Interkulturelle Kompetenz: Dialoge aus der Arbeitswelt

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Ohne Blick über den Tellerrand ist in den meisten Sparten wenig Licht am Horizont sichtbar. Fremdsprachen und länderspezifisches Wissen helfen weiter.

Ist von Globalisierung und Internationalisierung des Arbeitsmarkts die Rede, fällt zwangsläufig das Stichwort interkulturelle Kompetenz. Gefragt ist die Fähigkeit, insbesondere in beruflichen Situationen mit Personen aus anderen Ländern erfolgreich und zur gegenseitigen Zufriedenheit umgehen zu können.

Der Erwerb von Fremdsprachen gilt dabei als Grundbedingung. Entsprechende Lehrangebote, die auf berufsspezifische Inhalte setzen, finden zahlreich an heimischen Sprachinstituten statt. „Die Lehrinhalte werden aufgrund des Sprachniveaus des Kunden, seines Jobprofils und der Branche, in der er arbeitet, zusammengestellt. 20 Kernbranchen und 218 Berufsprofile stehen im Rahmen eines vor dem Training stattfindenden Sprach-Audits zur Verfügung. Zudem bieten wir Intercultural Trainings an“, erklärt Thomas Kalian, Director Business Development Berlitz Austria.

Nach wie vor werde Englisch vorrangig nachgefragt. Zu empfehlen sei aber, zusätzlich ein bis zwei Sprachniveaus einer weiteren Sprache zu erlernen. „Dadurch werden Türen geöffnet. Denn es wird nicht nur die Orientierung bei beruflich veranlassten Reisen erleichtert. Es ist auch ein Zeichen der Wertschätzung, sich mit der Sprache der Geschäftspartner auseinanderzusetzen“, so Kalian. Den Zuschnitt des Sprachkursangebots auf verschiedene Branchen wie Finanzwesen, Handel, Gastronomie oder Tourismus fördert auch das Eton Institute. „Wichtig ist uns die Vermittlung eines praxisnahen Vokabulars, ausgerichtet für Dialoge aus der Arbeitswelt“, so Ines Danzinger, Eton Marketing Executive.

Sprachbarrieren abzubauen und eine fließende Unterhaltung bei informellen Gesprächen zu fördern lautet ebenfalls die Zielsetzung bei den insbesondere für Firmen designten Blockseminaren am Institut Français. Auf dem Programm stehen Telefonieren, Schriftverkehr, Verhandeln und mündliches Training auf Französisch sowie ein interkulturelles Coaching. „Es geht darum, interkulturelle Unterschiede bei Arbeit, Treffen und Verhandlungen mit französischsprachigen Kollegen und Klienten zu erkennen und damit besser umgehen zu können“, weiß Louis Marandet vom Institut Français de Vienne.

Praxis im Ausland

Wer unter interkultureller Kompetenz mehr als den Erwerb von Fremdsprachen versteht, wird bei einschlägigen universitären Angeboten fündig. „Das Ziel unserer postgraduellen Universitätslehrgänge ist es, interkulturelle Kompetenzen auf professioneller Ebene zu vermitteln. Zur Vermittlung kombinieren wir in berufsbegleitender Form Theorie und Praxis und bieten einen interdisziplinären Ansatz, die Möglichkeit Interkulturalität im Ausland zu erfahren“, erläutert Birgit Breninger, Leiterin der Universitätslehrgänge Interkulturelle Kompetenz (ICC) und Master in Intercultural Studies (MIS) an der Universität Salzburg. In drei beruflichen Spezialisierungsteilen – Wirtschaft und Recht, sozial- und medizinischen sowie Lehr- und Kulturberufen – werden Personen angesprochen, die in einem dieser Bereiche arbeiten und sich mit den Herausforderungen der Multikulturalität auf dem Arbeitsplatz effizienter auseinandersetzen möchten.

Globalität fördern

„Weiterbildung für alle, die beruflich mit den Auswirkungen der Globalisierung und der Europäischen Einigung zu tun haben“, lautet das Selbstverständnis des Masterlehrgangs Interkulturelle Kompetenzen an der Donau-Universität Krems. „Mehr als 50 Prozent unserer Vortragenden haben eine andere Muttersprache als Deutsch. Das entspricht unserer Überzeugung, dass nachhaltige interkulturelle Vernetzungen nicht nur durch Wissen über andere Kulturen entstehen, sondern auch mit Angehörigen dieser Kulturen vermittelt werden sollten“, erklärt Christiane Hartnack vom Fachbereich „Interkulturelle Studien“ der Donau-Universität Krems.

Die Zunahme an Studierenden mit Migrationshintergrund aus unterschiedlichen Altersgruppen, vielfältigen Berufszweigen sowie den verschiedensten wissenschaftlichen Orientierungen stehe für die Diversität des Lehrgangs, an dem jährlich rund 15 Personen teilnehmen. „Auf der einen Seite geht es um das Lehren von Theorien und Methoden zur interkulturellen Wahrnehmung, Kommunikation und Kooperation. Auf der anderen, persönlichkeitsorientierten Seite steht die Förderung interkultureller Sensibilität und Reflexionsfähigkeit in Form von Achtsamkeit, Innehalten, Empathie und Perspektivenwechsel“, so Hartnack.

In den erweiterten Bereich der interkulturellen Kompetenzvermittlung fällt auch der Universitätslehrgang für Migrationsmanagement am Bildungszentrum St.Virgil Salzburg. „Ziel ist es, die nötigen Kompetenzen für eine erfolgreiche Führungs-, Leitungs- und Organisationstätigkeit in den Handlungsfeldern Migration/Integration zu vermitteln“, sagt Studienleiterin Michaela Luckmann. Zur Zielgruppe gehören Personen aus unterschiedlichen Arbeitsbereichen der Migration/Integration, wie zum Beispiel von Polizei, Caritas, Aufnahmelagern, Schulen, Kindergärten oder Krankenhäusern. „Der Lehrgang vermittelt Basiswissen, gibt Gelegenheit zur Reflexion der Praxis und regt an, eigene kreative Projekte zu entwickeln“, so Luckmann. Als Ort des interkulturellen Austauschs versteht sich der Diplomlehrgang Leben in der Migrationsgesellschaft des Internationalen Zentrums für Kulturen und Sprachen (IZKS). „Wir setzen auf kooperatives Arbeiten und Freude an der Thematik. Die Palette reicht von Seminaren und Diskussionsrunden mit Experten, Biografiearbeit oder Filmvorführungen über Lesungen, gemeinsame Besuche von Ausstellungen, Betrieben und religiösen Zentren bis hin zu Gruppen- und Recherchearbeiten und Präsentationen“, erläutern die Lehrgangsleiterinnen Susanne Gratzl und Maria Hirtenlehner. Mit der Erweiterung von Kommunikationsfähigkeit und sozialen Kompetenzen werde nicht zuletzt die Förderung eines friedlichen Zusammenlebens aller Bevölkerungsgruppen anvisiert.

Auf einen Blick

Des Verständnis für fremde Kulturen ist stärker ausgeprägt, wenn die Unterschiede zu den heimatlichen Dos und Don'ts größer und damit auffallender sind – etwa in Japan oder China.

Dass sich die Gepflogenheiten im Business und beruflichen Small Talk auch in Europa – und selbst bei den deutschsprachigen Nachbarländern – doch so stark unterscheiden können, dass die Gefahr von Missverständnissen besteht, ist noch nicht ganz so bekannt.

So werden etwa in Deutschland geschäftliche E-Mails und Briefe mit Formulierungen wie „könnte“ oder „würde“ nicht unbedingt als verbindlich angesehen. Der berühmt-berüchtigte strenge Ton wird umgekehrt oft als unterkühlt ausgelegt – dabei soll er vor allem Professionalität garantieren.

WEITERE INFORMATIONEN UNTER

www.berlitz.at

www.eton.at

http://institut-francais.at/vienne www.uni-salzburg.at/icc

www.donau-uni.ac.at/ikk

www.integrationsfonds.at

www.virgil.at, www.izks.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2012)

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