Laut "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk sollen Mitglieder der Aktionsgemeinschaft in privaten Chats Judenwitze und Hakenkreuze verschickt haben.
Der heurige ÖH-Wahlkampf hat seinen ersten Skandal: Der Chefredakteur des "Falter", Florian Klenk, kündigte via "Twitter" an, um 17 Uhr einen Artikel über die judenfeindlichen Chatprotokolle der ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft am Wiener Juridicum zu veröffentlichen.
Dem "Falter" seien vertrauliche Whatsapp- und Chatprotokolle einer geheimen Facebookgruppe zugespielt worden. Demnach würden "führende Studentenvertreter, aber auch Mitglieder der jungen ÖVP" nicht nur "Judenwitze reissen", sondern auch "Hakenkreuze und rassistische Pamphlete" posten. Außerdem werde über Behinderte gespottet.
Noch bevor der Artikel überhaupt online ging, reagierte die bundesweite Aktionsgemeinschaft (AG) bereits darauf: "Wir entschuldigen uns in aller Form und werden Konsequenzen aus den Vorkommnissen ziehen", heißt es in einem Facebook-Post. Belastete Mitglieder der AG Jus hätten die Fraktion mittlerweile bereits verlassen müssen.
In den privaten Gruppen hätten "einige unserer Mitglieder unter dem vermeintlichen Schutz der Vertraulichkeit politisch inkorrekte, geschmack- und niveaulose Dinge aus dem Internet" geteilt, schreibt die AG. Und weiter: "In keinster Weise vertritt auch nur eine Person in der AG Jus so eine abscheuliche Haltung, sondern es handelt sich hierbei um die dümmstmögliche und verurteilenswerteste Art von schwarzem Humor." Diese Gruppe sei eine "riesige Dummheit" gewesen.
Alle Studierenden sind automatisch Mitglieder der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH). Sie ist die gesetzliche Vertretung der Studierenden. Das freut nicht jeden (siehe Z). (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER) Dieses Jahr darf zum zweiten Mal per Brief gewählt werden. 2015 rettete nur die Briefwahl die Wahlbeteiligung (25,9 Prozent) vor einem neuen Tiefststand. Das schwächt die Verhandlungsposition und die Legitimation der ÖH (siehe M). (c) Clemens Fabry Das pleitegegangene Studibeisl ist inzwischen kein Wahlkampfthema mehr - war es aber bei den vergangenen ÖH-Wahlen. 500.000 Euro sind in dem Lokal versickert - nicht der einzige ÖH-Skandal (siehe S). (c) Die Presse (Clemens Fabry) Das Ergebnis wird dieses Mal aus verschiedenen Gründen spannend. Unter anderem, weil die FEST - bisher Teil der linken Viererkoalition - dieses Jahr nicht mehr bundesweit antritt. Damit könnten die Karten neu gemischt werden. Stärkste Fraktion war bei der vorigen Wahl die ÖVP-nahe Aktionsgemeinschaft, ihr fehlten aber die Koalitionspartner (siehe Q). Es folgten die unabhängigen Fachschaftslisten und die einstige FH-Fraktion Fest, der rote VSStÖ, die grün-alternative Gras und die Jungen Liberalen. Im November 1946 wurde erstmals die ÖH gewählt. Drei Viertel der Studierenden gingen damals zur Wahl. Jahrzehnte dominierte die ÖVP-nahe Studentenunion ÖSU, aus der die heutige AG hervorging. In den vergangenen Jahren gab es stets linke Koalitionen (siehe Q).Im Bild: Ausschnitt aus der Broschüre 60 Jahre ÖH. Die ÖH bietet diverse Beratungsmöglichkeiten an – von Miete über Soziales bis zur Studienwahl. Sie betreibt zudem die Wohn- und Jobplattform schwarzesbrett-oeh.at. Screenshot Auf Ebene der Studienrichtungen bzw. der Unis hat die ÖH einiges Mitbestimmungsrecht: Studentenvertreter reden etwa bei den Curricula mit. Auch im Uni-Senat sind die Studierenden vertreten. (c) Clemens Fabry Auf politischer Ebene ist die ÖH ein Leichtgewicht. Auch wenn die Studentenvertreter einen guten Draht zum Wissenschaftsminister haben, werden sie bei Themen wie Zugangsbeschränkungen nicht gehört. Einziger größerer Erfolg in den vergangenen Jahren: das neue Wahlrecht (siehe R). (c) Die Presse (Clemens Fabry) Die ÖH hat den Ruf, ein Sprungbrett für die Politik zu sein. Bundeskanzler Christian Kern war im VSStÖ, genauso wie viele seiner Mitarbeiter. Neos-Chef Matthias Strolz war ÖH-Vorsitzender in Innsbruck, Staatssekretär Harald Mahrer (ÖVP) ÖH-Chef der WU. (c) REUTERS (LEONHARD FOEGER) Die Stimmung in der linken Viererkoalition ist dem Vernehmen nach nicht mehr besonders gut. Mit den basisdemokratischen Entscheidungen der Gras dürften offenbar nicht nur die Grünen selbst ihre Probleme haben (Stichwort: Grüne Studierende). Neben der Briefwahl (siehe B) wird seit der vergangenen ÖH-Wahl die Bundesvertretung wieder direkt gewählt. Zuvor wurde diese indirekt nach einem komplizierten System beschickt, das unter der schwarz-blauen Regierung eingeführt wurde. (c) Die Presse (Clemens Fabry) Immer wieder gibt es Kontroversen, was die ÖH angeht. Nicht nur das Café Rosa (siehe C) brachte der ÖH Negativschlagzeilen. Auch, dass die linke ÖH-Spitze der Uni Wien Aussendungen für linke Organisationen finanzierte, sorgte für Kritik. Und zuletzt: die judenfeindliche Facebookgruppe der AG am Juridicum. (c) APA/HERBERT P.OCZERET (HERBERT P.OCZERET) Die ÖH ist in den sozialen Medien ziemlich präsent, etwa als @bundesoeh. Die ÖH-Vertreter twittern bisweilen auch Minister Reinhold Mitterlehner alias @mitterlehner an. Screenshot An einzelnen Unis sind traditionell bestimmte Fraktionen stark: So ist die Uni Wien in der Regel links bzw. grün dominiert, die technischen Unis sind Hochburgen der Fachschaftslisten, die Wirtschaftsuni ist AG-dominiert, und der RFS ist an der Montanuni Leoben stark.Im Bild: Die Uni Wien. (c) Fabian Hainzl Wer mitwählen möchte, muss bis zum 28. März inskribiert haben. An manchen Hochschulen wird ein Wahltag vorgezogen, um auch die berufsbegleitenden Studierenden zu erwischen. (c) Die Presse (Clemens Fabry) 19,20 Euro pro Semester sorgen immer wieder für Diskussionen. Die Rede ist vom ÖH-Beitrag. Da alle Studenten Mitglieder der ÖH sind, müssen auch alle zahlen. Gegner sprechen von Zwangsbeiträgen. (c) BilderBox (Erwin Wodicka) Briefe, (Ohn-)Macht und Skandale Erste Rücktrittsaufforderung an AG-Spitzenkandidatin Mittlerweile gibt es auch schon die ersten Rücktrittsaufrufe. "Die AG muss Konsequenzen ziehen. Solche Verharmlosungen des Nationalsozialismus sind nicht tolerierbar", sagt Yannick Shetty, der Spitzenkandidat der pinken Junos. AG-Spitzenkandidatin Silvia Grohmann sei seit Jahren aktive Funktionärin in der AG am Juridicium. Ihr könne das nicht entgangen sein. Deshalb müsse sie zurücktreten.
Die grünen und alternativen StudentInnen der Gras kritisieren wiederum die "an Widerwärtigkeit kaum zu übertreffende Witze". Die Spitzenkandidatin des Verbands sozialistischer Studierender (VSStÖ) sagt: "Das lustig zu finden, sagt viel über die Gesinnung der 'unpolitischen' Aktionsgemeinschaft aus."
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Silvia Grohmann von der ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft hat es geschafft: Sie hat bei der ÖH-Wahl mit kleineren Verlusten Platz eins verteidigt - trotz des Antisemitismusskandals am Juridicum der Uni Wien. Die Aktionsgemeinschaft ist an der Uni Wien zwar abgerutscht, bundesweit hat sie nur eines ihrer zuvor 16 Mandate verloren. Die AG hält nun bei 15 Mandaten. Die Sieger und die Verlierer im Schnelldurchlauf. (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER) Neun Studentenfraktionen rangen bei der ÖH-Wahl von 16. bis 18. Mai um die Stimmen der Studierenden. Rund 330.000 Studenten waren zur Wahl aufgerufen. Hingegangen ist allerdings nur jeder vierte: Die Wahlbeteiligung hat mit 24,48 Prozent einen neuen historischen Tiefststand erreicht. Ein Verlierer ist also die ÖH selbst - die sich mit der Legitimation ihrer Vertretung jetzt noch schwerer tut. (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER) Die Südtirolerin Marita Gasteiger führte die grünen und alternativen StudentInnen (Gras) in die Wahl - allerdings nicht sehr erfolgreich. Sie rutschte mit ihrer Fraktion ab: Statt bisher 12 Mandaten hat die Gras nun in der Bundesvertretung nur noch acht Mandate. Ein Grund könnte in den Querelen um die Abspaltung der grünen Studierenden liegen. (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER) Große Gewinnerin des Abends ist Hannah Lutz. Die Spitzenkandidatin des roten VSStÖ hat auf Bundesebene massiv dazugewonnen: Sie konnte die bisherigen neun auf zwölf Mandate ausbauen und schnappt der Gras damit den zweiten Platz weg. An der Uni Wien kletterten die roten Studierenden rasant nach oben: von 21 auf 29 Prozent. (c) APA/HANS PUNZ (HANS PUNZ) Ein erfolgreicher Abend war es auch für die Medizinstudentin Johanna Zechmeister. Die parteiunabhängigen Fachschaftslisten haben zu ihren bisher sieben Mandaten eines dazugewonnen. Sie könnte damit die Königsmacherin sein, wenn es um eine linke Koalition mit Gras und VSStÖ geht. (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER) Mit den kontroversesten Vorschlägen Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren - ging der pinke Spitzenkandidat Yannick Shetty in die Wahl. Auch er hat nach der Wahl ein Plus vor seinem Ergebnis: Zu den bisher sechs Mandaten kommt eines dazu: Die Junos haben jetzt sieben Mandate. (c) APA/HANS PUNZ (HANS PUNZ) Für den RFS ging wieder Felix Mayrbäurl an den Start. Sein Ziel - ein zweites Mandat in der Bundesvertretung - hat er verpasst. Die freiheitlichen Studenten bleiben bei einem Mandat in der Bundesvertretung. Besonders stark sind sie übrigens - wie jedes Jahr - an der Milak. (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER) Ebenfalls wie bisher ein Mandat gibt es für den KSV, für den der Innsbrucker Geschichtestudent Lukas Haslwanter (27) an der Spitze an die Wahl gegangen ist. (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER) Dasselbe gilt für die zweite kommunistische Fraktion mit deren Sprecherin Frederike Schuh. Auch sie machen - wie schon zuletzt - ein Mandat. (c) KSV LiLi Überraschung: Die Spaßfraktion No Ma'am mit Spitzenkandidat Philipp Roithinger hat mit "Popolismus" ein Mandat in der Bundesvertretung geschafft. Möglicherweise wird in der ÖH also mehr getrunken. Zentrales Anliegen der Spaßfraktion ist nämlich: "Bier, Bier, Bier". (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER) Die Sieger und die Verlierer
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