Heldentaten für die Mitarbeiter

Symbolbild Mesnchen
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Storytelling. Wenn Führungskräfte ihre Botschaften effizient im Unternehmen kommunizieren wollen, sollten sie diese als Geschichte verpacken. Kommunikationsexpertin Silvia Ettl-Huber erklärt in ihrem Buch, wie.

Im Marketing setzt man schon länger auf das Storytelling als Instrument zur Vermittlung von Botschaften. Hier weiß man um die Tatsache, dass narrative Elemente eine starke Wirkung auf die Empfänger von Botschaften haben, erzählende Texte schneller gelesen und ihre Inhalte genauer und länger in Erinnerung bleiben. Nach anfänglichen Verunglimpfungen als „G'schichtldrucken“ hat sich mittlerweile die Erkenntnis durchgesetzt, dass professionelles Storytelling helfen kann, eine Unternehmenskultur zu stärken oder zu verändern, in Change-Prozessen wertvolle Hilfe leistet und Werte transportiert.

Zuhören können

Was beim Einsatz dieser Methode für die interne Kommunikation zu beachten ist, erklärt Silvia Ettl-Huber, Studiengangsleiterin Information, Medien, Kommunikation an der Fachhochschule Burgenland und Herausgeberin des diesen Sommer erschienenen Buchs „Storytelling in der Organisationskommunikation“. Die Expertin hat dabei erst einmal schlechte Nachrichten für begeisterte Selbstdarsteller, die eine Gelegenheit wittern, noch mehr reden zu können: „Gutes Storytelling beginnt mit Zuhören“, erklärt sie, „denn zunächst einmal muss ich herausfinden, welche Geschichten derzeit im Unternehmen erzählt werden.“ Und zwar überall: Von der Kaffeeküche bis zu den Management-Meetings gelte es, die Ohren offen zu halten und herauszufinden, was die Menschen im Unternehmen bewegt. „Es entsteht eine andere Haltung zum Unternehmen und die Kommunikation wird authentischer, wenn ich weiß, was im Unternehmen erzählt wird und was die Mitarbeiter über uns sagen“, so die Buchautorin.
Wobei das Geheimnis erfolgreichen Storytellings immer auch darin liegt, die richtigen Geschichten auszuwählen – was der Technik häufig die Kritik einbringt, sie sei manipulativ und subjektiv. Ein Vorwurf, den Ettl-Huber so nicht stehen lassen will: „Natürlich muss man beim Geschichtenerzählen immer auswählen“, räumt sie ein, „aber das tue ich bei der Präsentation von Charts auch. Zum Beispiel macht es mitunter einen großen Unterschied, ob ich die Zahlen der letzten fünf oder der letzten zehn Jahre präsentiere.“
Also geht es darum, die Menschen mit den richtigen Geschichten aus dem Unternehmenskosmos zu erreichen, und dafür muss auch das Management zunächst einmal begreifen, wann etwas eine Geschichte ist. „Die Nachricht, ,Wir haben im Vorjahr mehr verkauft‘, ist keine Geschichte“, sagt die Expertin. Denn auch, wenn dieses wunderbare Ergebnis für das Management noch so ergreifend ist, um zu einer Geschichte zu werden, braucht es ein zusätzliches Ereignis. „Dass etwas erst zu einer Geschichte wird, wenn Bewegung in die Sache kommt, ist vielen nicht klar“, schreibt sie in ihrem Buch, neben der zeitlichen Abfolge braucht eine Geschichte auch eine Kausalität, das Hinzufügen sogenannter binärer Konzepte wie Leben und Tod, Krieg und Frieden macht sie umso besser.
Was das im Unternehmenskontext – der ja an der Oberfläche oft keine Kriegsdramen aufzuweisen hat – funktioniert, zeigt die Autorin am Beispiel des Hybridautos auf. „Die Tatsache, dass jemand ein Hybridauto erfunden hat, bietet viel Storypotenzial (Neuigkeit, Nutzen), ist aber noch keine Story. Dazu wird sie erst, wenn beispielsweise ein Forscher eine bahnbrechende Entdeckung macht (erstes Ereignis), sich im zeitlichen Wettstreit gegen ein konkurrierendes Unternehmen durchsetzt (zweites Ereignis), um das erste Hybridauto serienreif zu machen (drittes Ereignis).“
Und damit hat die Story neben allen Formalien auch das, was jede gute Geschichte braucht: einen Helden. Für die Besetzung dieser Rolle bietet sich natürlich in der internen Kommunikation von Haus aus der Chef an, aber auch andere Protagonisten finden in einer guten Geschichte Platz. So lassen sich die klassischen Archetypen vom Helden über den Herold und den Mentor bis zum Schatten aufs Spannendste mit Vorständen, Assistenten, Produktentwicklern und dem Mitbewerb besetzen (siehe Kasten), und motivieren genauso für die Schlacht um Mordor wie für den Kampf um den Kunden.
„Für die Heldenrolle kann man das Unternehmen selbst hernehmen oder abstrakte Helden finden“, erklärt Ettl-Huber, aber auch der Chef selbst könne seine persönliche Heldengeschichte erzählen: Wie er schon als Kind davon träumte, leisere Autos zu bauen, und welche Hindernisse er auf dem Weg dahin überwinden musste. Hier darf die Geschichte durchaus persönlich werden, solange es in irgendeiner Form noch mit dem Unternehmen zu tun hat; die gescheiterte letzte Ehe und die schwere Kindheit gehören bei allem Persönlichen aber nicht hierher.

Achtung, Konflikte

Ein anderes Tabu, das derzeit noch beim Storytelling in der Unternehmenskommunikation besteht, ist das Erzählen von Negativem – obwohl hier laut Ettl-Huber noch einiges an Potenzial vorhanden ist. „Mit dem Konflikt als Basis einer Geschichte tut sich die PR noch schwer“, so die Autorin, „aber das wäre mal eine Geschichte: Der Chef, der sich bei der Weihnachtsfeier hinstellt und sagt ,Vor einem Jahr standen wir kurz vor der Pleite, aber dann . . .“. Es gäbe nach Ettl-Hubers Ansicht momentan nur wenige Redner, die die Größe hätten, eine solche Geschichte zu erzählen, was eigentlich schade sei: „Denn das wäre die ultimative Heldengeschichte“, ist sie überzeugt. Und wie lange die im Gedächtnis bleiben, wissen wir ja schon seit Troja.

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