Lobbying: Schlechter Ruf, gute Chancen

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Was professionelle Interessensvertretung (nicht) ist, wo man was dafür lernen kann, und womit man es auf keinen Fall verwechseln sollte, will man damit erfolgreich sein.

Drei Jahre Haft für Korruption: Das brachte einem der bekanntesten „Lobbyisten“, Ernst Strasser, seine Definition von Branchenkenntnis ein. Auch andere Vertreter mit ähnlicher Arbeitsauffassung sorgen immer wieder für Gesprächsstoff und Gerichtsverhandlungen.

Sehr zum Ärger jener, die dem Lobbying professionell gegenüberstehen. „Das seltsame Verhalten seltsamer Personen“, sagt der Beratungsunternehmer Michael Sprinzl, sei schuld daran, dass dem Begriff Lobbyismus ein gewisser Geruch anhafte. Deren Gebaren habe jedoch nichts mit der Tätigkeit seriöser Interessenvertretung zu tun, von der Sprinzl überhaupt lieber spricht, um von „dieser Düsternis“ wegzukommen.

So auch am BFI in Wien, wo er im April das Seminar „Erfolgreiche Interessenvertretung“ leiten wird. Die Hauptzielgruppe sind Vertreter von vorwiegend mittelständischen Unternehmen und Vereinen, die lernen möchten, bestmöglich ihre „Interessen an Meinungsbildner und Entscheidungsträger heranzutragen“, etwas, das sogar in der Menschenrechtskonvention verankert sei, so Sprinzl.

Keine Erfolgsprämien

Dafür gibt es einige kommunikative Methoden, die man im Kurs ebenso lernt wie gewisse Richtlinien, um nicht die Grenzen des Zulässigen, „man könnte auch sagen des Anstands“, zu überschreiten. Dazu zählt etwa, das Geschäftliche mit politischen Vertretern in einem Büro und nicht bei einem Vier-Gänge-Menü in einem Vier-Hauben-Lokal zu besprechen. „Es ist auch heute in der professionellen Interessenvertretung Common Sense, dass es keine Erfolgsprämien gibt, denn das verführt dazu, unsauber zu arbeiten“, erklärt Sprinzl. Neben dem BFI-Seminar hält er auch zwei Lehrveranstaltungen im postgradualen Lehrgang Public Communication am Publizistik-Institut der Universität Wien, außerdem eine Vorlesung im Studiengang Europäische Wirtschaft und Unternehmensführung der BFI-Fachhochschule. Diese habe ursprünglich den Titel „Public Affairs und Lobbying“ getragen, sagt Sprinzl, das Lobbying habe er dann aber doch streichen lassen. Sein Unterrichtsziel sei es jedenfalls, „die Studenten dazu zu bringen, gewisse Dinge einfach besser zu machen“.

Wunsch nach Partizipation

In diesem Streben ist er nicht allein. Lobbying alias Interessenvertretung alias Public Affairs scheint, meist in Form einzelner Lehrveranstaltungen, in den Curricula diverser Studien auf. Manchmal, wie eben an der Uni Wien, ist es im Fachbereich Publizistik angesiedelt, ein andermal im Marketing & Kommunikationsmanagement, wie etwa an der FH Kufstein. Ausführlicher wird das Thema etwa im Rahmen des berufsbegleitenden Masterstudiengangs Politische Bildung an der Donau-Uni Krems behandelt. „In den vergangenen Jahren kamen immer wieder Anfragen von verschiedenen Universitäten und Fachhochschulen, ob wir zum Thema Public Affairs eine Vorlesung halten können“, sagt Andreas Kovar, Geschäftsführer der Public-Affairs-Agentur Kovar & Partners. Eine dieser Vorlesungen hält er jedes Semester gemeinsam mit Gabriel Lansky am Juridicum Wien, in Zusammenarbeit mit der Austria Presse Agentur fanden und finden zudem Seminare unter dem Titel „Unternehmensinteressen effektiv vermitteln“ statt. Die Nachfrage sei sehr groß, alle Seminare seien ausgebucht, sagt Kovar – ein Indiz dafür, dass die Bedeutung professioneller Interessenvertretung in Österreich, überhaupt in ganz in Mitteleuropa, steigt.

Die Gründe dafür, so sieht es Kovar, sind der wachsende Wunsch nach politischer Partizipation in der Gesellschaft und die Ausgliederung und Internationalisierung von Unternehmen. „Es ist fast eine Art Wettrüsten in der Interessenvertretung, was hier stattfindet.“ Das nötige Rüstzeug lässt sich allerdings nicht an einer Universität lernen, jedenfalls nur ein gewisses Grundwissen, auf das aufgebaut werden muss. So sei es, sagt Kovar, sicher eine gute Idee, Jus, Betriebswirtschaft oder Politik zu studieren. Dann können üblicherweise zwei Wege in die Public Affairs münden: jener über ein Unternehmen, vorwiegend über dessen Rechtsabteilung, und jener über die Politik. Das scheint schlüssig, zumal die Tätigkeit als Lobbyist Wissen über die vertretene Partei, also das Unternehmen oder die Interessenvertretung, ebenso voraussetze wie über juristische und politische Zusammenhänge.

Kein Kommunikationsjob

„So viele Aspekte die Arbeit auch umfasst, sie ist kein Kommunikationsjob“, sagt Kovar, dabei handle es sich um ein recht hartnäckiges Missverständnis. Kommunizieren, präsentieren und auftreten zu können sind natürlich notwendige Bedingungen, aber bei Weitem nicht die wichtigsten. Dazu gehört auch Erfahrung, besonders dann, wenn man die Mitarbeit in einer Agentur anstrebt. Mindestens sieben bis zehn Jahre sind es laut dem Geschäftsführer im Fall von Kovar & Partners, und zwar zu etwa gleichen Teilen in den Bereichen Politik, Interessenvertretung, darunter auch NGOs, und Innenpolitik- oder Wirtschaftsjournalismus – eine umfassende Entwicklung.

Information

Lobbying ist eine Form der Interessenvertretung in Politik und Gesellschaft. Interessengruppen versuchen, vor allem durch die Pflege persönlicher Verbindungen, Exekutive, Legislative und öffentliche Meinung zu beeinflussen. Gängige Bezeichnungen sind Public Affairs, politische Kommunikation und Politikberatung.

Web: www.bfi-wien.at, www.fh-kufstein.ac.at,
www.fh-vie.ac.at, www.postgraduatecenter.at,
www.publicaffairs.cc

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2014)

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