Locker per Du mit dem Prof?

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Online-Knigge. Offizielle Regeln für die Kommunikation an Hochschulen, zwischen Studenten und Lektoren, gibt es kaum. Dennoch sollte man einiges berücksichtigen, möchte man nicht negativ auffallen.

Yo, Prof, was geht?“ Alte Höflichkeitsfloskeln bleiben in der Kommunikation zwischen Studierenden und Lehrenden zunehmend auf der Strecke, neue werden erprobt. Zu diesem Schluss kam schon die vor zwei Jahren veröffentlichte Studie Jan Seiferts, Dozent für Germanistische Linguistik an der Uni Bonn. Er wertete 500 E-Mails von Studenten und Lehrenden aus. Demnach wissen viele Studenten nicht, wie man sich situationsadäquat ausdrückt. Und allgemeingültige Online-Regeln für Hochschulen gibt es – noch immer – nicht.

Und in Österreich? „Ich würde nicht sagen, dass der generelle Ton heute respektloser ist“, so Martin Ortner, verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit der Studiengänge Multi-Media-Art & Multi-Media-Technology der FH Salzburg. „Tatsache ist aber, dass gewisse altbekannte Höflichkeitsformen in sozialen Medien zunehmend erodieren.“ Er vermutet eher Unkenntnis als Mutwilligkeit hinter dieser Entwicklung.

Immer erreichbar per Facebook

Wie andere Studiengänge hat Multi-Media-Art seit Längerem einen eigenen Facebook-Channel. Dieser werde auch intensiv genutzt. Ortner: „Wir sehen den Channel als wichtiges Tool, um Interessenten anzusprechen – nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass heute E-Mails viel weniger wahrgenommen werden.“ Ortner selbst setzt das Medium aus diesem Grund auch ein, um mit Studenten direkt zu kommunizieren. „Die Studenten sind mit ihren Smartphones heute ständig online“, sagt er. „Und viel leichter zu erreichen als per Mail.“

Offizielle Regeln für die Kommunikation mit den Studenten gebe es nicht, so Ortner. Allerdings kenne und nutze man die Social Media Guidelines der Wirtschaftskammer Österreich. Dabei handelt es sich um Empfehlungen und Anleitungen zum positiven Umgang mit sozialen Medien, die eigens für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) entwickelt wurden. „Auf der anderen Seite sitzt ein Mensch wie Sie. Höflichkeit und Professionalität sollten auch im Web eine Selbstverständlichkeit sein“, heißt es da unter anderem.

Wie in Salzburg hat man an der FH Oberösterreich keine Etikette für Online-Kommunikation oder soziale Netzwerke formuliert. Im Masterstudiengang Kommunikation, Wissen, Medien beschäftigt man sich allerdings intensiv mit der Materie, vor allem im Zusammenhang mit dem Projekt Sparkling Science des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, BMWFW. Tanja Jadin, die für die pädagogische Programmkoordination zuständig ist, hat dafür die Kommunikation in sozialen Netzwerken beleuchtet. Aus der Untersuchung kann sie drei Verhaltensempfehlungen ableiten: Authentizität, Wertschätzung, Kritikfähigkeit. „An einer Hochschule und im beginnenden Berufsleben schließt das nicht aus, sich etwa über eine berufliche Plattform in ein gutes Licht zu stellen oder seine Meinung zu vertreten.“ Doch man solle auch bei Kritik, „sachlich und konstruktiv bleiben und sich so verhalten, als würde man mit der Person persönlich kommunizieren“. Sie selbst ist mit ihren Studenten nicht auf Facebook befreundet. „Ausnahmen sind (baldige) Absolventen, etwa im 6. Semester, da akzeptiere ich etwaige Freundschaftsanfragen oder stelle welche.“ Ob es dabei zum Du kommt, „hängt ebenfalls von der Situation ab“.

Wie Jadin halten es viele Lektoren: Keine eisernen Regeln, aber grundsätzliche Richtlinien. Denn man sollte sich immer bewusst sein, dass man mit jedem Like oder Kommentar Informationen über sich preisgibt – und überlegen, ob man das will.

UNILEBEN IM INTERNET

Der Umgang mit sozialen Medien an Hochschulen ist unterschiedlich – Facebook-Freundschaften zwischen Professoren und Studenten gibt es durchaus, sie sind aber nicht die Regel. Häufiger sind Facebook-Gruppen, auch Blogs und Twitter werden genutzt. Wichtiger werden die Umgangsformen: Sachlicher Umgang mit Kritik oder Freundlichkeit werden als Soft Skills gewertet. Als Faustregel gilt: Steife Förmlichkeit muss nicht sein, lockere Höflichkeit empfiehlt sich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.06.2014)

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