Es muss nicht nur Mozart und Beethoven sein

Musik. Man denkt in erster Linie an Klassik oder Gesang – doch es gibt zahlreiche Sparten, die gute Karrierechancen versprechen: Film und Media, Alte Musik oder die Wissenschaft der musikalischen Kultur.

In Deutschland ist das Angebot für Ausbildungen im Bereich populäre Musik und Jazz in den vergangenen zehn Jahren sukzessive gewachsen. Das führte laut Deutschem Musikrat auch zu einem Anstieg der Studierenden; mehr als doppelt so viele wollen akademische Pop- oder Jazzmusiker werden. Auch hierzulande sind Ausbildungen in diesem Bereichen vorhanden. Einsteigen in die populäre Musik kann man an der Pop-Akademie der Johann Sebastian Bach Musikschule in Wien. Weiterführende Popmusik-Studien bietet das Konservatorium Wien in den Fächern „Pop-Instrumente/Gesang“ und „Songwriting“ an. Eng verbunden mit dem Pop ist die Filmmusik, Stichwort „Titanic“. „Einige unserer Dozenten sind als Filmmusikkomponisten in Hollywood tätig und bringen die Kenntnisse des amerikanischen Filmmusikgeschäfts in den Unterricht ein. Davon profitieren die Studierenden in hohem Maß, da der Maßstab von vornherein dieser wichtige Filmmusikmarkt ist“, sagt Eva Maria Stöckler, Leiterin des Zentrums für Zeitgenössische Musik (ZZM) an der Donau-Universität Krems. Das ZZM richtet den Masterstudiengang „Music for Film and Media“ aus, an dem Komponisten wie Ali N. Askin („Türkisch für Anfänger“), Mike Moran („Time Bandits“) und Marcelo Zarvos („Inside Hollywood“) lehren. In fünf berufsbegleitenden Semestern lernen die Studenten, wie man für Orchester komponiert, sowie Grundlagen der Akustik, der Betriebswirtschaft und des Musikmanagements.

Nicht nur für den Spielfilm

„Das große Geschäft ist aber nicht der Spielfilm, sondern die zahlreichen Möglichkeiten, die sich durch den Umbruch in der Medienwelt entwickelt haben, seien es Computergames, audiovisuelle Beiträge für Webseiten, Facebook-Seiten von Medienunternehmen oder Blogs. Hier sind völlig neue Bereiche entstanden“, erläutert Stöckler.

„Jazz ist die Musik, die sich am meisten in den Moment begibt, die gegenwärtigste Musik, das ist aufregend, besonders, wenn man nahe am Geschehen ist“, sagt Christoph Cech, Leiter des Instituts für Jazz und improvisierte Musik an der Anton Bruckner Privatuniversität. Hier kann man den künstlerischen Master im Fach „Jazz und improvisierte Musik“ absolvieren. Neben Pflichtmodulen setzt man dabei Schwerpunkte in den Bereichen „Neue Musik“, „Musikpädagogik“ oder „Kulturmanagement“. Auch am Konservatorium Wien kann man Jazz studieren, für acht Instrumente inklusive Stimme sowie Jazz-Komposition und Arrangement.

Improvisationen spielen im Jazz eine wichtige Rolle, ebenso bei der Musik des Mittelalters, der Renaissance und des Barock, kurz bei der Alten Musik. Festivals, die diese Richtung in den Mittelpunkt stellen, boomen: Die „Resonanzen“ in Wien, die „Internationalen Barocktage im Stift Melk“ oder die „Festwochen der Alten Musik“ in Innsbruck melden Besucherrekorde. Entsprechend verzeichnen auch die Ausbildungen der Musiker zunehmendes Interesse. „Schon immer waren und sind junge Menschen fasziniert von Alter Musik und entdecken mit großem Forschergeist die ursprüngliche Aufführungspraxis wieder“, sagt Dorothee Oberlinger, Leiterin des Instituts für Alte Musik am Mozarteum Salzburg. Das Masterstudium auf historischen Instrumenten werde immer beliebter. „Hat jemand beispielsweise die Oboe gelernt, ist er neugierig, wie sich Musik auf einer Barockoboe anhört“, erzählt sie. Deshalb bietet das Mozarteum ab Herbst 2014 neue, einschlägige Studiengänge an: historische Aufführungspraxis, Barockgesang, Traversflöte und Barockoboe. Auch an der Universität für Musik und darstellende Kunst kann man sich der historischen Musikpraxis widmen. Ziel des vierjährigen Universitätslehrgangs ist es, größere Vertrautheit mit den besonderen Interpretationsbedingungen, Aufführungs- und Spielpraktiken der Musik des 17. bis frühen 19. Jahrhunderts zu erlangen und Erfahrungen mit Originalinstrumenten zu sammeln.

Interdisziplinäre Studien

„L'art pour l'art“ könnte man auch dem Studium der Musikologie an der Universität Graz unterstellen. Und doch ist es mehr, was man in diesem Fach lernt: „Musikwissenschaft bringt viele verschiedene Fächer zusammen, darunter Geschichte, Kulturwissenschaften, Anthropologie/Ethnologie, Physik, Psychologie, Neurowissenschaften, Soziologie, Philosophie/Ästhetik, Informatik. Musikstudierende müssen sich mit ganz unterschiedlichen wissenschaftlichen Ansätzen und Erkenntnistheorien auseinandersetzen“, erklärt Richard Parncutt, Leiter des Zentrums für Systematische Musikwissenschaft. Doch Musikologie ist nicht gleichzusetzen mit Musikwissenschaft, so Parncutt: „Musikologie entspricht einem aktuelleren Verständnis von Musik und Musikwissenschaft als Teil von Kultur, vor allem bezogen auf die Herausforderung der Globalisierung und kulturwissenschaftliche Anforderungen.“

Wer das Masterstudium absolvieren möchte, braucht entweder den entsprechenden Bachelor oder eine fachliche Vorbildung, wie etwa musikalische Früherziehung, Studiotechnik oder Musiktherapie. Und genau in diese Richtungen zieht es auch die Absolventen: „Aufgrund der ständigen technischen Entwicklungen kann ein Studierender sogar einen neuen Beruf für sich selbst schaffen, der zu Beginn des Studiums nicht existiert hat.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.03.2014)

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