Impulsgeber statt Elfenbeinturm

Symbolbild
Symbolbild(c) Clemens Fabry
  • Drucken

Die Allianz nachhaltiger Unis Österreichs möchte verantwortungsvolles ökologisches und soziales Handeln intern verankern - und Hochschulen verstärkt zu Treibern gesellschaftlichen Wandels machen.

Das Wort an sich hat nur noch wenige Fans: „Nachhaltigkeit“ kann kaum mehr einer hören. Doch der Begriff – man könnte auch CSR (Corporate Social Responsibility, verantwortungsvolles Denken und Handeln) sagen – nimmt dessen völlig ungeachtet an Bedeutung zu, auch an den Hochschulen.

Mehr Synergien nutzen

Diese fungieren ja im Idealfall als Orte intellektueller Wissensgenerierung, die soziokulturellen Wandel vorantreiben können, der dann schließlich in neuen gesellschaftlichen Normen und Technologien sichtbar wird. Gender beispielsweise wurde schon lange theoretisch an den Unis erörtert, bevor es in größerem Ausmaß von Unternehmen und Organisationen in ihren Leitbildern implementiert wurde.

Die Allianz der neun Universitäten wurde 2012 auf Initiative der vier Grazer Unis, der Uni für Bodenkultur Wien, der Unis Salzburg, Innsbruck und Klagenfurt sowie der Wirtschafts-Uni Wien gegründet und möchte „Nachhaltigkeitsthemen an den Universitäten stärker verankern und damit zu einer zukunftsfähigen Gesellschaft beitragen“, so die erklärten Ziele der Allianz. In fünf Arbeitsbereichen wollen die Hochschulen universitätsübergreifende Aktivitäten und Erfahrungsaustausch ermöglichen und Synergien nutzen: Nachhaltigkeit in der Lehre und Forschung, Betriebsökologie, Wissenstransfer und Öffentlichkeitsarbeit sowie strategische Entwicklung.

„Keine Fenster einschlagen“

In den Arbeitsgruppen werden die gemeinsamen Aktivitäten sichtbar. Etwa bei der Erarbeitung einer verbindlichen Strategie der Allianz-Universitäten oder durch den gemeinsamen Antrag an das BMWF im Rahmen der Hochschulraum-Strukturmittelbeschaffung (HRSM) in Sachen Umweltmanagement. Damit werden Umweltmanagement-Systeme wie Emas, die Einbindung von Studierenden oder Betriebsökologie vorangebracht. Oberstes Prinzip der kooperierenden Unis sei, Win-win-Situationen herzustellen und darauf zu achten, „keine Fenster einzuschlagen. Weil das Thema Nachhaltigkeit auch als Konkurrenzdisziplin oder als Treiber von Kosten erachtet wird“, weiß Thomas Lindenthal, Koordinator für nachhaltige Projekte im eigens dafür gegründeten Zentrum für globalen Wandel und Nachhaltigkeit an der Wiener Boku.

Da das Thema immer stärker in die Studienpläne verankert werde, würden sich manche Lehrende mitunter konkurrenziert fühlen, „daher braucht es partizipative Prozesse, um neue Lehrinhalte und bestehende Paradigmen sowie Bewertungsmaßstäbe zu hinterfragen“, so Lindenthal. Allerdings sei noch nicht an allen Allianz-Universitäten das Nachhaltigkeitsbestreben als Top-Agenda verankert, was damit zu tun habe, dass es nur wenig zusätzliche Mittel und somit auch Personal für derlei Aktivitäten gäbe. Dennoch: „Diese Universitäten wollen nicht den Anschein erwecken, besser zu sein als die anderen, sondern aufzeigen, wie man Nachhaltigkeit leben und spannende Forschung und Lehre in diesem Feld generieren kann“, merkt Lindenthal an.

Vorbildwirkung verstärken

Sichtbar werden die Initiativen der Allianz nachhaltiger Universitäten unter anderem bei der Verleihung des Sustainability Awards. Er gilt als nationale Auszeichnung und soll andere dazu motivieren, ihre gesellschaftliche Verantwortung ernst zu nehmen.

Das steigende Bewusstsein und die verstärkten Bemühungen der Hochschulen ist an der Zahl der Teilnehmer abzulesen: Bei der ersten Verleihung 2008 wurden 41Projekte begutachtet – im Vorjahr waren es bereits 77. „Der Anstieg zeigt uns, dass Hochschulen die Bedeutung der Nachhaltigkeitsperformance immer mehr in ihren Prozessen erkennen, sich aktiv danach ausrichten und Strukturen dafür schaffen“, so Anna-Maria Wiesner, Projektleiterin beim Forum Umweltbildung, das für die Organisation des Sustainability Awards zuständig ist. „2012 zählten bereits einige hochschulübergreifende Initiativen oder Studiengänge zu den Siegerprojekten.“ Besonders aktiv und oft prämiert: die Universitäten Wien, Graz und Klagenfurt sowie die Universität für Bodenkultur in Wien. Auch Projekte von Fachhochschulen, etwa jener aus Salzburg oder Krems, nahmen teil.

Kurt Koleznik, Generalsekretär der FHK (Österreichische Fachhochschulkonferenz) bestätigt die Dringlichkeit, den tertiären Bildungssektor als Vorbild und Vorreiter für gesellschaftliche Entwicklung zu erachten: „Wenn die Initiativen der Hochschulen als nachhaltig erkannt werden, dann werden diese auch in der Gesellschaft und Industrie ihre Verankerung finden.“ Auch wenn die FH eine größere Nähe zur Wirtschaft hätten, käme den Unis eher die Rolle zu, derart gesellschaftliche Veränderungen impulshaft voranzutreiben, so Koleznik auf die Frage, warum keine FH an der Allianz nachhaltiger Universitäten Österreichs beteiligt sind. „Entsprechende Aktivitäten sind an den FH meist mit Strategien der Region verbunden, wie etwa der Sektor Energie und Umwelt an der FH Burgenland.“ Allerdings wünsche er sich, dass in Zukunft auch an den Fachhochschulen die Nachhaltigkeit „von der Lehre bis hin zum Toilettenpapier“ sichtbar werde.

Öffentliche Diskussion

Eine Gelegenheit für Studenten, Lehrende und Interessierte, die Aktivitäten und Meinungen der Universitäten hautnah zu erfahren, ist an den Future Lectures gegeben. Dabei finden an jeweils drei Hochschulen – im kommenden Semester an der Wirtschaftsuniversität Wien, der FH Joanneum Graz und der Universität für Bodenkultur Wien – Veranstaltungen mit Impulsvorträgen und einer anschließenden Diskussion zu den Chancen und Herausforderungen einer nachhaltigen Entwicklung statt. Erklärtes Ziel: das eigene Engagement aufzeigen, spannende Themenfelder zur Diskussion stellen und etwaige Berufsfelder für Studierende aufzeigen.

Bewerbe und Tipps

•Österreichischer Sustainability Award 2014 für alle Hochschulen, Einreichungen bis 15.November.

•Future Lecture – Reihe für die Öffentlichkeit: Auftaktveranstaltung am 21.Oktober in Wien unter der Schirmherrschaft von Dennis Meadows. Thema: Chancen, Herausforderungen und Widersprüche einer zukunftsfähigen Entwicklung

•Didaktischer Ideenwettbewerb zur Umweltbildung in der Schule:Gesucht werden erfolgreiche didaktische Vorschläge von Pädagogen für den Unterricht zu den Themen Lärm, Ernährung und Beschaffung & Lebenszyklen. Präsentation und Preisverleihung an der Pädagogischen Hochschule Linz im Mai 2014.

WEITERE INFORMATIONEN UNTER

www.umweltbildung.at

Buchtipp: „Jenseits traditioneller Wissenschaft“, Heike Egner, Martin Schmid (Hrsg.) Oekom-Verlag, München 2012. Wie sich die Wissenschaft und deren Rahmenbedingungen verändern müssen, damit sie wünschenswerte Veränderungsprozesse in der Gesellschaft unterstützen kann.

WEITERE INFORMATIONEN UNTER

www.oekom.de/buecher/e-books/ buch/jenseits-traditioneller-wissenschaft.html

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.