Die Pillen schmackhaft machen

Pharmaindustrie. Gut zu kommunizieren reicht nicht mehr. Wer in der Pharmabranche Karriere machen will, muss eine akademische Ausbildung machen – früher oder später.

In den ersten Wochen des Jahres zeichneten diverse Meldungen ein zwiespältiges Bild der Pharmaindustrie. Novartis streicht 500 Stellen in der Schweiz. Ein Schrei ging durch den deutschen Blätterwald, weil bestimmte Arzneimittel nicht lieferbar waren. Bayer will den norwegischen Radiopharmazeutikahersteller Algeta übernehmen. Gleichzeitig investiert die deutsche Pharmaindustrie rund 14Prozent des gesamten Branchenumsatzes in die Erforschung und Entwicklung neuer Medikamente.

Laut AMS-Qualifikationsbarometer ist der Job des Pharmareferenten nach wie vor begehrt; bereits Einsteiger können bis zu 2600Euro brutto monatlich verdienen. Trotzdem: „Die Zeiten wie vor zehn, 15 Jahren, in denen man mit wenig Aufwand viel Erfolg haben konnte, sind vorbei“, sagt Wolfgang Schober, Mitgeschäftsführer von Pharma Ref Consulting.

Branche bleibt attraktiv

Dennoch bleibt eine Tätigkeit in dieser Branche attraktiv: „Meist ist man für große beziehungsweise internationale Unternehmen tätig und kann entsprechend Karriere machen“, erläutert Michael Ogertschnig, Leiter des Fachbereichs Management im Gesundheits- und Pharmawesen an der Donau-Universität Krems. Einen guten Einstieg, etwa als Pharmareferent, erwischt, wer „ein guter Kommunikator ist“, sagt Jan Oliver Huber, Generalsekretär des Verbandes der pharmazeutischen Industrie Österreichs Pharmig.

Über Perspektiven in dieser Branche kann man sich beispielsweise bei der Pharmig-Academy informieren. Am besten lernt man die Pharmaindustrie von der Pike auf als Pharmareferent kennen. „Hier ist man mit den Produkten, ihrer Entwicklung und den Vorteilen konfrontiert“, erklärt Huber. Der Pharmareferent versteht sich als Bindeglied zwischen Unternehmen und Ärzten, informiert diese, darf ihnen aber nichts verkaufen. Die Tür zu diesem Beruf öffnet die gesetzlich vorgeschriebene Pharmareferentenprüfung. Darauf vorbereiten können sich Interessierte mit Matura an der Donau-Universität Krems. Die Ausbildung kann in einem Semester berufsbegleitend oder online absolviert werden. Darauf aufbauend erfolgt die dreisemestrige Weiterbildung als Pharmareferent Advanced mit vertiefenden Kenntnissen in Betriebswirtschaft, Marketing und Fachenglisch. „Diesen Beruf ergreifen vorrangig Frauen, weil man dabei seine Zeit flexibel einteilen kann. Entwickelt sich die Karriere aber in Richtung Klinikreferent beziehungsweise Key Account, sind mehr Männer anzutreffen“, erläutert Schober, der an der Donau-Universität die Projektleitung für beide Ausbildungen verantwortet. Key Accounts in der Pharmabranche sind die Ansprechpartner für Krankenhausholdings, Chefärzte bei den Krankenkassen sowie Ärztekooperationen.

Auf Augenhöhe mit Kliniken

Da reichen die Kenntnisse eines Pharmareferenten oft nicht mehr aus. (Veterinär-)Mediziner, Pharmazeutiker oder Naturwissenschaftler sind deshalb oft in dieser Branche anzutreffen, vor allem bei Unternehmen, die neue Medikamente, etwa gegen Krebs oder Alzheimer, auf den Markt bringen wollen. „Hier muss man mit den Zuständigen in den Kliniken auch wissenschaftlich auf Augenhöhe argumentieren“, erklärt Huber. Informiert der Referent hingegen über ein Generikum, also das patentfreie Medikament eines bereits unter einem Markennamen eingeführten Präparats, hat er es leichter und kann sich bei seiner Argumentation auf Bewährtheit und Preis konzentrieren. Die Donau-Universität bietet für künftige Klinikreferenten das zertifizierte Programm „Key Account in der Pharmabranche“ an, das ein Semester dauert.

Spezialisiert man sich als Akademiker ohne pharmazeutisches Wissen auf die Qualitätssicherung, bietet die Universität Wien den postgradualen Universitätslehrgang „Pharmazeutisches Qualitätsmanagement“ an. Die einjährige, berufsbegleitende Ausbildung führt zur Position der „Qualified Person“, die auf einer EU-Richtlinie basiert, die europaweit neue Führungspositionen in der pharmazeutischen Industrie schafft. Die Absolvierung des Grundlehrgangs berechtigt zur Ausübung der Funktion einer „Sachkundigen Person“ nach der Arzneimittelbetriebsordnung 2009 (Ambo 2009). In weiteren drei Semestern kann man in diesem Bereich seinen Master machen.

Demografie bringt Wachstum

Auch ins Management zieht es viele ehemalige Pharmareferenten, „vor allem diejenigen, die in einem Unternehmen Fuß fassen wollen“, sagt Ogertschnig. Wer dort angekommen ist, hat nicht selten Lust auf mehr, also auf eine internationale Karriere. „Perfektes Englisch ist gang und gäbe, ein MBA kann auch nicht schaden.“ Beispielsweise der Danube Professional MBA Biotech and Pharmaceutical Management. Der englischsprachige Lehrgang ist in sieben General-Management- und vier Vertiefungsmodule gegliedert, darunter Marketing and Sales, Biotech and Pharmaceutical Management oder Business Performance Management. „Der Bedarf an gut ausgebildeten Mitarbeitern in der Pharmabranche steigt, der Trend geht aufgrund der demografischen Entwicklung nach oben“, so Ogertschnig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.03.2014)

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