Hernstein Management Report: Gesundheit als Betriebskapital

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Das Thema Gesundheitsmanagement gewinnt immer mehr an Bedeutung. Was Führungskräfte in Deutschland und Österreich dazu sagen.

„Die Weisen heilen, was noch nicht krank ist“ – diese chinesische Weisheit spricht sich langsam auch in den Chefetagen größerer Unternehmen herum. Betriebliche Gesundheitsvorsorge wird – wegen der demografischen Entwicklung,  des Wettbewerbs um qualifizierte Mitarbeiter und nicht zuletzt des Kostenfaktors Krankenstand – immer mehr zum Thema.

Auch das Hernstein-Institut für Management und Leadership hat sich unter dem Titel „Gesund führen – Modeerscheinung oder Erfolgsfaktor?“ des Themas angenommen und veröffentlicht eine Reihe von Reports dazu. Nach „Gesundes Führen“ („Die Presse“ berichtete) liegt nun der aktuelle Report „Gesundheitsmanagement“ vor.

Dieser belegt klar, dass das Gesundheitsbewusstsein in den Führungsetagen angekommen ist. Für fast 90 Prozent der rund 1100 befragten Führungskräfte bringt eine gesunde Belegschaft auch mehr Produktivität. Rund 70 Prozent sehen die Mitarbeitergesundheit als wichtigen Wettbewerbsfaktor.

Maßnahmen noch ausbaubar

Bezüglich der Konsequenzen ist das Bild etwas ambivalenter. Während die Hälfte meint, dass Gesundheitsmanagement in ihrem Unternehmen einen ausreichenden Stellenwert habe, schätzen 24 Prozent diesen als zu gering ein. Etwa 60 Prozent haben in ihren Unternehmen einschlägige Programme eingeführt, wobei nur 13 Prozent diese als „umfassend“ bezeichnen.

Wenig überraschend sind es vor allem größere Unternehmen, die solche Programme etabliert haben. Während laut Hernstein-Report zwischen Deutschland und Österreich keine Unterschiede auszumachen sind, gibt es zwischen den Branchen große Abweichungen. Der Handel, die Bau- und Immobilienbranche sowie der Dienstleistungssektor sind tendenziell eher säumig, was Gesundheitsprogramme angeht.

Auch wenn der Wert der Mitarbeitergesundheit prinzipiell außer Frage steht, findet die derzeitige Diskussion nicht bei allen Führungskräften Anklang. Zwei Drittel meinen, dass die Begriffe Gesundheit und Gesundheitsmanagement teilweise inflationär verwendet werden, ein Viertel hält es für einen kurzfristigen Hype. Wobei statistisch ein klarer Zusammenhang zwischen vorhandenem Gesundheitsprogramm im Unternehmen und der Einstellung der Führungskräfte zu dem Thema festzustellen ist. Für die Autoren des Hernstein-Reports ein Indiz dafür, dass betriebliche Gesundheitsprogramme die Sichtweise auf „Gesundes Führen“ positiv beeinflussen.
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Im Fokus des Hernstein-Reports stehen primär die Führungskräfte. Entsprechend wurde auch gefragt, ob diese selbst vorhandene Programme nutzen. Das tun 50 Prozent von ihnen „teilweise“, 15 Prozent geben an, die betrieblichen Gesundheitsprogramme „intensiv“ zu nutzen. Wobei sich zielgruppengerechte Angebote, die sich dezidiert an Führungskräfte richten, besonders hohen Zuspruchs erfreuen und von 75 Prozent genutzt werden.

Ein Aspekt der Gesundheit im Unternehmen, der in den vergangenen Jahren in den Fokus der Öffentlichkeit geraten ist und wohl die Diskussion auch angefacht hat, ist das Burn-out.

Evaluierung gegen Burn-out

In Österreich ist eine Evaluierung der psychischen Belastungen im Rahmen des Arbeitsinspektorats gesetzlich vorgesehen, in Deutschland macht sich der Bundesrat für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin für das Thema stark.
In den Betrieben angekommen sind derlei Evaluierungen allerdings nur teilweise. Über die Hälfte der Befragten gibt an, dass in ihrem Unternehmen keinerlei diesbezügliche Erhebungen stattgefunden haben. Nur 17 Prozent berichten von einschlägigen Untersuchungen in den letzten zwölf Monaten. Der Rest gibt länger zurückliegende Erhebungen an oder kann sich nicht erinnern beziehungsweise nicht beurteilen, ob eine solche stattgefunden hat.

Wo sie stattgefunden hat, wurden die Evaluierungen von 40 Prozent als sehr, von 36 Prozent als teilweise hilfreich beurteilt. Dass es Maßnahmen zur Vermeidung psychischer Überlastung bedarf, zeigt der Umstand, dass acht von zehn Führungskräfte bereits Burn-out-Fälle im eigenen Unternehmen erlebt haben, vier von zehn sogar bei direkt von ihnen geführten Mitarbeitern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2014)

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