Probieren studieren

Weinflaschen
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Serie Traumberuf: Geschmackstester. Da das Leben zu kurz für schlechten Kaffee, sauren Wein oder schales Bier ist, sind Sommeliers oder Baristas immer gesucht.

Ob es sich um edlen Wein, seltene Bierspezialitäten oder erlesenen Kaffee handelt, die Zahl der Anhänger des hohen Genusses nimmt in Österreich stetig zu. Das bestätigt nicht zuletzt der starke Andrang, den einschlägige Ausbildungen genießen. Und während viele eher berufliche Ziele vor Augen haben, wollen manche einfach ihren persönlichen Genuss erhöhen – und etwa lernen, wie der perfekte Espresso gelingt, bierige Sondereditionen gebraut werden, oder was einen Jahrhundertwein ausmacht. Unterrichtet werden die Interessenten von Experten, die mit viel Herzblut bei der Sache sind – manchmal mit einer gehörigen Portion missionarischem Eifer.

Tausendmal probieren

Auch wenn Walter Kutscher zugibt, dass es für angehende Sommeliers von Vorteil sei, über die natürliche Gabe „gut schmecken und riechen können“ zu verfügen, so macht er auch weniger Begabten Hoffnung: „Es hat noch keinen Teilnehmer gegeben, der das nicht lernen konnte“, so der Leiter der Diplomsommelierausbildung des Wifi Wien. Schließlich werden im Rahmen der mehrmonatigen Ausbildung ein paar hundert Weine verkostet und etliche Fachdegustationen sowie Wein-Events besucht werden. Darüber hinaus können sich die Teilnehmer auch privat treffen, um gute Tropfen zu verkosten, um sich für die im Lehrplan vorgesehenen Blindverkostungen vorzubereiten. Wer künftig Gäste dabei unterstützen möchte, den für sie perfekten Wein zu trinken, muss schließlich über umfassendes produktspezifisches Know-how verfügen.

„Verfügt man über keine einschlägigen Erfahrungen, so wird die Ausbildung zum Diplomsommelier trotzdem eine schwer zu nehmende Hürde sein“, räumt der Experte ein. Um sich mit dem angesehenen Titel schmücken zu können, müssen zwei aufeinander aufbauende Lehrgänge absolviert werden – nämlich die Ausbildung zum Weinexperten sowie jene zum Sommelier Österreich. Im finalen Ausbildungsschritt stehen unter anderem Inhalte wie Verkostungstechnik, Weinbau international sowie Gourmetkunde auf dem Lehrplan. „Auch wenn das früher nicht so gesehen wurde, muss ein Sommelier heute auch Kommunikationsfähigkeit mitbringen“, so Kutscher. Weiters sei viel Sensibilität gefragt, um sich in die Vorlieben der Gäste hineinversetzen zu können.

Durst mit Wissen stillen

Während in den Wifi-Lehrgängen auch über den Tellerrand hinausgeschaut wird und Bier, Spirituosen und nicht alkoholische Getränke wie Aufgussgetränke thematisiert werden, geht es in der Ausbildung zum Biersommelier – angeboten von der Spezialitätenmanufaktur Hofbräu Kaltenhausen unter Autorisation und Schirmherrschaft des Verbands der Brauereien Österreichs – ausschließlich um das „flüssige Gold“. Zur Zielgruppe gehören Vertreter der Gastronomie und des Getränkehandels ebenso wie private Aficionados. Kursleiter, Braumeister und Diplombiersommelier Günther Seeleitner spricht von einer „einmaligen Gelegenheit, mit mehr Wissen zu wahrem Genuss zu kommen“. Im Mittelpunkt der Ausbildung stehen Themen wie unterschiedliche Bierstile, Biersensorik, Kochen mit Bier bis hin zum Bierbrauen. Die Absolventen sind dazu berechtigt, die Berufsbezeichnung Biersommelier zu führen. Den Erfolg unterstreicht nicht zuletzt die Tatsache, dass der zweite – ab dem 2.Mai stattfindende – Ausbildungskurs bereits ausgebucht ist. Einschlägige Kurse bieten unter anderem auch die Ottakringer Brauerei, die Stiegl-Brauerei sowie die Mohrenbrauerei an.

Davon, dass das Leben zu kurz für schlechten Kaffee ist, ist Johanna Wechselberger überzeugt. Ihre Vienna School of Coffee bietet Baristas und Kaffeeliebhabern eine Reihe von einschlägigen Kursen an– darunter auch jenen zum Profibarista. Wie auch Kutscher ist Wechselberger davon überzeugt, dass man die Geschmacksnerven trainieren kann. Sind diese allerdings einmal an einen gewissen Standard gewöhnt, vermisse man das Gewohnte aber auch sehr schnell sehr stark. So findet es die Vizeweltmeisterin, Kaffeerösterin und Buchautorin sehr erfreulich, dass mittlerweile eine Handvoll Baristas eigene Lokale in Wien eröffnet haben. Nachholbedarf, was guten Kaffee betrifft, sieht sie dagegen in der Spitzengastronomie. „Zu einem soliden Angebot gehört dabei nicht viel mehr als jeweils ein paar mit der Espressomaschine und per Filtermethode zubereitete Sorten.“ Zu Letzteren zählt sie etwa einen sanften und runden afrikanischen sowie einen fruchtig-spritzigen brasilianischen Kaffee.

Geschmacksnerven trainieren

Bei der School of Coffee lernen jeweils vier bis sechs Kaffeefreaks, über einen Zeitraum von viereinhalb Tagen alles, was für den optimalen Genuss der edlen Bohne notwendig ist: von Herkunft und Anbau über Technik und Sensorik bis hin zum perfekten Milchschäumen. Daher wird bei der Ausbildung sehr viel Zeit an der Maschine verbracht, so die Expertin, die von „zig Zubereitungsmethoden“ spricht. Absolventen verfügen jedenfalls über das entsprechende Fachwissen, um in der Gastronomie zu arbeiten – sprich Gäste bei der Wahl des richtigen Kaffees kompetent zu beraten und diesen auch perfekt zuzubereiten.

An private Kaffeefreaks richten sich die jeweils dreistündigen Homebarista-Kurse zu den Themen Espressomaschine, Milchschaum und Filtermethoden.

Web:www.wifiwien.at


www.kaffee-experten.at

www.kaltenhausen.at

www.ottakringerbrauerei.at

www.mohrenbrauerei.at

www.stiegl.at

http://viennaschoolofcoffee.at

LEXIKON

www.kaffeezentrale.atSommelier: Französisch für Kellner. Auch zuständig für Bestellung, Lagerung und Lagerbestand des Sortiments. Unter Wein- oder Biersommelier versteht man einen Experten des jeweiligen Produkts, von Geschmacksbestimmung bis zur Wertschöpfungskette.

Barista: Italienisch für Barkeeper. Im englischen und deutschen Sprachraum ein Experte, der Getränke auf Basis von Espresso fachgerecht zubereitet und serviert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.05.2014)

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