Unis: "Keine Kultur der Kündigung"

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Unis bdquoKeine Kultur Kuendigungldquo(c) FABRY Clemens
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Wer sechs Jahre an einer Uni mittels befristeter Dienstverträge angestellt ist, findet danach anstatt eines sicheren Jobs meist das Ende der Tätigkeit an der Uni.

Wien. Seit acht Jahren erforscht Günther Hodlmayer (Name geändert, Anm.) im Dienste einer österreichischen Medizin-Uni Wirkstoffe gegen Darmkrebs. Im Rahmen dieser Anstellung hat er seine Dissertation gemacht und ist auch als Postdoc in derselben Arbeitsgruppe beschäftigt. Er führt wissenschaftliche Experimente durch, verfasst Publikationen und betreut Diplomanden und Dissertanten. Zwei Forschungsprojekte, bei denen er Ko-Antragsteller war, haben vom Wissenschaftsfonds FWF eine positive Förderzusage bekommen: Eines davon startete erst im vergangenen Jänner. Den Ausgang seines Forschungsprojekts wird Hodlmayer jedoch wahrscheinlich nicht mehr miterleben.

Denn: In den acht Jahren, die er nun an der Uni beschäftigt ist, folgte ein befristeter Vertrag dem nächsten – und damit muss jetzt Schluss sein. Nicht, weil er nicht mehr will. Sondern, weil es das Gesetz nicht erlaubt. Genauer gesagt Paragraf 109, Absatz 2 des Universitätsgesetzes, der besagt, dass universitäre Mitarbeiter – die im Bereich der Lehre oder über Drittmittel- und Forschungsprojekte beschäftigt sind – nicht länger als sechs bzw. acht Jahre bei Teilzeit in befristeten Dienstverhältnissen beschäftigt werden dürfen.

Eigentlich gut gemeint

Eigentlich sollte diese Regelung – die nicht nur an den Universitäten zum Einsatz kommt – Arbeitnehmern größere Sicherheit bringen. So sollte sichergestellt werden, dass nach sechs bzw. acht Jahren in unbefristeten Dienstverhältnissen ein unbefristeter Dienstvertrag auf jene Mitarbeiter wartet.

Was in der Theorie gut klingt, führt in der derzeitigen Praxis der universitären Personalpolitik aber zum genauen Gegenteil. Denn: Die Universitäten vergeben nur in seltenen Fällen unbefristete Verträge. Und somit steht für viele der betroffenen Mitarbeiter am Ende der sechsjährigen Tätigkeit im befristeten Verhältnis das Ende der beruflichen Laufbahn an der Uni – anstatt eines sicheren Jobs. Warum die Universitäten so sparsam mit der Vergabe von unbefristeten Verträgen umgehen, hat mehrere Ursachen. Jene, die von den Universitäten selbst zumeist genannt wird, ist, dass es nicht gut sei, wenn man Forscher in jungen Jahren an eine Universität bindet – sie sollen internationale Erfahrungen sammeln und sich an unterschiedlichen Forschungsprojekten beteiligen können. Das klingt zwar einleuchtend, erklärt aber noch nicht unbedingt, warum Mitarbeiter, denen – wie im Falle Hodlmayers – die Finanzierung eines Projekts zu verdanken ist, dasselbige nicht zu Ende führen können.

Die Meinung, dass junge heimische Wissenschaftler, die exzellente und kompetitive Forschung betreiben, ins Ausland gehen sollen, teilt auch FWF-Geschäftsführerin Dorothea Sturn. „Bedauerlich“ findet sie es allerdings, wenn Forscher Projekte, die vom FWF positiv evaluiert werden, nicht zu Ende führen können. Und das müsste ihrer Meinung nach auch nicht unbedingt so sein.

Kündigung wäre möglich

Denn: Vergeben die Universitäten einen unbefristeten Vertrag, heißt das noch lange nicht, dass die Unis die Mitarbeiter nie wieder loswerden könnten. Genau davor haben sie aber Angst. Einerseits hat man in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit pragmatisierten Professoren gemacht, andererseits lassen ihnen unsichere finanzielle Verhältnisse nur wenig Spielraum für längerfristige Bindungen von Mitarbeitern.

Ein Risiko, das in Wahrheit gar keines ist: Selbst wenn Rektoren einen unbefristeten Vertrag vergeben, geht ihnen dadurch die Möglichkeit, diesen Mitarbeiter zu kündigen, nicht verloren. Das Problem: An den Universitäten gebe es eben keine „Kultur der Kündigung“, meint Sturn. Man habe zu große Angst vor Klagen. Kleinere Unis wie etwa die Boku würden zwar bereits von der Möglichkeit zu kündigen Gebrauch machen. Aber es bräuchte „eine große Uni, die im Brennpunkt des öffentlichen Interesses steht, um es vorzumachen. Etwa die Uni Wien“, sagt Sturn.

Schlechtes Personalmanagement

Kritik am Personalmanagement kommt aber nicht nur von dieser Seite. Maria Dabringer, Vorsitzende der IG-Lektoren, ortet ebenfalls großen Nachholbedarf. Denn nicht nur junge Forscher sind von der Problematik betroffen. Auch jene Uni-Mitarbeiter, die im Bereich der Lehre tätig sind, werden häufig zweimal im Jahr mittels befristeten Dienstvertrags neu angestellt – jedes Mal, wenn ein neues Semester beginnt.

Dabringer wird bald selbst zu den Betroffenen gehören, nächstes Jahr läuft ihre Zeit der befristeten Verhältnisse ab. Dabei würde die Uni mehr Geld verlieren als sparen, wenn Dabringer gehen muss. In sie wurden in Form von Fortbildungen und Studienreisen „tausende Euro“ investiert. Ein Schaden, den die Unis offenbar lieber in Kauf nehmen, als unbefristete Verträge zu vergeben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.04.2012)

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