FH-Rektor: "Absolventenfinanzierung wäre interessant"

FHRektor Absolventenfinanzierung waere interessant
FHRektor Absolventenfinanzierung waere interessant(c) FH Joanneum
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Der Rektor der FH-Joanneum, Karl Peter Pfeiffer, spricht über fehlende Bewerber für die FH und wünscht sich neben "Dr. House" einen "Dr. Technik".

DiePresse.com: Der Ausbau der FH-Studienplätze dürfte angesichts des Sparpakets ins Stocken geraten. Wird das zum Problem oder ist der Markt schon gesättigt?
Karl Peter Pfeiffer: Der Markt für FH-Absolventen ist noch sehr offen und wäre sicherlich weiter ausbaufähig. Wir haben eine hohe Nachfrage im technischen Bereich. Würden wir noch hundert technische Studienplätze haben, wir hätten kein Problem, die Absolventen unterzubringen. Ein weiterer Ausbau der sogenannten MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik, Anm.) wäre auch im FH-Bereich sehr wünschenswert.

Gerade die technischen Studien klagen aber oft über wenig Zulauf. Hat man dort so wenig Bewerber, dass man jeden nehmen muss?
Pfeiffer: Leider haben wir viel zu wenige Bewerber und vor allem zu wenige Bewerberinnen. Die Emanzipation im Bildungsbereich hat noch nicht ganz stattgefunden. Wir sind in den technischen Fächern nurleicht überbucht aber wir würden uns wesentlich mehr BewerberInnen wünschen, um wirklich auch die besten auszuwählen. Wir müssen die Zahlen der Bewerber, insbesondere von Frauen noch wesentlich erhöhen. Das ist unser Kernproblem.

Wie kann man dieses Problem bewältigen?
Pfeiffer: Das ist eine der Schlüsselfragen, vor der die Fachhochschulen genauso stehen, wie eine technische Universität. Wir müssen sehr früh anfangen, die Berufsbilder besser darstellen. Die MaturantInnen wissen nicht richtig Bescheid über diese Studienrichtungen. Ein Problem sind auch die Medien, konkret zum Beispiel der ORF: Da gibt es Arztsendungen wie „Dr. House“, aber es gibt keinen „Dr. Technik“, wo die Technik als attraktiver Beruf dargestellt wird.

Im Herbst kommt das Qualitätssicherungsgesetz: Viele Ihrer Kollegen wollen weg von der Reakkreditierungspflicht, Sie nicht: Welche Vorteile hat es, die Studiengänge alle fünf Jahre überprüfen lassen zu müssen?
Pfeiffer: Man muss periodisch und systematisch nachdenken: Wie aktuell bzw. zukunftsorientiert sind die Studienpläne? Diese werden mit externen Experten entwickelt, es gibt eine Bedarfs- und Akzeptanzanalyse. Die institutionalisierte Reakkreditierung ist für mich einer der Erfolgsfaktoren der Fachhochschulstudiengänge.

Die FH Joanneum ist in den letzten Monaten wegen Manipulationsvorwürfen in den Medien gewesen. Wie kann man verhindern, dass so etwas passiert?
Pfeiffer: In dem Studiengang Journalismus und PR hat man festgestellt, dass  das alte Aufnahmeverfahren nicht optimal funktioniert hat, nicht die Qualität des Bewerbers, der Bewerberin widerspiegelt. Deshalb haben sie das Verfahren von sich aus verbessert. Seit 2009 wurden auch bei diesen Verfahren auch keine Mängel mehr festgestellt. Das ist ein Lernprozess. Es war nicht optimal, aber man hat von sich aus gelernt und nicht irgendwelche anonymen Anzeigen gebraucht. Das ist nur ein Spiel, das irgendwelche Leute treiben.

Serie: Die Zukunft der Unis

Gesprächspartner aus dem Uni-Sektor haben in der DiePresse.com-Serie ihre Visionen für die österreichischen Universitäten skizziert. Alle Gespräche zum Nachlesen.

Ein wichtiges Thema bei der Debatte um die Zukunft der Unis ist die Finanzierung: Wie kann man den Hochschulsektor aus der Misere führen, ohne immer nur mehr Geld zu verlangen?
Pfeiffer: Ich glaube, das Einsparungspotenzial, oder das Effizienssteigerungspotenzial, ist relativ gering. Man kann die Hochschulen nur mehr weiter krank sparen. Aber man kann sie nicht gesund schrumpfen.

Die FH wurden gerügt, dass sie zu wenig private Mittel einwerben. Geschieht da ihrer Meinung nach zu wenig?

Pfeiffer: Für die FH Joanneum kann ich sagen: Wir werben relativ viele Drittmittel ein – aber natürlich nur für Forschungsprojekte. Wir haben nicht das Sponsoringsystem à la USA, wo jemand einen großen Lehrgang oder Professuren finanziert. Da braucht man eine ganz andere Industriestruktur. Die Chancen, in Österreich eine Stiftungsprofessur zu bekommen, kann man an einer Hand abzählen.

Im Interview mit der „Presse“ haben Sie einmal gesagt, die Studienplatzfinanzierung solle überdacht werden: Wesentlich interessanter wäre eine Absolventenfinanzierung. Wie kann man sich das vorstellen?
Pfeiffer: Manche Studiengänge an den Universitäten haben enorm hohe Dropout-Raten. Deshalb muss man auch berücksichtigen, wie viele Absolventen mit hoher Qualität ausgebildet werden. Ich kann mir ohne weiteres vorstellen, dass man sagt, es gibt einen gewissen Anteil für die erfolgreichen Studienabschlüsse.

Also keine exklusive Finanzierung pro Absolvent, sondern eine Studienplatzfinanzierung mit einer Art Bonus pro Absolvent?
Genau, eine Mischfinanzierung. Es wäre nur eine leichte Abwandlung von der Studienplatzfinanzierung, aber vielleicht auch die Anerkennung der Zahl der Absolventen.

Könnten Sie sich so etwas auch für die Unis vorstellen?
Pfeiffer: Ja, gerade dort, wenn man dort eine Studienplatzfinanzierung andenkt .

Das könnte aber wiederum nicht funktionieren, ohne den Zugang zu regulieren, was uns zum nächsten Thema bringt: Ihr Grazer Kollege Hans Sünkel hat in der „Presse“ gesagt, er findet es peinlich, dass in Österreich jeder studieren darf, der will. Finden Sie das auch?
Pfeiffer: Peinlich finde ich das nicht. Ich finde es großartig, dass wir unseren jungen Leuten Möglichkeiten bieten, eine akademische Ausbildung zu absolvieren. Der entscheidende Punkt ist wieder die Information: Ich glaube, wir müssen den jungen Leuten sagen, welche Studien zukunftsträchtig sind und wo es Kapazitäten gibt. Ob wir bei der derzeitigen Finanzierung diese Menge von Studierenden wirklich alle aufnehmen und gut betreuen können, ist noch immer fraglich. Da brauchen wir sicher noch mehr Geld.

In Graz kooperieren verschiedene Hochschulen miteinander. Ein Vorbild für Österreich?
Pfeiffer: Ich finde, das ist eine ganz tolle Lösung. Auch wir sind am Weg und in vielen Bereichen funktioniert die Kooperation mit einzelnen Studiengängen sehr gut. Das ist sicher eine Stärke von Graz, dass wir uns annähern, akzeptieren und sagen, was können wir gemeinsam machen. Die NAWI Graz ist ein tolles Beispiel, wo die Infrastruktur optimal genutzt wird.

Wie soll der Hochschul-Sektor in zehn Jahren aussehen?
Pfeiffer: Ich wünsche mir, dass es uns gelingt, gute Leute an die Universitäten zu bekommen und zu halten. Es muss attraktiv sein, an einer Universität zu arbeiten, vom Arbeitsplatz her, von der sozialen Anerkennung bis hin auch zu den Gehältern. Das heißt, wir brauchen auch Karrieremodelle. Dass wir die enge Verbindung zwischen Forschung und Lehre noch weiter entwickeln. Auch der Transfer der Forschungsleistung der Universitäten zur lokalen bis internationalen Wirtschaft muss besser gelingen. Das ist eine Herausforderung, die ich für Europa ganz wichtig halte.

Wovon hängt die Zukunft der Hochschulen am meisten ab?
Pfeiffer: Bildung ist eine derartig entscheidende Ressource und wir leben in einer Wissensgesellschaft, wo wir sehr hoch gebildete und bestens ausgebildete Leute in vielen Bereichen brauchen. Das heißt, Investition in die Bildung ist eine Notwendigkeit. Die Bildungsausgaben müssen erhöht werden. Sonst können wir auch im internationalen Wettbewerb nicht bestehen.

Zur Person

Karl Peter Pfeiffer, Jahrgang 1953, ist seit September 2009 Rektor der FH Joanneum in Graz. Der gebürtige Steirer studierte Technische Mathematik und war vor seinem Antritt als FH-Rektor an der MedUni Innsbruck tätig.

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