Gefälschte Tests? Anzeigen gegen Grazer FH

(c) Michaela Bruckberger
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Der Leiter des Studiengangs Journalismus an der FH Joanneum wird der Urkundenfälschung verdächtigt. Die FH vermutet eine "Intrige", über die Vorwürfe gegen den Studiengangsleiter ist der Rektor entsetzt.

Graz/Wien.Bereits am 9.Dezember des Vorjahres ging im Wissenschaftsministerium ein Konvolut von mehr als 100 Seiten eines Grazer Anwalts ein, bei dem sofort die Alarmglocken hätten schrillen müssen. Die Vorwürfe, die in dem Schreiben (das der „Presse“ vorliegt) erhoben werden: Urkundenfälschung, die Beeinträchtigung der Chancengleichheit und – deutlich erkennbar – Bestechung. Über Jahre hinweg an der FH Joanneum Graz, einer der größten Bildungseinrichtungen des Landes mit einem Jahresetat von zirka 20 Mio. Euro.

Seit 2002 bewerben sich jedes Jahr bis zu 200 Anwärter für nur 25 Studienplätze am FH-Studiengang für „Journalismus und Public Relations“. Sie alle müssen ein mehrgliedriges Aufnahmeverfahren mit Intelligenztest und Bewerbungsgespräch absolvieren, das Spitzenqualität sichern sollte. Allein: Die vorgeschriebenen Kriterien seien nicht entscheidend gewesen, als mehr als 1000 Bewerber zwischen 2002 und 2009 abgelehnt wurden. So lautet der Vorwurf, den Lehrende erheben.

Ihre Anschuldigungen richten sich gegen den Studiengangsleiter Heinz M. Fischer, der mittlerweile auch bei der Staatsanwaltschaft angezeigt wurde: Bei der Aufnahmeprüfung habe er die Originale der Auswertungsbögen durch verbesserte ersetzt, schlechte Punktestände gestrichen oder bessere eintragen lassen, heißt es. Selbst im Studium seien notfalls (zuvor festgelegte) Prüfungsbedingungen im Nachhinein herabgesetzt worden. Wohl um nicht ganz so begabten, aber finanzkräftigen Studenten über die Hürden zu helfen.

Am 23.April 2009 reichten vier Studiengangsmitarbeiter eine erste Beschwerde bei der Personalabteilung der FH Joanneum ein, in der sie zahlreiche Verfehlungen des Studiengangsleiters zu Protokoll gaben und mit einem zentimeterdicken Papierstapel belegten. Zunächst herrschte Ruhe vor dem Sturm. Die Personalabteilung gab den Fall an die Geschäftsführung weiter – die nichts unternahm. Am 30.Oktober schließlich führte die „Interne Revision“ des Joanneums eine Beschlagnahme durch, um zu verhindern, dass gefälschte Dokumente in den Reißwolf wanderten. So zahlreich waren die dabei vorgefundenen Hinweise, dass nur fünf Tage später die Mitarbeiter des Studiengangs ein Schreiben der Internen Revision in ihren Postfächern fanden. Eine der Kernfragen: Ob sie von Fälschungen der Auswertungsbögen für den Studienzugang durch den Studiengangsleiter gewusst hätten?

Mobbing und Kündigungen?

Fischer wird nun vorgeworfen, den Druck auf seine internen Gegner erhöht zu haben: Er arbeite mit Mobbing und Kündigung, heißt es. Die Politik jedenfalls schweigt. Ein möglicher Skandal käme – ausgerechnet vor der steirischen Landtagswahl im Herbst – ungelegen. Möglicherweise liegt es daran, dass auch Politiker von den Praktiken profitiert haben sollen. Insbesondere die SPÖ habe über Fischer von Studenten und Mitarbeitern allerlei Material erstellen lassen, das auf dem freien Markt wesentlich mehr gekostet hätte, heißt es.

Seit Winter liegt die Causa FH Joanneum nun auch in der zuständigen Abteilung des Ministeriums. Man habe gehandelt und den Fall an den Fachhochschul-Rat, der für die Qualitätssicherung an den FH zuständig ist, weitergeleitet, heißt es aus dem Ministerium. Studiengangsleiter Heinz Fischer weist im Gespräch mit der „Presse“ alle Vorwürfe zurück: Er habe – anders als ihm in der Anzeige vorgeworfen wird – noch nie eine Aufnahmeprüfung verfälscht. „Es gibt jedes Jahr eine hohe Anzahl an Interventionen aus der Wirtschaft und der Politik, bestimmte Bewerber nach Möglichkeit wohlwollend zu behandeln“, sagt Fischer. Dem sei „aber natürlich nie entsprochen worden“. Die Rankings der besten Bewerber würden von einer Kommission erstellt, er würde diese nur „exekutieren“, so Fischer.

Auch den Vorwurf, in einem Fall konkret in die Notengebung eingegriffen zu haben, kann Fischer entkräften. Er habe die Abschlussarbeiten lediglich einer „unverbindlichen Zweitbegutachtung unterzogen“ – und das nicht selbsttätig, sondern auf Anfrage des zuständigen Lehrveranstaltungsleiters.

Der Rektor der FH, Peter Pfeiffer, räumt im „Presse“-Gespräch ein, dass die Aufnahmeverfahren der vergangenen Jahre „nicht optimal gelaufen“ seien. „Es gab subjektive Aufnahmegespräche, bei denen wir Mängel festgestellt haben.“ Die interne Revision sei jedoch längst abgeschlossen, auch eine Meldung an den FH-Rat habe es gegeben. „Seit 2009 sind alle Mängel behoben“, sagt Pfeiffer. Man habe das Aufnahmeverfahren optimiert, bestätigt auch Fischer.

Über die Vorwürfe gegen den Studiengangsleiter ist der Rektor entsetzt: Es handle sich um „Intrigen“ und einen Rachefeldzug eines wegen schlechter Evaluierungen gekündigten Lehrenden, mit dem die FH im Rechtsstreit stehe. „Es läuft ein arbeitsrechtliches Verfahren. Und nun versucht er, unseren Studiengang schlechtzumachen.“

AUF EINEN BLICK

Die FH Joanneum hat Standorte in Graz, Kapfenberg und Bad Gleichenberg. Beim Grazer Studiengang „Journalismus und Public Relations“ soll, so der Vorwurf, seit Jahren finanzkräftigen Bewerbern unrechtmäßig durch gefälschte Tests und verbesserte Noten über die Hürden geholfen worden sein. Studiengangsleiter Heinz Fischer bestätigt Interventionsversuche vonseiten der Politik und der Wirtschaft. Er habe diesen jedoch „natürlich nie entsprochen“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.04.2010)

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