Viele Wege führen an die Uni

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Studieren ohne Matura wird immer beliebter. Mit Prüfungen kann man sich für einzelne Studiengänge qualifizieren. Ganz ohne formale Vorbildung geht es aber nicht.

Die Zahl der Studenten ohne Matura ist in den vergangenen Jahren gestiegen – Tendenz weiter steigend. Allerdings gibt es in der Alpenrepublik noch reichlich Spielraum nach oben. Denn der Anteil an Studierenden, die sich auf dem Wege einer Berufsreifeprüfung, Studienberechtigungsprüfung oder der Anerkennung von Lern- und Berufserfahrung einen Studienplatz gesichert haben, liegt hierzulande bei sechs Prozent, was im europäischen Vergleich einen Platz im unteren Drittel bedeutet. Zum Vergleich: In England und Wales liegt dieser Anteil bei 29, in Schweden bei 27 und in Spanien bei 17 Prozent.

Der überwiegende Teil der österreichischen Nichtmaturanten – rund zwei Drittel – erlangt über die Berufsreifeprüfung die Berechtigung zu studieren, die aber nicht an einer Universität abgelegt wird.

An den Universitäten spielt die Studienberechtigungsprüfung eine wichtige Rolle. Wie diese letztlich gehandhabt wird, hängt vom jeweiligen Haus ab. Allen gemein ist, dass die Studienberechtigungsprüfung nur den Zugang zu der konkreten Studienrichtung ermöglicht, für die sie abgelegt wurde.

An der Universität Wien kann die Studienberechtigungsprüfung nicht nur für das eigene Haus, sondern auch für andere Bildungseinrichtungen – unter anderem Fachhochschulen und Kollegs – abgelegt werden. „Das sollte im Vorfeld jedoch mit der gewünschten Bildungseinrichtung geklärt werden“, empfiehlt Roland Steinacher vom Büro des Rektorats der Universität Wien. Die hauseigene angebotene Studienberechtigungsprüfung setze sich jedenfalls aus fünf Prüfungen zusammen: einem Deutschaufsatz, drei Prüfungen, die abhängig sind von der Fachgruppe des angestrebten Studiums – also beispielsweise eher natur- oder geisteswissenschaftlich geprägt sind – sowie einem das jeweilige Studium betreffenden Wahlfach.

Vorbildung notwendig

Wie Steinacher erklärt, kann nicht jeder zur Studienberechtigungsprüfung antreten. „Eine formale Voraussetzung für die Zulassung ist eine gewisse fachspezifische Vorbildung, die über eine normale Ausbildung hinausgeht“, sagt er. Dabei könne es sich etwa um eine Lehrabschluss- oder Meisterprüfung handeln, ebenso wie um eine andere Form der Ausbildung. Ob die erlangte Vorbildung letztlich ausreicht, wird von der Antragsstelle geprüft. Die Zulassung zur Studienberechtigungsprüfung dauert in der Regel nicht mehr als vier Wochen. Nachsatz: „Eine gute Vorbereitung kann das Verfahren beschleunigen.“ Einschlägige Vorbereitungskurse werden von einer Reihe von Institutionen angeboten, unter anderem an Volkshochschulen, dem Wifi und dem BFI. Die VHS-Lehrgänge werden jährlich von rund tausend Personen besucht. Sie sind zweisemestrig und finden zwei- bis dreimal in der Woche, tagsüber oder abends, statt. Laut John Evers, zuständig für die Strategie Bildungsabschlüsse in der Stabsstelle der Geschäftsführung, kann man nicht von einer homogenen Gruppe sprechen, obwohl es sich beim Großteil um „junge Erwachsene“ unter 25 Jahren handelt. Daneben gibt es allerdings auch viele ältere Personen mit jahrelanger Berufspraxis. Ein großes Plus an Teilnehmern hat es in den vergangenen Jahren bei Vorbereitungslehrgängen für das Colleg für Kindergartenpädagogik gegeben.

An den heimischen Fachhochschulen haben rund sieben Prozent der Studenten die Studienberechtigung über einen sogenannten „alternativen Zugang“ erworben. Überdurchschnittlich hoch ist der Anteil an Studierenden ohne Matura mit rund zwölf Prozent an der FH Burgenland. Um dieser Zielgruppe den Zugang zu einem Bachelorstudium zu erleichtern, wird ein kostenloser Vorbereitungslehrgang für die Zusatzqualifikationsprüfungen angeboten. Wie Rektor Gernot Hanreich erklärt, handelt es sich dabei um ein zwei Semester dauerndes Programm, das aus Präsenz- und Fernlehreinheiten besteht und auf dem jeweiligen Wissens- und Erfahrungsschatz der Teilnehmer aufbaut. Im Falle eines positiven Abschlusses wird man zum gewählten Bachelorstudiengang zugelassen – nicht zu allen. Daher spricht Hanreich von einer „eingeschränkten Alternative zu den Studienberechtigungsprüfungen“.

Vorteile auf dem Arbeitsmarkt

Der Experte sieht für seine maturalosen Absolventen auf dem Arbeitsmarkt hervorragende Chancen. „Gerade Menschen, die bereits einen Beruf erlernt haben und danach eine akademische Ausbildung absolvieren, sind sehr gefragt.“

Im Zusammengang mit der Studienberechtigungsprüfung sehen Experten allerdings auch eine Reihe von Problemen. Dazu gehört laut Evers etwa, dass es unterschiedliche rechtliche Regelungen für verschiedene Bildungswege gibt. Tatsächlich muss etwa jemand, der die Studienberechtigungsprüfung für eine Universität ablegen möchte, mindestens 20 Jahre alt sein. Bei jener für Kollegs wird hingegen ein Mindestalter von 22 Jahren vorausgesetzt. „Damit sind Leerläufe und Parallelen verbunden, die es zu beheben gilt“, so Evers. Eine weitere Einschränkung, die nicht nachzuvollziehen ist, sei, dass bestimmte Studienberechtigungsprüfungen nur von EWR-Bürgern absolviert werden können. Als ein „besonderes Schmankerl“ bezeichnet der Experte, dass jemand, der an einer FH studieren möchte, die Studienberechtigungsprüfung in der Regel an einer Universität machen muss.

Web:www.univie.ac.at, www.vhs.at


www.bifi.at, www.wifiwien.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2014)

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