Berufsvorbildend: „Eine Art Angst vor Veränderungen“

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Wie wichtig ist Österreichs Hochschulen die Employability – und wie passt das zu Humboldts Bildungsidealen? Unis und Fachhochschulen haben dazu unterschiedliche Ansätze.

So kompetent der Dozent auch sein mag und so fesselnd die Vorlesung: Nur 38 Prozent der Studierenden in Deutschland fühlen sich gut auf den Beruf vorbereitet, zeigen vom „Spiegel“ veröffentlichte Daten (Onlinebefragung 2013 unter 50.000 Studierenden). Auf EU-Ebene zählt Employability, so der internationale Terminus für „Beschäftigungsfähigkeit“, zu den zehn Prioritäten bis 2020. In Österreich ist die Beschäftigungsfähigkeit weder im Fachhochschulstudiengesetz (FHStG) noch im Universitätsgesetz (UG 2002) ein explizites Ziel, wird aber indirekt in einigen Passagen angesprochen.

Sichere Basis

Dass sich Fachhochschulen und Universitäten nicht nur in den gesetzlichen Grundlagen, sondern auch in der tatsächlichen Einstellung zum Thema Beschäftigungsfähigkeit stark unterschieden, weiß Hochschul-Consulter Yves Schneuwly. Das Beratungsunternehmen Universum, in dem Schneuwly tätig ist, führt in Österreich Studentenbefragungen zu deren Zufriedenheit mit der Hochschulqualität durch. 2014 wurde der Schwerpunkt auf Employability & Career gelegt und für die Universum Student Survey 2014 6600 Studierende an 25 heimischen Unis und FHs befragt. Die Bestgereihten (bei den Universitäten: Montanuniversität Leoben, Wirtschaftsuniversität Wien, Technische Universität Wien; bei den Fachhochschulen: MCI Management Center Innsbruck, FH Oberösterreich und IMC FH Krems) wurden mit dem Image Award Top University 2014 ausgezeichnet.

„Es geht auch in der Wirtschaft nicht mehr um reine Effizienz oder Wissensvermittlung zur Effizienzsteigerung. Wichtig ist lebenslanges Lernen“, so Schneuwly. Viele Unis hätten diesen Prozess noch nicht integriert. „Wir sehen dort eine Art Angst vor Veränderungen – und vor der Zusammenarbeit mit Arbeitgebern. Die FHs sind in Bezug auf die Employability zukunftsfähiger aufgestellt.“
Kulturpessimisten, die die Breite der universitären Ausbildung durch das Schielen auf Beschäftigungsfähigkeit bedroht sehen, tritt Schneuwly entgegen. „Wenn eine Hochschule sich auf die Employability fokussiert, heißt das nicht, dass das Humboldt'sche Bildungsideal – also die ganzheitliche Ausbildung – in Gefahr gebracht wird“, ist er überzeugt. „Im Gegenteil: Eine gute Employability bietet jungen Menschen Sicherheit in Bezug auf die weitere professionelle Entwicklung, die fachliche Expertise mit einem modernen Mindset, praktischen Erfahrungen und Sozialkompetenzen integriert.“

Pflichtpraktikum an der Uni

An der Montanuniversität Leoben sieht man in der Stärkung der Grundlagenfächer nicht einen Widerspruch zur Berufsvorbereitung, sondern eine Voraussetzung dafür. „Das Wissen der Menschheit vermehrt sich mit zunehmender Geschwindigkeit. Der Stand aktueller Erkenntnisse kann in wenigen Jahren überholt sein“, so Rektor Wilfried Eichlseder. „Was sich nicht beziehungsweise am langsamsten ändert, sind die Grundlagen in den technischen Fächern, den Naturwissenschaften und der Mathematik.“ Beherrsche man diese, sei auch die vorher beschriebene Fähigkeit zur Anwendung auf neue Aufgabenstellungen am besten gegeben. Zur Vorbereitung auf das Berufsleben sind angewandte Fächer vorgesehen und mehrmonatige Praktika vorgeschrieben. „Das erlaubt, neben dem Einblick in den beruflichen Alltag, auch, potenzielle Arbeitgeber kennenzulernen – und umgekehrt. Eine Symbiose, die sich bewährt hat“, sagt Eichlseder. „Die Ausbildung in den Grundlagen muss aus genannten Gründen bleiben, was nicht bedeutet, dass die Inhalte und Ziele von Zeit zu Zeit zu hinterfragen und bei Bedarf zu adaptieren sind.“

Selbstverantwortung an der FH

Für den Sieger bei den Fachhochschulen – dem MCI – gab es Spitzenwerte in puncto Zufriedenheit, Loyalität und Employability seitens der Studierenden.
„Employability beginnt bereits bei den anspruchsvollen und mehrstufigen Aufnahmeverfahren und setzt sich danach unmittelbar fort“, so MCI-Qualitätsmanagerin Brigitte Auer. „Wir versuchen, ab dem ersten Studientag Sensibilität für das Thema Employability bei unseren Studierenden zu erzeugen und betonen die Wichtigkeit von Selbstverantwortung und Engagement“, ergänzt Brigitte Huter, Leiterin des Career Centers der Hochschule. „In diesem Sinn können unsere Studierenden nach Geschmack, Interesse und Bedarf aus dem Angebot von Zusatzleistungen – Sprachkursen, Career Workshops, Seminare, Podiumsveranstaltungen, interdisziplinären Kamingesprächen – wählen und ihr persönliches Profil schärfen.“

Interessant für die Hochschulleitung sind auch die Erfahrungen der Absolventen nach dem Studium. „In diesem Zusammenhang erheben wir in standardisierten Absolventenbefragungen die Relevanz des Studiums für die Karriereentwicklung und berufliche Position, Dauer der Arbeitssuche und Gehaltsentwicklung“, sagt Auer. Ergänzend dazu wird laut Huter auch die Meinung der Arbeitgeber abgefragt. „Wir erfassen sie systematisch nach Praktika und Projekten und spiegeln sie mit Einschätzungen der Studierenden.“

Informationen

Employability für Absolventen ist im Gesetz nicht explizit vorgesehen, wird in der Praxis aber als sehr wichtig gesehen.

Web: www.wu.ac.at, www.tuwien.ac.at,
www.unileoben.ac.at, www.mci.edu, www.fh-ooe.at, www.fh-krems.ac.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2014)

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