ÖH-Chefin: „Gehe gerne auf Demonstrationen“

„Wir wollen größer und breiter auftreten“, sagt ÖH-Chefin Adrijana Novakovic.
„Wir wollen größer und breiter auftreten“, sagt ÖH-Chefin Adrijana Novakovic.(c) Caio Kauffmann
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Adrijana Novakovic steht an der Spitze der Hochschülerschaft. Die Grüne will das Essen an der Mensa analysieren und Praktika im Studium anrechnen. Bei Streiks ist sie zögerlich.

Die Presse: Die Studierenden wählten die ÖVP-nahe Aktionsgemeinschaft stets zur stimmenstärksten Fraktion. Dennoch wird die AG bei der Koalitionsbildung seit nunmehr zehn Jahren nicht berücksichtigt. Sie stehen nun neuerlich einer linken Exekutive aus Gras, VSStÖ und Fachschaftslisten vor. Ist das fair?

Adrijana Novakovic: Ob es fair ist oder nicht – die Studierenden haben mehrheitlich eine linke Hochschülerschaft gewählt. Man sieht, dass diese Politik viel ansprechender für die Studierenden ist, als die der Aktionsgemeinschaft.


Natürlich ist es legitim, eine Koalition abseits der stimmenstärksten Fraktion zu bilden. Es überrascht aber schon, dass die linke Koalition bereits am Wahlabend – noch vor den Verhandlungen – paktiert schien.

Für die grünen Studierenden der Gras, die ich vertrete, gab es nach der Wahl viele verschiedene Optionen. Wir haben mit fast allen verhandelt. Unsere Basis hat sich aber entschieden, dass es wieder eine linke Koalition geben soll.


Wird die neue Koalition etwas anders machen als die bisherige?

Ja. Es ist uns besonders wichtig, dass wir Ökologie und Nachhaltigkeit in die Hochschulen bringen. Hier, beim Klimaschutz, wird unser Schwerpunkt liegen.


Was heißt das konkret? Was soll sich ändern?

Die Studierenden sollen ihre Zukunft selbst mitgestalten zu können. Dafür soll die Klimakrise nicht nur in der Forschung sondern auch in der Lehre stärker thematisiert werden. Zugleich sollen die Hochschulen selbst mehr Verantwortung übernehmen. Sie sollen CO2-neutral werden und Plastik reduzieren.


Was werden die Studenten zum Klimaschutz beitragen?

Einer unserer Schwerpunkte als Hochschülerschaft wird sein, dass wir das Mensa-Angebot analysieren. Wir wollen schauen, wo die Lebensmittel herkommen – insbesondere das Fleisch. Das soll transparenter werden.


Ist das ein Aufruf an die Studenten weniger Fleisch zu essen?

Wir wollen nichts verbieten. Es soll ein größeres Angebot geben, damit die Studierenden eine bewusste Entscheidung treffen können. Es soll in der Mensa also auch ein veganes und ein vegetarisches Angebot geben.


Die Schüler streiken jeden Freitag für das Klima. Haben die Studenten das auch vor zu tun?

Wir haben uns schon bisher mit der Friday for Future-Initiative solidarisiert. Es ist wichtig, dass wir uns noch mehr daran beteiligen.


Soll der Freitag also auch an den Unis zum Streiktag werden?

Wenn es von den Studierenden gewünscht ist, werden wir uns dafür einsetzen, dass ihre Interessen gehört werden.


Wo drückt die Studenten derzeit eigentlich besonders der Schuh?

Wir halten es für wichtig, dass sich die Studierenden in ihrem Studium entfalten können, sie sollen nicht nur an das eigene Studium gebunden sein. Es soll ein breiteres Angebot in den Erweiterungscurricula geben.


Es sollen also mehr Freifächer angerechnet werden?

Ja, genau. Außerdem wollen wir, dass auch Praktika und Arbeiten in Vereinen, also Tätigkeiten, die außerhalb der Hochschule übernommen werden, angerechnet werden. Es soll dafür ECTS-Punkte geben. Immerhin werden in vielen Studien – vor allem an den Fachhochschulen – Praktika vorgeschrieben.


Die Hochschülerschaft ist in der Öffentlichkeit in den vergangenen Jahren nicht sehr oft in Erscheinung getreten. Wollen Sie in den kommenden zwei Jahren lauter sein?

Die ÖH soll definitiv lauter werden. Wir wollen größer und breiter auftreten. Dazu werden wir auch eine Get-active-Kampagne starten. So soll die ÖH auch in Fachhochschulen, Pädagogischen Hochschulen und Privatuniversitäten sichtbarer werden.


Wieso hat man von der Vorgänger-Exekutive so wenig gehört? Immerhin wurden weitere Zugangsbeschränkungen eingeführt.

Natürlich kann man manches an den Vorgängern kritisieren. Aber wir konzentrieren uns lieber auf die Zukunft.


Was kann man denn kritisieren?

Ich meinte: Es gibt immer etwas, das man besser machen kann. Unsere Vorgänger haben ihr Bestes gegeben. Aber die ÖH-Spitze hatte mit der türkis-blauen Regierung einen übermächtigen Gegner.


Im Herbst werden erstmals die neuen Zugangsbeschränkungen schlagend. Sie gelten unter anderem für Jus und Fremdsprachen. Wird man sich angesichts dessen auf Demonstrationen der Studenten einstellen müssen?

Es wird sicherlich Widerstand geben. Denn für uns ist es wichtig, dass es keine weiteren Beschränkungen gibt.


Wie wird der Widerstand aussehen?

Wir werden uns mit dem Ministerium treffen und unseren Unmut kundtun. Und wenn es sein muss, gehen wir auch auf die Straßen.


Wann muss es denn sein?

Wenn man für die eignen Rechte auf die Straße gehen möchte, werde ich das nicht verwehren, dann werden wir als ÖH die Studierenden unterstützen.


Die ÖH selbst wird also nicht protestieren?

Ich gehe gerne auf Demonstrationen.

Zur Person

Adrijana Novakovic ist die neue Vorsitzende der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH). Die 23-jährige Geschichte- und Kunstgeschichtestudentin vertritt die Grünen Studenten (Gras) und tritt das Amt am 1. Juli an. Dann beginnt die Legislaturperiode. An der Spitze der ÖH steht neuerlich eine linke Dreierkoalition aus Gras, VSStÖ und den Fachschaftslisten. Nach der Hälfte der zweijährigen Amtsperiode übernimmt dann Dora Jandl (VSStÖ).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2019)

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