Erste ÖH-Konfrontation: "Wir werden es schon überleben"

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Sechs Spitzenkandidaten für die ÖH-Wahl standen sich in der ATV-Diskussion gegenüber. Überlebt haben alle. Gepunktet nicht jeder.

Die Gesichter werden schnell noch einmal abgetupft und gepudert, die T-Shirts abgerollt und die Mikrofone an der Kleidung festgemacht: „Wir werden es schon irgendwie überleben“, hört man noch, und dann geht sie los, die erste Elefantenrunde – und damit das erste direkte Kräftemessen der Spitzenkandidaten – im Wahlkampf der österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH). Überlebt haben die ATV-Sendung, die am Donnerstagabend im Internet übertragen wurde, natürlich alle. Nur überzeugen konnten manche Spitzenkandidaten mehr und andere eher weniger.

Was soll ÖH-Arbeit sein?

Mit der Frage danach, warum die Studierenden an Österreichs Universitäten, Fachhochschulen (FH), Pädagogischen Hochschulen (PH) und Privatunis eigentlich zwischen 19. und 21. Mai wählen gehen sollten, läutete ATV-Moderatorin Sylvia Saringer gleich zu Beginn die erste ideologische Debatte ein. Diskutiert wurde fortan darüber, was eigentlich Aufgabe der ÖH ist. Oder anders formuliert: Soll ÖH-Arbeit eigentlich Gesellschaftspolitik sein?

Es bot sich das gewohnte Bild. Die linken Fraktionen (die grünen Studierenden der GRAS, der rote VSStÖ und die Fraktion engagierter Studierender FEST) plädierten für mehr Gesellschaftspolitik, die ÖVP-nahe Aktionsgemeinschaft (AG) sowie die pinken Junos hielten dagegen. Und die politisch unabhängigen Fachschaftslisten (FLÖ) positionieren sich irgendwo dazwischen. Obwohl zivilisiert diskutiert wurde, sollte das nicht der einzige ideologische Graben bleiben, der sich an diesem Abend auftat.

Polarisierende Junos, leise GRAS

Ziemlich häufig wird Niko Swatek von den pinken Junos in die Mangel genommen. Kein Wunder: Er ist der einziger Kandidat, der sowohl für Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen eintritt. Kaum jemand anderer kam so oft zu Wort. Swatek verteidigte seine Pläne - vom Ende der ÖH-Zwangsmitgliedschaft bis zu den nachgelagerten Studiengebühren - tapfer ("Jetzt haben Sie Ihre Wahlrede abgehalten", sagt Saringer ), aber nicht immer erfolgreich ("Ihr Finanzierungssystem erschießt sich mir nicht ganz", so die Moderatorin weiter). Immerhin: Er polarisiert.

Das hätte man sich auch von AG-Kandidat Peter Wiltsche erwartet, er tat es aber nur bedingt. Es gab auffälligere Mitstreiter. Wiltsche argumentierte für mehr Service und gegen breite Gesellschaftspolitik, forderte eine bessere Maturantenberatung und erklärte seine Position in puncto Zugangsbeschränkungen. Über Studiengebühren (ein heikles Thema innerhalb der AG) schien er nicht allzu gerne zu sprechen. Sein Ablenkungsversuch scheiterte aber.

Ungewöhnlich ruhig trat die grüne Kandidatin Meryl Haas (GRAS) auf. Dabei hatte sie so manches klarzustellen. Haas studierte einst in Kanada, durchlief ein Aufnahmeverfahren und zahlte hohe Studiengebühren. "Teile sind besser, wenn es Studiengebühren gibt", sagte sie zuletzt in einem Interview mit der "Presse" und meinte damit, dass man dort eine fixen Studienplatz und gute Betreuungsverhältnisse hat. Als Moderatorin Saringer wissen wollte, wie es sein kann, dass sie trotz dieser Vorteile entschieden gegen Studiengebühren und Aufnahmeprüfung auftritt, schaffte es Haas nicht wirklich, eine überzeugende Erklärung zu liefern.

Rhetorisch von der Partei gelernt

Apropos überzeugend: Das trifft - zumindest in rhetorischer Hinsicht - an diesem Abend über weite Strecken auf die rote Spitzenkandatin Lucia Grabetz (VSStÖ) zu. Sie dürfte in der eigenen Partei schon einiges gelernt haben. Die Forderungen (besser Bezahlung für Praktika und leistbare Mieten) sitzen. Sie zitierte sie immer wieder und schaltete sich auch ungefragt in das Gespräch ein. Die Frage, warum der gut verdienende Finanzminister keine Studiengebühren für sein Kind zahlen sollte, beantwortete sie in sozialdemokratischer Manier: Das Vermögen müsse besteuert werden.

Nur eine Antwort blieb Grabetz den Zusehern schuldig. Woher das Geld zur Verbesserung der Situation der Studierenden kommen solle, wollte die Moderatorin wissen. "Ich bin nicht die Finanzministerin und dafür da, das Geld aufzutreiben", antwortete sie. "Ja, auch das haben wir geübt", freute sich ihre Pressesprecherin, die sie zum Auftritt begleitete.

Parteiunabhängigkeit als Köder

Kritisiert wird ihre Nähe zur Mutterpartei. Vor allem die Fachschaftslisten (FLÖ) setzten in der Diskussion auf die eigene Parteiunabhängigkeit. FLÖ-Spitzenkandidat Philip Flacke startete gleich mit einem Seitenhieb in die Debatte und bezeichnet seine eigene Fraktion als "einzig parteiunabhängige". Das stieß der Fraktion engagierter Studierender sauer auf. Deren Kandidatin Magdalena Goldinger (FEST) fiel über weite Strecken kaum auf. Doch zwei Mal ließ sie dann doch aufhorchen. Wenig überraschend gelang ihr das beim Thema Fachhochschulen. (Die FEST galt lange als Fachhochschulfraktion.) Dass die Fachhochschulen mit ihrer sozial durchmischten Studentenschaft beweisen, dass Studiengebühren nicht sozial selektiv sind, wie Junos-Kandidat Swatek das behauptete, widerlegte sie schnell mit zahlreichen plausiblen Argumenten.

Nach einer Stunde und zehn Minuten war der erste große Auftritt der Spitzenkandidaten auch schon wieder vorbei. 1200 Zuseher verfolgten den Stream - und viele kommentierten das Geschehen. "Ihr habt auf Twitter einiges nachzulesen", hieß es, als die Kandidaten wieder aus dem ATV-Studio kamen. Stimmt. Dort kann sich zwar noch niemand eine sichere Stimmen für die Wahl, aber mit Sicherheit das Lob der eigenen Fraktion abholen.

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