Spezialisten für aktuelle Themen

Bildung
Bildung(c) www.BilderBox.com (www.BilderBox.com)
  • Drucken

Neue Studienangebote befassen sich mit Zukunftsfragen wie Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung und Energieversorgung.

Nach wie vor sucht die Wirtschaft händeringend nach Technikern. Der Bedarf an Absolventen in klassischen Disziplinen wie Elektronik, Informatik und Maschinenbau wird bei Weitem nicht abgedeckt. Etlichen neu konzipierten Technikstudien hingegen ist vermehrter Zuspruch sicher, da sie auf Herausforderungen des 21. Jahrhunderts reagieren. Drei aktuelle Beispiele.

•Verpackungstechnik

Das neue Bachelorstudium Verpackungstechnologie an der FH Campus Wien verzeichnet bereits jetzt zahlreiche Anmeldungen, obwohl es erst ab Herbst dieses Jahres startet. Die gute Nachfrage dürfte zum einen am modernen Zuschnitt liegen – hier geht es um Themen wie Entsorgung, Recycling und Nachhaltigkeit von Verpackungen. „Wenn man bedenkt, dass in Entwicklungsländern 40 Prozent der landwirtschaftlichen Güter verderben und in den Industriestaaten 30Prozent der Lebensmittel weggeworfen werden, gewinnt die Reduktion solcher Verluste durch geeignete Verpackungen hohe Bedeutung“, sagt Studiengangsleiter Manfred Tacker. Zum anderen dürfte das gesteigerte Interesse an dieser Ausbildung gerade an deren generalistischer Ausrichtung liegen: Das Studium macht, als einziges im gesamten deutschsprachigen Raum, alle Packmaterialien zum Thema – von Glas bis Karton. Generalistisch bedeutet zudem, dass nicht nur Techniker willkommen sind (obwohl die Inhalte zu 70Prozent technisch-naturwissenschaftlicher Art sind), sondern auch Fachleute anderer Disziplinen wie beispielsweise Grafiker oder Ernährungswissenschaftler.

Für Berufstätige ist auch die Organisationsform attraktiv: fünf Präsenzmodule pro Semester, jeweils von Donnerstag bis Samstag. Das wichtigste Asset des Studiums dürften jedoch die guten Berufsaussichten sein. „Die Industrie braucht diese Absolventen ganz dringend. Sie hat den Anstoß zu dem Studium gegeben, es mitentwickelt und stellt Praktikumsplätze zur Verfügung“, sagt Tacker. Der Biochemiker und Lebensmitteltechnologe, der auch an drei Universitäten lehrt, betont nicht nur die Kooperationen mit der Industrie, sondern auch mit einer Reihe von Hochschulen.

•Reinraumtechnik

Die Lebensmittelbranche zählt auch zu den Wachstumsmärkten einer ganz anderen Technologie. „Der Lebensmittelmarkt legt zunehmend auf die Reinraumtechnik Wert, um auf künstliche Konservierungsmittel verzichten zu können und eine höhere Produktsicherheit zu erreichen“, sagt Christine Stöckler-Penz von der TU Graz. Haupttreiber des enormen Wachstums der Reinraumtechnik seien jedoch die Mikroelektronik, Elektronik und Mechatronik, aber auch die Medikamentenherstellung sowie der gesamte Gesundheitsbereich und die Forschung.

Stöckler-Penz ist Direktorin von TU Graz Life Long Learning, in dessen Rahmen Europas erstes und einziges Studienprogramm für Reinraumtechnik angeboten wird. Der viersemestrige berufsbegleitende Lehrgang brachte kürzlich die ersten „Akademischen Experten in Reinraumtechnik“ hervor. Künftig soll das Programm auch mit Masterabschluss für Personen, die bereits ein Studium absolviert haben, angeboten werden.

Auch das Grazer Studium wurde durch einen Schulterschluss der Technischen Universität mit Industriepartnern sowie mit dem steirischen Humantechnologie-Cluster etabliert und stellt ein Novum dar. In Deutschland und der Schweiz zum Beispiel gebe es nur Kurse und Seminare auf diesem Gebiet, jedoch kein Angebot auf Studienebene, sagt Stöckler-Penz. „Die Komplexität der Zusammenhänge verschiedener Technologien und die Anforderung an die Sicherheit sowie den Umweltschutz sind mittlerweile so wichtig, dass es nahezu eine zwingende Notwendigkeit geworden ist, dieses Spezialgebiet durch ein Hochschulstudium abzudecken.“ Reinraumtechnik sei daher für ganz verschiedene Berufsgruppen als Zusatzausbildung interessant, etwa für Mikroelektroniker, Verfahrenstechniker, Medizintechniker, Anlagenplaner und für Ingenieure aus der Pharma- und Lebensmittelindustrie.

•Nachhaltige Energiesysteme

Das Schlagwort Nachhaltigkeit ist zwar nicht mehr neu. Dennoch kann man bei dem internationalen Masterstudium Sustainable Energy Systems, zu deutsch Nachhaltige Energiesysteme, das die FH Oberösterreich seit Herbst in Wels anbietet, von einer Novität sprechen. Das Studium ist – so wie auch das Welser Masterprogramm Öko-Energietechnik – zu 80 Prozent technisch ausgerichtet. Hier wird entsprechende Vorbildung in Fächern wie Elektronik, Mechanik, Mechatronik oder Automatisierung vorausgesetzt. „Unsere Absolventen können die Produkte, um die es in der nachhaltigen Energiewirtschaft geht, etwa Wärmekessel oder Biomasseheizungen, selbst entwickeln. Sie müssen solide naturwissenschaftliche Grundlagen zur Ökoenergietechnik und Energieeffizienz bekommen“, sagt Studiengangsleiter Peter Zeller. Auch er kann auf hervorragende Rückmeldungen seitens der Industrie verweisen, die den Studierenden schon jetzt beste Einstiegschancen zusichert.

Aus Zellers Sicht geht die Funktion des Studiengangs allerdings weit darüber hinaus, den Absolventen das Rüstzeug für den Arbeitsmarkt zu geben. Man denke globaler und wolle eine Art Brückenfunktion zwischen international tätigen Arbeitgebern und Studierenden aus aller Welt einnehmen. Immerhin seien in dem Masterprogramm Teilnehmer aus 14 Nationen vertreten, von Malaysien bis zum Sudan. „Internationale Ausrichtung bedeutet wesentlich mehr, als im Unterricht Englisch zu sprechen“, sagt Zeller. Für die Studierenden sei es eine immense Bereicherung, bereits im Studium mit Kollegen aus aller Welt zusammenzuarbeiten. Und Betriebe haben die Möglichkeit, „für ihre Auslandsaktivitäten Mitarbeiter aus den Ländern zu akquirieren, wo sie ihre Niederlassungen betreiben“. Aufgrund der guten Erfahrungen mit Sustainable Energy Systems soll in Wels im Oktober 2015 mit Electrical Engineering ein weiteres internationales Masterstudium starten.

INFORMATION

Verpackungstechnologie:

Bachelorstudium (berufsbegleitend)

FH Campus Wienwww.fh-campuswien.ac.at

Reinraumtechnik:

Universitätslehrgang und Masterstudium.

TU Graz – Life Long Learning

www.LifeLongLearning.tugraz.at

Sustainable Energy Systems (SES):

FH Oberösterreich, Standort Wels:

Masterprogramm (Vollzeit) www.fh-ooe.at/ses

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.