Uni vor Entscheidung in Plagiatsfällen

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Im Fall Mario Schaumburg-Lippe liegt jetzt ein Gutachten vor, die Universität Innsbruck will rasch ein Urteil fällen. Der Fall von Umit-Rektorin Christa Them ist noch offen.

Wien. Nicht nur EU-Kommissar Johannes Hahn (ÖVP) musste und muss sich ein neuerliches Gutachten über seine Dissertation gefallen lassen. Auch die Doktorarbeit von Mario Schaumburg-Lippe stand nach Vorwürfen von Plagiatsjäger Stefan Weber erneut auf dem Prüfstand. Die Österreichische Agentur für wissenschaftliche Integrität (ÖAWI) hat die Arbeit Schaumburg-Lippes im Auftrag der Uni Innsbruck, der Alma Mater Schaumburg-Lippes, monatelang untersucht. Wie „Die Presse“ erfuhr, liegt nun eine – unverbindliche – Empfehlung der ÖAWI vor, die Uni Innsbruck will nächste Woche darüber debattieren und kurz darauf an die Öffentlichkeit treten. Ergebnisse – bis hin zu einer möglichen Aberkennung des Doktortitels von „Party-Prinz“ Schaumburg-Lippe – wolle man aber nicht vorwegnehmen, so eine Sprecherin.

Wenn alles mit rechten Dingen zugehe, müsste die ÖAWI zum gleichen Ergebnis gekommen sein wie er selbst schon vor Jahren, sagt dazu Stefan Weber: Seine Ergebnisse seien „eindeutig“, betonte er gegenüber der „Presse“; Schaumburg-Lippe habe 2003 in seiner Arbeit über „Die Sozialphilosophie von Joseph Kardinal Höffner“ (noch unter seinem bürgerlichen Namen Mario Wagner) großflächig aus fremden Texten abgeschrieben, ohne dies (ausreichend) zu belegen. Auf ein nun möglicherweise nachgewiesenes Plagiat müssten, so Weber, die angemessenen Konsequenzen folgen – bis hin zur Titelaberkennung. Über diese darf in Österreich nur jene Universität entscheiden, an der die fragliche Dissertation abgenommen wurde.

Weber vermutet aber, dass die Uni Innsbruck nur mäßiges Interesse an Aberkennungen habe – ein Vorwurf, den die Uni zurückweist; man gehe objektiv vor. Weber hingegen will auch einen Zusammenhang damit sehen, dass bis zum Frühjahr der nunmehrige ÖVP-Wissenschaftsminister, Karlheinz Töchterle, Rektor der Uni war: Er habe den „Verdacht der Verschleppung oder Vertuschung“, so Weber im Vorfeld der neuen Enthüllungen zum Fall Schaumburg-Lippe.

Schaumburg-Lippe selbst hat sich bereits in den Vormonaten vehement gegen den Vorwurf des Plagiats gestellt; für diesen gebe es keinerlei Anlass („Rufmord“).

Erstes Verfahren eingestellt

Die Uni Innsbruck hatte schon einmal ein Verfahren wegen Plagiatsverdachts gegen Schaumburg-Lippe geführt und dieses im Dezember des Vorjahres eingestellt. Die neuerliche Überprüfung von dessen Arbeit hat die Uni erst angestrengt, nachdem Weber noch einmal auf den Plan getreten war.

Druck macht der Plagiatsjäger auf die Uni Innsbruck auch in einem zweiten Fall: in jenem der neuen Rektorin der Tiroler Privatuniversität Umit, Christa Them. Diese habe in ihrer Dissertation aus wissenschaftlichen und auch aus Gesetzestexten plagiiert, so Weber. Them wehrt ab. Die Rektorin über ihre Dissertation mit dem Titel „Die österreichische Pflegeausbildung auf dem Weg ins 21.Jahrhundert“ (1997): Sie habe diese „nach bestem wissenschaftlichen Gewissen“ erstellt. Sie selbst habe die Uni Innsbruck aber um eine Überprüfung ihrer Dissertation ersucht und hoffe auf rasche Ergebnisse – und dann auf Entlastung, denn Plagiat habe es schlicht nicht gegeben.

Die Uni Innsbruck verweist darauf, dass es noch keine ÖAWI-Empfehlung zum Fall Them gebe. Sobald eine solche vorliege, werde man eine Entscheidung fällen.

Privat-Uni Umit unter Druck

Them hat unterdessen noch mit dem jüngsten Bericht der Qualitätssicherungsagentur AQA zu kämpfen, wonach an Thems Universität, der Umit, bis zum Vorjahr Dutzende mangelhafte Doktorarbeiten entstanden seien: Diese hätten eher den Charakter von Masterarbeiten. Them verweist im „Presse“-Gespräch darauf, dass sie vor 2010 noch nicht Rektorin der Umit gewesen sei, dass es aber bereits Konsequenzen aus dem AQA-Befund gebe – darunter der stärkere Einsatz von externen Prüfern.

Im Wissenschaftsministerium heißt es zur Plagiatsdebatte, man wolle weiter jene Gruppe aus Experten von Universitäten und Fachhochschulen einberufen, die neue Standards für das wissenschaftliche Arbeiten definieren soll. Den Anstoß, diese Gruppe zu bilden, hatte unter anderem der Plagiatsfall Guttenberg in Deutschland gegeben.

Auf einen Blick

Die Uni Innsbruck ließ zuletzt zwei Dissertationen prominenter Absolventen auf Plagiat prüfen: jene von Mario Schaumburg-Lippe sowie von Umit-Rektorin Christa Them. Während im Fall Them die von der Uni beauftragte Agentur für wissenschaftliche Integrität noch keine Empfehlung nach Innsbruck gegeben hat, liegt eine solche seit Kurzem zum Fall Schaumburg-Lippe vor. Die Uni will nun rasch über eine mögliche Titelaberkennung entscheiden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2011)

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