Lebensräume entwerfen

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Serie Traumberuf: Innenarchitekt. Ein Gebäude oder einen Raum sinnvoll zu planen gelingt nicht durch Außensicht – auch die Gestaltung der Innenräume braucht Profis.

Interesse, mit Farben, Materialien und Licht Innenräume zu gestalten, die Bereitschaft, sich mit der Struktur von Grundrissen auseinanderzusetzen und darüber hinaus im Rahmen der Realisierung von Projekten mit diversen Professionisten zusammenarbeiten zu können – das gehört zu den Anforderungen eines Innenarchitekten. Trotz oder vielleicht wegen dieser Vielfältigkeit ein durchaus beliebtes Berufsziel. Eigene Studiengänge zu dem Thema gibt es allerdings bis auf wenige Ausnahmen nicht. Die Innenarchitektur wird in Österreich vielmehr als Teilaspekt der Architektur gesehen und daher auch in diesem Studium behandelt.

„Innenarchitektur ist ein sehr schwieriges Feld“, sagt Roland Gnaiger, Leiter der Studienrichtung Architektur an der Kunstuniversität Linz. Dafür benötige man ein extrem hohes Know-how und Detailverständnis. Allerdings weniger, was Vorhänge und Tapeten oder andere optische Details betreffe, sondern vielmehr einen Überblick über verschiedenste Materialien mit dem Ziel, sie zu einem gesamtheitlichen Konzept zu verbinden. „Daher ist es auch üblich, in einem Architekturbüro nur die besten und erfahrensten Mitarbeiter mit Fragen der Innenarchitektur zu beauftragen“, so der Architekt und Professor.

Überblick versus eigenes Studium

Der Loslösung der Innenarchitektur aus der Architektur und der Etablierung als eigener Disziplin steht Gnaiger kritisch gegenüber. Dann laufe man Gefahr, das Große und Ganze aus den Augen zu verlieren. „Am schönsten ist es, wenn die Architektur eines gesamten Hauses in sich konvergent ist“, so der Experte. Zudem sei es schwer, die Schnittstelle zu definieren, an der die Arbeit des Architekten aufhöre und jene des Innenarchitekten beginne. Nachsatz: „Als Architekt sieht man auch die Gestaltung der Innenräume als integralen Bestandteil der eigenen Idee.“

„Innenarchitektur wird fälschlicherweise als erste Karrierestation angesehen und zudem oft mit Raumausstattung gleichgesetzt, was natürlich viel zu eng gedacht ist“, so Christine Schwaiger, seit Kurzem Leiterin des Masterstudiengangs „Raum & Informationsdesign“ der New Design University (NDU). Vielmehr gehe es unter anderem darum, über die Organisation von Grundrissen in die Struktur von Gebäuden einzugreifen. In St. Pölten zielt man im Rahmen des Innenarchitekturstudiums darauf ab, einen ganzheitlichen Blick auf architektonische Problemstellungen zu vermitteln, ebenso wie ein Verständnis für den interdisziplinären Ansatz der Innenarchitektur mit ihren Schnittstellen zu Produkt- und Kommunikationsdesign sowie zur Kunst.

Für Schwaiger ist es wichtig, dass sich ihre Studierenden nicht nur mit konzeptionellen Projekten beschäftigen, sondern „das Leben beobachten“ und entsprechend Lösungen entwickeln, die das Leben der Menschen verbessern. Daher würden sie sich etwa im Rahmen der Semesterprojekte mit greifbaren und vor allem derzeit relevanten Themen wie Autobahnraststätten, Büros oder Umnutzungen auseinandersetzen. Im Fall der Autobahnraststätten – die im Zusammenhang mit der Mobilität des modernen Menschen eine wichtige Rolle spielen – machten sich die Studierenden etwa Gedanken über neue, zusätzliche Nutzungsmöglichkeiten. „Sie sollen lernen, nicht Stereotypen zu bedienen, sondern neue Gebiete zu erschließen“, so Schwaiger.

Kurse für Beruf und Hausgebrauch

Neben dem Angebot der NDU oder den technischen Universitäten gibt es in Österreich noch eine Reihe von Programmen, die sich mit der Gestaltung von Innenräumen beschäftigen. Zu den erfolgreichsten gehört seit Jahren der vom BFI Wien angebotene Diplomlehrgang Interior Design. Erst dieses Frühjahr haben wieder 83 Personen das tages- und berufsbegleitende Programm, das sich aus insgesamt neun Modulen zusammensetzt, abgeschlossen und sich so intensiv damit auseinandergesetzt, wie man professionell Räume gestalten kann, in denen man sich wohlfühlt. Im Oktober startet mit dem Diplomlehrgang Raumcoach erstmals eine weitere Ausbildung, die sich mit einem ähnlichen Thema beschäftigt. „Wir wollen den Teilnehmern vermitteln, wie man mittels Farben, Materialien, Formen und Accessoires eine Atmosphäre schafft, die man auch spüren kann“, so der Lehrgangsleiter Robert Pap.

„Mit dem Programm sollen einerseits Leute angesprochen werden, die sich beruflich weiterentwickeln oder spezialisieren wollen, andererseits auch jene, die lediglich ihre eigenen vier Wände aufpeppen möchten“, erklärt Pap. Egal welchen Beweggrund man letztlich hat, Voraussetzung dafür, einen Raum richtig wahrnehmen zu können, sei es, seine persönliche innere Ruhe zu finden. „Wir wollen die Leute dazu bringen, zu verstehen, welche Gefühle Räume auslösen und welche Rolle in diesem Zusammenhang Farben, Formen, Materialien und Accessoires spielen“, so Pap.

INFORMATION

Innenarchitektur ist Teil des Architekturstudiums an der TU-Wien, der TU-Graz, der Uni Innsbruck, der Angewandten, der Akademie der bildenden Künste, der Kunstuni Linz, der FH Kärnten und FH Joanneum.

Spezialisierte Ausbildungen: „Innenarchitektur & 3-D-Gestaltung“ (BA, MA) und „Raum und Informationsdesign“ (MA), New Design University, oder Kurse wie „Interior Design“ am BFI Wien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2014)

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