Die Wissenschaft vom Wohlbefinden

Gesundheit. Die Akademisierung von Berufen wie Ergo- oder Physiotherapeut per Bachelorstudien scheint rundum geglückt – in der Weiterbildung geht die Entwicklung laufend weiter.

Gesundheit ist gefragt: Auch an den FH zählen Studiengänge dieser Richtung zu den beliebtesten – nur technische und wirtschaftswissenschaftliche Studien erfreuen sich eines noch stärkeren Andrangs. Das äußert sich nicht zuletzt daran, dass nur rund ein Zehntel der Bewerber aufgenommen werden können. Wobei das Interesse stark weiblich geprägt ist: Von 935 Absolventen in den FH-Gesundheitswissenschaften im Studienjahr 2010/11 waren 763 Frauen.

Klassische Berufsbachelor

Das Angebot ist breit gefächert, zu den Bachelorklassikern zählen Ausbildungen für medizintechnische Berufe, Biomedizinischer Analytiker, Ergotherapeut, Logopäde, Diätologe, Orthoptist, Physiotherapeut oder Radiologietechnologe ebenso wie Hebamme. Die Bereiche wurden früher an verschiedenen Akademien unterrichtet und wurden 2006 im Zuge des Bologna-Prozesses in die Fachhochschulen integriert. Und zwei FH, die Fachhochschulen Gesundheit Tirol und Gesundheitsberufe OÖ, wurden im Zuge dieser Entwicklung gänzlich neu gegründet.

Für Reinhard Bauer, Studiengangsleiter des Bachelorstudiums Radiologietechnologie der Fachhochschule Salzburg, ist der Eingliederungsprozess eindeutig von Erfolg gekrönt. Das äußere sich neben dem großen Interesse auch an den Jobaussichten. „Die Absolventen sind am Arbeitsmarkt sehr gefragt“, so Bauer. Und zwar auch die Bachelors, die in anderen Sparten durchaus noch Image-Probleme überwinden müssen. Seine Absolventen würden zu rund zwei Dritteln in Krankenhäuser und zu einem Drittel in radiologischen Instituten tätig sein. Darüber hinaus arbeite ein geringer Anteil heute in Medizintechnikfirmen. Auch Monika Riederer sieht die durch den Bologna-Prozess erfolgte Entwicklung durchaus positiv. „Mit dem Akademieabschluss ist man früher nicht wirklich weitergekommen“, sagt die Leiterin des Bachelorstudiengangs Biomedizinische Analytik der Fachhochschule Joanneum.

Heute ist vor allem die Frage „Job oder Master?“ eine Herausforderung. Dabei stehen nicht nur die an den FH angebotenen Weiterbildungen zur Verfügung, sondern auch jene von Unis und Privat-Unis. Von der FH Joanneum wechseln beispielsweise viele zum Molekularbiologie-Studium an die TU oder die Karl-Franzens-Universität Graz.

Vielfältige Masterwelt

So klar und einheitlich wie im Bachelorbereich sieht die Sache bei den Gesundheitsmastern allerdings gar nicht aus. Hier wird alles geboten, was möglich scheint: Neben den klassischen weiterführenden Berufsweiterbildungen, etwa dem Master in „Musiktherapie“ an der FH Krems, beschäftigen sich viele der Angebote nicht direkt mit gesundheitsspezifischen oder medizinischen Tätigkeiten oder Dienstleistungen. Sie bereiten die Absolventen wie an vielen Postgraduate-Centern von Unis oder Privat-Unis – auf Managementaufgaben in der Gesundheitsbranche oder bestimmte IT-Anforderungen – wie etwa auf das Thema E-Health – vor. Neben deutschsprachigen Programmen werden auch zunehmend englische Master angeboten, etwa „Management im Gesundheitswesen“ der FH Burgenland oder „Medizintechnik“ der FH OÖ.

Die zu begrüßende Vielfalt hat aber einen Haken: nämlich die Unübersichtlichkeit, was die Weiterbildungsform betrifft. Claudia Potocnik, Sprecherin der FH Gesundheit Tirol: „Wir bieten für die meisten Bachelorstudiengänge vertiefende Masterlehrgänge an, in denen auch Forschungs- und Managementkompetenz vermittelt werden. Unser einziger echter Masterstudiengang ist Qualitäts- und Prozessmanagement im Gesundheitswesen. Er ist interdisziplinär konzipiert.“ Die Krux an der Geschichte: Während für Studiengänge höchstens Studiengebühren zu berappen sind (rund 350€ pro Semester), kosten Lehrgänge um die 2000 Euro pro Semester.

Die für die FH so untypisch unterschiedlichen Wege, einerseits Bachelorabsolventen weiterhin zu binden und andererseits neue Interessenten zu gewinnen, liegen auch hier in der Vergangenheit: Weil der Bachelor als vollwertige Berufsausbildung gilt, sind die Master nicht zwingend bundesfinanziert. Und so bleibt es den Fachhochschulen überlassen, mit dieser Situation umzugehen. Die weitere Entwicklung bleibt also spannend.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.03.2013)

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