte. Einen Rudi Dutschke des Audimaxismus gab es nicht. „Star“-Attitüden wurden bewusst vermieden. Das Kollektiv zählte, die Schaffung eines „Promi“-Status für Einzelne war nicht erwünscht. Auch die Ansprechpartner für die Medien wechselten ständig. Es gab ein Bereitschaftshandy, das täglich von einem zum anderen weitergegeben wurde.

Nur Julia wurde zum Semipromi

Auch in die Diskussionsrunden in Print, Funk und Fernsehen wurden nach dem Rotationsprinzip immer andere Studenten geschickt. Nur eine von ihnen brachte es mit einem zweimaligen Auftritt im ORF, einmal im „Club 2“, einmal in „Kreuz & quer“, zu einem etwas höheren Bekanntheitsgrad: Julia aus Wien, Nachname unbekannt, die nach eigenem Bekunden bereits ein Jusstudium absolviert hat und nun an der Uni Wien Publizistik studiert.

Sonst konnte allerdings keiner der Proteststudenten aus der anonymen Masse hervortreten. Außer der ÖH-Vorsitzenden Sigrid Maurer, doch diese war – obwohl beliebte Gesprächspartnerin für die Medien – nur am Rande in die Bewegung, die grundsätzlich an der Österreichischen Hochschülerschaft vorbeilief, integriert.

Ständiger Moderatorenwechsel

Auch die Leitung des „Plenums“, des Diskussionsforums im Audimax selbst, wechselte ständig. Es wurde lediglich auf ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis geachtet. Mit einem bestimmten Gesicht (oder mehreren) war die Studentenrevolte 2009 nicht verbunden. Und das war auch so beabsichtigt.

Aber das war letztlich auch das Problem: Das den Protesten an sich durchaus aufgeschlossene Rektorat der Universität Wien wusste sich am Schluss nicht mehr anders zu helfen, als doch die Polizei ins Haus zu bitten. Dem Rektor fehlte der direkte Ansprechpartner auf Studentenseite. Es gab derer zu viele – mit zu vielen unterschiedlichen Standpunkten. Und keiner war wirklich dazu berufen und befugt, für dieAudimaxisten zu sprechen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2009)

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