Ernährung: Experten für Fast-Food und Diäten

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Ab kommender Woche sucht wieder jeder ihre Hilfe - die Aufgaben der Absolventen gehen aber weit über Abnehmtipps hinaus.

Spätestens in der kommenden Woche beginnt wieder die Hochsaison für Ernährungsexperten: Wenn alle Weihnachtsgänse verdaut und alle Champagnerflaschen geleert sind, finden sich die Anleitungen zum Abnehmen der Festtagskilos in allen Magazinen und Talkshows, werben Fitnessstudios mit Bootcamps und erlassen die Diätanbieter die Beitrittsgebühr. Die Einsatzgebiete seriös ausgebildeter Ernährungswissenschaftler gehen aber fraglos weit über die landläufigen Vorstellungen hinaus, und in den vergangenen Jahren hat sich im Bereich der Ernährungswissenschaften viel getan.

Neuer Stellenwert

„Der Stellenwert der Ernährung hat sich stark verändert“, betont Karl-Heinz Wagner, Studienprogrammleiter der Ernährungswissenschaften und stellvertretender Leiter des Departments an der Uni Wien. „Im Bereich der Prävention weiß man heute, wie Ernährung vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs schützen kann und kennt auch die Mechanismen dahinter. Außerdem ist der ganze Bereich Public Health ein großes Feld, das es vor zehn Jahren so noch nicht gegeben hat und das massiv ausgebildet wird“, gibt Wagner einige Beispiele für die Aufgaben, für die gut ausgebildete Ernährungswissenschaftler gesucht werden. Auch das Thema Lebensmittelkennzeichnung spielt in Zeiten zunehmender Nahrungsmittelunverträglichkeiten eine wachsende Rolle.

Um all diesen Anforderungen gerecht zu werden, umfasst die Grundausbildung im sechssemestrigen Bachelorstudium neben den klassischen Bereichen wie Chemie, Physik, Anatomie und Physiologie, Biologie und Mikrobiologie auch Themen wie die Produktion von pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln, Lebensmittelqualität und -sicherheit, Diätetik und Wissen um die richtige Ernährung über die Lebenszyklen – ein Thema, das ebenfalls zunehmend an Bedeutung gewinnt. Im Masterlehrgang, den laut Wagners Einschätzung rund drei Viertel der Bachelorabsolventen in dieser Disziplin anschließen, kommen dann unter anderem Bereiche wie die molekulare Ernährung und das Thema Public Health Nutrition dazu, mit denen sich die Absolventen für Aufgaben in Institutionen und Ministerien, aber auch der Pharma- und Lebensmittelindustrie qualifizieren. Eine Aufgabe, für die das Studium aber ausdrücklich nicht qualifiziert, ist die des Ernährungsberaters: Diese erfordert für die Arbeit mit Gesunden einen Gewerbeschein, das Arbeiten mit kranken Menschen ist den Diätologen vorbehalten.

Diese Qualifizierung – zumindest, was die Beratung gesunder Menschen angeht – ist dagegen Teil des Masterstudiengangs „Angewandte Ernährungswissenschaften“ an der Umit, der Privaten Universität für Gesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik in Hall in Tirol. „Das wird bei uns konkret gelehrt und ist samt Gewerbeberechtigung Teil der Ausbildung“, erklärt Lehrgangsleiterin Barbara Prüller-Strasser. Andere wichtige Bereiche in dem sechssemestrigen berufsbegleitenden Studiengang sind unter anderem Ernährungspsychologie, Allergiemanagement, Public Health Nutrition und vor allem das Thema Sporternährung, das einen Schwerpunkt in der Ausbildung bildet.

Dabei geht es um Fragen des Energieverbrauchs, die Pros und Kontras von Nahrungsergänzungsmitteln, um leistungsdiagnostische Tests, Mikro- und Makronährstoffe und Sporternährung unter extremen Bedingungen wie großer Hitze oder Höhe. Voraussetzung für die Teilnahme ist ein Bachelorabschluss, Zielgruppe für die Ausbildung sind neben Ärzten auch Sportwissenschaftler, Pädagogen oder beispielsweise Physiotherapeuten aus dem Hochleistungssport, die „möglicherweise Ernährungswissenschaften nicht als Einzelfach studieren würden“, wie Prüller-Strasser vermutet, „es aber mit dem Schwerpunkt Sport gern annehmen“ – und das jetzt durch den neuen Bachelorabschluss für Physiotherapeuten auch können.

Thema für alle Altersstufen

An der Donau-Uni Krems ist der akademische Abschluss kein Muss für die Teilnahme am Masterstudiengang „Ernährung und Sport“, hier qualifizieren sich Studierende auch durch vier Jahre einschlägiger Berufserfahrung. Der fünfsemestrige Lehrgang dreht sich um den Einfluss von Bewegung, Training, Sport und Ernährung auf den gesunden und kranken Menschen jeder Altersstufe. Hier sieht Lehrgangsleiterin Christiane Fischer großen Bedarf: „Mit dem steigenden Alter der Bevölkerung wird das Thema Prävention sicher immer wichtiger werden“, ist sie überzeugt, und auch am anderen Ende der Altersskala sieht die Ernährungsexpertin Handlungsbedarf: Der Fast-Food-Ernährung von Kindern könne gar nicht früh genug entgegengewirkt werden: „Gemeinsam mit den Eltern kann man da schon im Kindergarten mit der richtigen Ernährung und Bewegung gegensteuern“, so Fischer. Ein Anliegen, das glücklicherweise auch von der Politik immer stärker unterstützt werde. (sma)

LEHRGÄNGE

Uni Wien: Bachelor und Master Ernährungswissenschaften,

www.univie.ac.at

Privatuniversität für Gesundheit, Umit: Master Angewandte Ernährungswissenschaften, www.umit.at

Donau-Uni Krems: Master Ernährung und Sport, www.donau-uni.ac.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.12.2013)

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