ÖH-Wahl: „Die Macht der Studenten wird unterschätzt“

unterschaetzt Macht Studenten
unterschaetzt Macht Studenten(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Für SPÖ-Klubobmann Josef Cap und Montanuni-Rektor Wilfried Eichlseder ist klar: Studentisches Engagement ist wichtig. Die ÖH-Funktionäre gestehen: Der Schmutzkübelwahlkampf könnte schaden.

„Man kann auch mit der Augenklappe und der schwarzen Fahne antreten - auch das ist legitim“, sagt Josef Cap, der Klubobmann der SPÖ, in Richtung der Uni-Piraten, die von 14. bis 16. Mai erstmals bundesweit bei der ÖH-Wahl antreten. Denn: Egal welcher Couleur die Studentenvertreter angehören, Hauptsache sie engagieren sich. Denn nur dann hätten die Studierenden eine Lobby, die ihre Interessen vertritt. Zu diesem Schluss kommt Cap, einst selbst ÖH-Funktionär, bei einer Diskussion des Österreichischen Cartellverbands (CV) zum Thema „ÖH: Zwischen Regenbogen und Erstsemestrigenberatung“ am Montag.

Auch der Rektor der Montan-Uni Leoben, Wilfried Eichlseder, bestärkt die Studentenvertreter der verschiedenen Fraktionen in ihrer Arbeit: „Man unterschätzt die Wirksamkeit und die Macht der Studierendenvertreter allzu oft.“  Die Hochschülerschaft - die er während des eigenen Studiums zwar nur beim Skriptenkauf kennenlernte - habe eine wichtige Aufgabe. Das sei ihm nicht zuletzt als Rektor bewusst geworden. So sei die ÖH beispielsweise Teil der Qualitätssicherung in der Lehre. Wenn Professoren nicht zur Lehrveranstaltung erscheinen, es Unregelmäßigkeiten bei den Prüfungen gibt: In all diesen Situationen sei es wichtig, dass die ÖH aufschreie.

Wahlbeteiligung als Legitimationsproblem?

Innerhalb der Studentenschaft wird das dennoch oft vergessen. Das Resultat: Die Wahlbeteiligung lässt zu wünschen übrig. Dass es der ÖH dann an Legitimation fehle, sieht Cap nicht: Es bleibe jedem selbst überlassen, ob er zur Wahl gehe, oder nicht. Zum Problem werde die niedrige Wahlbeteiligung nur dann, „wenn keiner mehr hingeht“, so Cap. Claudia Gamon, Spitzenkandidatin der Jungen Liberalen (JuLis), sieht das allerdings anders: „Wenn nur 20 Prozent ihre Stimme abgeben, dann ist das schon ein Legitimationsproblem“, so Gamon. Nicht zuletzt deshalb fehle der ÖH die Durchsetzungskraft.

Die Uni-Piraten haben in ihrem Wahlprogramm bereits darauf reagiert. Sie fordern eine „liquid democracy“, also eine Mischform von repräsentativer und direkter Demokratie. Wie das funktionieren soll? Am besten über basisdemokratische Abstimmungen im Internet. Ein Vorschlag, der bei SPÖ-Klubobmann Cap nur auf wenig Gegenliebe stößt: „Ich will keinen gesichtslosen Wahlkampf. Ich sehe Ihr Gesicht sogar gerne“, sagt Cap zu Piraten-Chef Marcus Hohenecker. Generell zeige sich, dass es schon jetzt wieder etwas weniger attraktiv sei über soziale Netzwerke zu kommunizieren („Facebook ist nicht mehr so die geile Einrichtung", so Cap).

Doch was ist eigentlich die Aufgabe der ÖH? Soll sie Service bieten? Oder sich etwa auch gesellschaftspolitisch äußern? Bei diesen grundlegenden Fragen scheiden sich die Geister. Während die ÖVP-nahe Aktionsgemeinschaft (AG) Gesellschaftspolitik nicht als Aufgabenfeld der Hochschülerschaft sieht (und als Negativbeispiel die Äußerungen der derzeitigen ÖH-Spitze zu den KV-Verhandlungen der Metallergewerkschaft anführt), sehen das die roten Studierenden des VSStÖ anders.

Es gebe viele Themen, die Studierende direkter treffen als man glaubt, sagt Angelika Gruber, die für den VSStÖ am Podium saß. Und dazu gehörten auch die Kollektivvertragverhandlungen in verschiedenen Branchen. Immerhin sei ein großer Teil der Studierenden berufstätig. Es sei schwer zu entscheiden, welche Themen Studierende mehr und welche sie weniger betreffen. „Willst du ein Studibarometer einführen und erst dann entscheiden, ob du dich als ÖH zu Themen äußerst, oder nicht?“, fragt Gruber rhetorisch Martin Brenner, der für die AG am Podium saß.

Cap: „Was sind wir für Idioten“

Im Wahlkampf selbst sind die Fraktionen allerdings bislang weniger durch Themen, als durch gegenseitige Schuldzuweisungen und schmutzigen Wahlkampftricks aufgefallen – Stichwort Café Rosa oder Plakateklau. Dabei sind sich die Fraktionen einig, dass das bei den Studierenden eher für Ärger sorgt („Als Studentin würde ich mir denken: Was für ein Kindergarten", so Angelika Gruber).

SPÖ-Klubobmann Cap spendet Trost: ÖH-Wahlkämpfe hätten schon immer so funktioniert. Er selbst erinnere sich an eine Szene. Bei minus sieben Grad sei er anno dazumal auf Wahlkampftour am Campus des Alten AKH unterwegs gewesen – wo sich die Fraktionen ihre Plakate quasi im Minutentakt gegenseitig überklebt hätten. Irgendwann siegte die Vernunft, so Cap: „Was sind wir eigentlich für Idioten?“, habe man sich gefragt. Und sei auf ein Bier gegangen. Gemeinsam.

(j.n.)

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