Orientierung: Was neue Bosse wissen müssen

(c) AP (Eckehard Schulz)
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Management-modelle im Urteil der Experten.

Endlich am Ziel: Nachwuchsführungskräfte haben zumeist mit vollem Einsatz auf die Beförderung hingearbeitet. Hoch motiviert packen sie nun ihre neue Herausforderung an, arbeiten sich ein und suchen, während sie das Tagesgeschäft erledigen, auch noch nach ihrem eigenen Führungsstil. Doch wie soll man sich im Dickicht der Managementmoden und -methoden orientieren?

Klassiker: Führen mit Zielen

Norma Karner, Geschäftsführerin der Catro Media Personalberatung, warnt jedenfalls vor hochtrabenden Ankündigungen: „Große Worte zu machen ist ein großer Fehler. Man kann das Kommando auf einer Schiffsbrücke nur führen, wenn man das Schiff kennt. Es gilt, in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Informationen aufzusaugen und das Team kennenzulernen.“ Sie empfiehlt „Führen mit Zielen“ (Management by Objectives), einen Klassiker unter den Managementkonzepten: klare Ziele vorgeben, die Leistung der Mitarbeiter überprüfen, konstruktiv kritisieren. Und vor allem: delegieren.

Finger weg von Extremen

Denn wer stattdessen auf „Micromanagement“ setzt, erweist weder sich selbst noch den Mitarbeitern oder dem Betrieb einen guten Dienst. „Der Ausdruck Micromanagement ist in der Führungsforschung und in der Managementlehre neu, wenngleich das Verhalten uralt ist“, sagt Helmut Kasper, Leiter des Lehrgangs „Advanced Post Graduate Management MBA“ der WU Executive Academy. Micromanagement bedeutet „Einmischung und Führung bis ins kleinste Detail. Die Organisationsmitglieder werden bevormundet und trivialisiert.“ Die Konsequenz: Unternehmen verlieren „wesentliches Humanpotenzial durch Abwanderung der Besten und Guten“, sagt Kasper, denn „trivialisieren lassen sich Menschen nur dann, wenn sie keine anderen Optionen haben.“ Der „War of Talents“ gehe verloren.

Kasper warnt allerdings ebenso wie Michaela Kern, Leiterin des „College Leadership“ des Wifi Management Forums, vor dem Gegenteil: dem Laissez-faire. „Macht, was ihr wollt – das kann es nicht sein“, betont die Trainerin. „Laissez-faire ist kein Führungsverhalten, sondern schlichtweg Nicht-führen“, meint der WU-Professor. „Es verursacht Orientierungslosigkeit und demotiviert, weil keine Ziele, keine Perspektive und keine Vision von Führungskräften wahrgenommen werden“, so Kasper.

Wie aber kann man den richtigen Weg einschlagen? Grundsätzliche Aufgabe einer Führungskraft ist es, einerseits die Richtung im Kopf zu haben, in die es gehen solle, und andererseits die geeigneten Rahmenbedingungen zu schaffen, sodass jeder Mitarbeiter sein Potenzial entfalten kann, sagt Kern: „Führung hat etwas mit Vertrauen zu tun.“ Und: Führung sei „eine innere Haltung“. Wer sich selbst führen – also organisieren – könne, habe Potenzial, auch andere zu führen.

Trend: Komplexitätsmanagement

Kasper sieht den aktuellen Führungstrend dabei im „Komplexitätsmanagement“: „Nicht Trivialisierung und Simplicity sind gefragt, sondern der Umgang mit komplexen Situationen. Dazu braucht es auch komplexe Ansätze wie das Führen in systemtheoretischer Perspektive, weil gesamte Systeme beobachtet werden müssen, damit Steuerung überhaupt möglich ist.“ Ebenfalls wichtig sind das Vorbildverhalten von Führungskräften, im Fachjargon „symbolisches Management“ genannt, und die soziale Kompetenz, mit der Emotionalität der Mitarbeiter umzugehen.

Gemeinsame Werte definieren

Kasper empfiehlt zudem, weniger dem Einzelnen Vorgaben zu machen, als insgesamt im Unternehmen Spielregeln einzuführen. Hier setzt auch Silvia Schlager mit ihrem Unternehmen Eutonia an, das Schulungen zum Thema „Wertemanagement“ anbietet. Im Rahmen einer „Handlungskultur“ im Unternehmen werden dabei Werte ausgewählt, die man sich gemeinsam vornehme einzuhalten. Die Liste möglicher Werte ist lang und reicht von Achtsamkeit und Akzeptanz über Entscheidungskraft und Gelassenheit bis zu Höflichkeit oder Respekt.

Doch Führung kann man auch ohne fixe Methode lernen. Karner: „Orientieren Sie sich an positiven Beispielen, suchen Sie den Erfahrungsaustausch. Nehmen Sie vertiefende Angebote wie etwa Coaching wahr. Seien Sie für konstruktive Kritik aus den eigenen Reihen offen und lernen Sie daraus.“

AUF EINEN BLICK

Klassische Managementtheorie, z. B. „Führen mit Zielen“, hat sich bewährt, weil sie den Mitarbeitern das richtige Maß von Freiraum und Kontrolle bietet.

Um Führen zu lernen, sollte man in kurzer Zeit möglichst viel Information über das Unternehmen sammeln sowie Anregungen und Feedback von Kollegen aufgreifen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.10.2008)

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