Bierernst statt Bierlisten

Bierernst statt Bierlisten
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Spaßlisten. Jux und Tollerei haben ausgedient. In Wien kämpft niemand mehr für Freibier, Fleischeslust und freie Freitage. Nur in Linz fordert noch eine Liste „weniger Papier, mehr Bier“.

Wien/Rovi. In Wien kämpft niemand mehr für Freibier, Fleischeslust und freie Freitage. Vorbei sind die Zeiten, als sich der Ring Freiheitlicher Studenten an der größten Universität Österreichs einer Bierliste geschlagen geben musste. Eine der bisher erfolgreichsten Listen – „Die Rebellen vom Liang Shan Po“ – bekamen 1985 gar zwei Mandate, die sie nachher öffentlich versteigerten.

Mittlerweile bietet nur eine Stadt in Oberösterreich dem Ernst noch die Stirn. In Linz steht „No Ma'am“ seit 14 Jahren für ein Team von derzeit 20 Studenten, die ihre Wünsche nach dreilagigem Toilettenpapier, Weltfrieden und Frischfisch für den Uni-Teich ins Wahlprogramm schreiben. Damit will die Liste rund um den Spitzenkandidaten Manuel Hemetsberger (der „Schurke mit der Gurke“, wie er sich selbst nennt) auch den anderen Fraktionen sinnlose Argumente aufzeigen.
Den Wählern gefällt der Zugang offensichtlich, die Jux-Liste hat seit 1999 ein Mandat in der Universitätsvertretung. Und das braucht die Liste, deren Name eine Reminiszenz an die US-Comedy-Serie „Eine schrecklich nette Familie“ ist, um ein ordentliches Mensa-Fest organisieren können.

Doch trotz aller Blödelei leisten die Studentenvertreter seit dem Einzug in die Hochschülerschaft auch ernste Arbeit. Als „letzte wahltreibende Spaßfraktion Österreichs“ will sich „No Ma'am“ nun mit einem Antrag auf Weltkulturerbe seine Existenz sichern. Tatsächlich kann man ansonst nur noch an der Akademie der bildenden Künste Wien Selbstironie bei den Kandidaten erkennen: Dort tritt als einzige Fraktion an: „D3ZENTR4LE Ponys für alle“.

Unfreiwillig komisch

Unbeabsichtigt humoristisch sind dafür mehrere Fraktionen. Etwa die BRUT an der Uni Klagenfurt, die Sprache als Ausdrucksmittel offenbar gering schätzt. Einer ihrer wenigen Grundsätze lautet „Forcierung des gesellschaftlichen Engagements als Ausdruck und pointierte Kenntlichmachung kontroverser zeitgenössischer Themen“. Aha. Was darunter zu verstehen ist, bleibt auch „Uni-Live“ ein Geheimnis. Immerhin erteilt das Programm der „Anbiederung an Mainstreammedien“ eine Absage.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.05.2011)

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