25 Jahre Erasmus: Dämpfer fürs Studium

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Immer mehr Hochschüler sammeln Erfahrungen an einer der Erasmus-Partneruniversitäten in 33 Ländern. Österreich ist auch ein beliebtes Zielland für ausländische Studierende

Wien. Endlich frei sein, neue Leute treffen, eine andere Kultur kennenlernen: Diese Schlagworte fallen den meisten Studenten spontan ein, wenn sie das Wort „Erasmus“ hören. Tatsächlich ist das europäische Studienmobilitätsprogramm eine Erfolgsgeschichte; jedenfalls, wenn man die nackten Zahlen betrachtet. Als das Programm im Jahr 1987 in elf Teilnehmerländern startete, waren es lediglich 3233 Studenten, die quer über den Kontinent reisten, um an einer anderen Universität zu studieren.

Heute, 25 Jahre später, sind es 250.000 pro Jahr, die an einer von rund 4000 beteiligten Hochschulen in ganz Europa Erfahrungen sammeln oder in einem Unternehmen in den mittlerweile 33 Teilnehmerländern arbeiten. „Erasmus bietet einen Internationalisierungsimpuls für alle Teile der Hochschule“, betont Wissenschaftsminister Karl-Heinz Töchterle. Denn nicht nur Studenten, sondern auch Lehrende können seit einiger Zeit mit Erasmus ins europäische Ausland gehen. Dieses Angebot haben seit 1997 mehr als 270.000 Lehrkräfte in Anspruch genommen.

(c) DiePresse

Österreich an vierter Stelle

Die europäischen Hochschulen haben in den vergangenen 25 Jahren also einen erheblichen Internationalisierungsschub erfahren. Fast gehört es unter Studenten schon zum guten Ton, einmal einige Monate im Ausland verbracht zu haben. Die heimischen Studenten sind besonders aktiv, wenn es darum geht, Erfahrungen im Ausland zu sammeln: Von den 33 Teilnehmerländern liegt Österreich, gemessen an der Gesamtzahl der Studierenden, an vierter Stelle, berichtet Töchterle stolz. Damit ist es eines der wenigen Länder, in denen die Zahl der Erasmus-Studierenden seit der Beteiligung am Programm vor 20 Jahren kontinuierlich gestiegen ist. Die Zahl zwischen Incoming- und Outgoing-Studenten – also jenen, die ins Ausland gehen und jenen, die nach Österreich kommen – sei hierzulande besonders gut, betont der Wissenschaftsminister. Jährlich nützen über 5000 Studenten aus Österreich das Erasmus-Programm – verglichen mit nur 893 im Jahr 1992. Und wohin zieht es die heimischen Studierenden? Das beliebteste Zielland ist Spanien – was wohl nicht allein auf das gute Studienangebot, sondern auch auf das angenehme Klima und das lockere Flair des sonnigen Urlaubslandes zurückzuführen ist.

An zweiter Stelle rangieren unsere deutschen Nachbarn – in der Hauptsache deshalb, weil viele junge Leute die Chance auf ein Praktikum in einem deutschsprachigen Unternehmen wahrnehmen. Es folgen Frankreich, Großbritannien, Schweden und Italien. Auch nach Irland zieht es jährlich etwa 150 heimische Studierende. Wie Christine Wolf, die von ihrem halbjährigen Aufenthalt viel Positives, aber auch Negatives zu berichten hat: Für ihre Sprachkenntnisse seien die sechs Monate von großem Vorteil gewesen, so Wolf. Denn nicht nur, dass sie im Unterricht und mit Kommilitonen ausschließlich Englisch gesprochen habe, habe sie ihre Wohnung mit einer Französin geteilt und so auch gleich ihre Französischkenntnisse verbessert. Auch kulturell sei der Aufenthalt sehr bereichernd gewesen. Gute Nerven brauche man allerdings auch: Wohnungssuche und Studienorganisation erforderten große Stressresistenz.

Studienfortschritte gering

Und noch etwas muss Erasmus-Studierenden bewusst sein: Der Auslandsaufenthalt ist zwar einerseits eine wichtige und positive Erfahrung fürs Leben. Für das Studium selbst aber bedeutet er selten große Fortschritte: Zum einen ist das Angebot an geeigneten Kursen an der Partneruniversität oft nicht mit dem eigenen Studienprogramm vereinbar. Zudem müssen die Zeiten zu Beginn des Semesters eingerechnet werden, die administrativen Tätigkeiten zum Opfer fallen und die gebraucht werden, um sich an der neuen Uni zurechtzufinden. Und dann gibt es nach der Rückkehr ins Heimatland oft eine böse Überraschung: Die im Ausland besuchten Kurse können an heimischen Unis nicht oder nur schwer angerechnet werden.

Davon aber lassen sich die österreichischen Studenten nicht abschrecken. Und zum 25-jährigen Jubiläum gibt es nun besonders positive Nachrichten: Weil die EU-Fördermittel für das Programm von Österreich voll ausgeschöpft wurden, werden die Zuschüsse um zehn Prozent angehoben. Insgesamt stehen für Erasmus im Zeitraum 2007 bis 2013 rund drei Milliarden Euro an EU-Fördermitteln bereit.

Auf einen Blick

Das Mobilitätsprogramm Erasmus feiert in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen. Österreich beteiligt sich seit 1992 und liegt gemessen an der Gesamtzahl der Studierenden unter mittlerweile 33 Teilnehmerländern an vierter Stelle. Weil die EU-Budgetmittel im vergangenen Jahr voll ausgenützt wurden, werden die Zuschüsse für Erasmus-Studierende nun um zehn Prozent erhöht. Drei Milliarden stehen für das Programm europaweit zur Verfügung. Insgesamt nützten im vergangenen Studienjahr 250.000 Studierende das Angebot, mit Erasmus Erfahrungen im Ausland zu sammeln. Allein in Österreich waren es 5300.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.