Studiengebühren: Uni Wien gewährt Betroffenen vorerst Aufschub

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Symbolbild(c) AP (FRANKA BRUNS)
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Solange die Einhebung von Studiengebühren nicht rechtlich abgesichert ist, bietet die Universität Wien - als vorerst einzige Universität - den betroffenen Studierenden jetzt eine Stundung der Zahlungen an.

Wien. Für Langzeitstudenten und Drittstaaten-Angehörige an der Uni Wien schien es fix: Ab Herbst werden sie wieder zur Kasse gebeten. In Anbetracht der rechtlich unsicheren Situation könnte es nun doch einen Zahlungsaufschub geben. Rektor Heinz Engl hat den betroffenen Studierenden angeboten, die zu bezahlenden Studiengebühren zu stunden. Gezahlt werden müsste demnach erst dann, wenn die Einhebung der autonomen Gebühren durch die Uni Wien rechtlich abgesichert ist.

Das ist bislang nicht der Fall. Zwar hat sich der Senat der größten heimischen Uni für die Wiedereinführung der Gebühren ausgesprochen, ob diese Entscheidung rechtlich auf sicherem Boden steht, ist aber weiter unklar. Grund dafür: Nachdem der Verfassungsgerichtshof das Gesetz zur Einhebung der Studiengebühren kippte, konnten sich die beiden Koalitionsparteien nicht auf eine Neuregelung einigen. Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) geht davon aus, dass die Einhebung von Studiengebühren in der Autonomie der einzelnen Unis liegt. Die SPÖ ist gegenteiliger Meinung.

Die Mehrzahl der heimischen Unis hat – trotz rechtlicher Unsicherheit – die autonome Einhebung von Gebühren angekündigt. Anders als an der Uni Wien sehen die entsprechenden Anträge aber keine Stundung vor. Die Unis Salzburg und Graz sowie die Wirtschaftsuni Wien und die TU Graz haben der „Presse“ bestätigt, dass diese Möglichkeit nicht in Betracht gezogen wird. Eine Rolle könnte dabei auch die weitere Rechtsunsicherheit spielen, die sich durch die Stundung der Gebühren ergibt. So kritisiert etwa die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) das Angebot Engls als „Falschmeldung“. Ihrer Meinung nach stehe das Universitätsgesetz klar über Verordnungen einzelner Unis. Dieses sieht vor, dass die Fortsetzungsmeldung zum Studium unwirksam ist, solange „allfällige Studienbeiträge“ nicht bezahlt sind. So würde mit der Stundung das Risiko einhergehen, dass absolvierte Prüfungen als nichtig gewertet werden. Im schlimmsten Fall könnte das die Exmatrikulation bedeuten.

Mehr Kalkül als Entgegenkommen

Dass sich die Uni Wien für eine Stundung der Gebühren entschieden hat, liegt auch daran, dass die Unis das Geld, das sie ab Herbst einnehmen werden, ohnehin nicht ausgeben können. Sie müssen Rücklagen für die erwarteten Klagen durch Studenten bilden. Daher mache es kaum einen Unterschied, ob die Studierenden den Betrag von 363,36 Euro gleich einzahlen oder stunden lassen, erklärt man von Seiten des Rektorats der Uni Wien. Grundsätzlich rate man den Studierenden aber, den Beitrag einzuzahlen und abzuwarten. Sollte sich herausstellen, dass eine autonome Einhebung rechtlich nicht möglich sei, werde jeder Studierende das Geld zurückbekommen. Die Möglichkeit der Stundung bestehe vor allem für jene Studierenden, die vorhaben, selbst den Rechtsweg zu beschreiten. Durch das Angebot will die Uni Wien eine Klagsflut durch Studierende verhindern. Denn sollte sich die autonome Einhebung der Gebühren als unrechtmäßig erweisen, könnten sich die Verfahrenskosten für die Uni Wien auf einen zweistelligen Millionenbetrag belaufen. So ändert die Möglichkeit der Stundung nichts an der rechtlich unsicheren Situation für die Unis. „Das hätten wir alles viel einfacher haben können“, wird man an der Uni Wien nicht müde zu betonen. Denn hätten die Regierungsparteien das Gesetz zu den Studiengebühren repariert, hätte man an der Uni Wien exakt dieselbe Gebührensituation wie jetzt. Einziger Unterschied dabei: Die Einhebung wäre rechtlich abgesichert.

Auf einen Blick

Eine Stundung der Studiengebühren wie sie die Uni Wien nun angeboten hat, bedeutet, dass Studierende Zahlungsaufschub erhalten, bis die autonome Einhebung der Gebühren durch die Unis rechtlich abgesichert ist. Die Universitäten können das Geld, das sie durch die autonome Einhebung einnehmen, ohnehin nicht ausgeben: Sie müssen Rücklagen für die zu erwartenden Klagen von Studierenden bilden. Die ÖH hält eine Stundung der Gebühren rechtlich für nicht möglich und rät Studierenden davon ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2012)

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