Traumberuf Astronom: Astro mit viel Physik

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Um den Weltraum zu studieren, muss man in die Welt hinausziehen und Mathematik mögen. Mit dem Fernrohr Sterne anzusehen steht nicht auf dem Lehrplan.

Unendliche Weiten . . . Der Sternenhimmel übt auf viele eine große Faszination aus. Wer sich beruflich damit beschäftigen will, merkt rasch, wohin die Reise geht. Aus dem Institut für Astronomie an der Universität Wien – der einzigen in Österreich, die ein konsekutives Bachelor- und Masterstudium in diesem Fach anbietet – ist, wie auch anderswo, das Institut für Astrophysik geworden. „Astronomen versuchen, Objekte des Universums mit physikalischen Methoden zu beschreiben“, erklärt Astronomie-Studienprogrammdirektor Ernst Dorfi. „Astrophysik ist daher die modernere Bezeichnung und trifft das Fach besser als die reine Positionsbeschreibung der Himmelsobjekte, die ursprünglich mit Astronomie gemeint ist.“ Das Studium selbst heißt an der traditionsbewussten Wiener Uni dennoch weiter Astronomie.

Die Tätigkeit der Astronomen lässt sich laut dem Experten in zwei Segmente einteilen: die beobachtende Astronomie, die längst nicht nur das sichtbare Licht, sondern auch Radio- und Gammastrahlen umfasst und vielfach – weil manche Wellenlängen von der Atmosphäre absorbiert werden – mit Satelliten durchgeführt wird. Und die Theorie, die sich heute stark auf Computersimulationen stützt.

Materie in Extremzuständen

Astronomen sind also in erster Linie Physiker und Programmierer, die Grundlagenforschung betreiben und sich mit Materie in extremen Zuständen befassen. Das klischeehafte Bild des Forschers hinter einem Fernrohr gilt nicht einmal für jene, die beobachten – die vom Teleskop aufgenommenen Daten werden elektronisch übermittelt, oft über den halben Erdball. „Wenn überhaupt, reist man zu den großen Teleskopen nur, um eigene Messinstrumente zu installieren“, berichtet Dorfi. Hier liegt das verbreitetste Missverständnis, das auch so manchem Studienanfänger unterläuft. Etwa ein Drittel komme mit falschen Vorstellungen, weiß Dorfi. Im Astronomiestudium gefragt ist nicht die Kenntnis der Sternbilder, sondern Liebe zu Mathematik und Physik. Die Zahl der Studienanfänger, in Wien rund 120 pro Jahr, ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, was Dorfi auf die Präsenz des Fachs in den Medien zurückführt. Etwa die Hälfte davon tritt nach dem Bachelor in den Master über.

Der Weg zu einer wissenschaftlichen Karriere ist allerdings weit, ein anschließendes PhD-Studium Pflicht. Spätestens dann folgt eine Phase des „Herumvagabundierens“ mit jeweils zwei- bis dreijährigen Post-Doc-Anstellungen im Ausland. Laut Dorfi hat sich die Situation heimischer Absolventen mit dem Beitritt Österreichs zur ESO (Europäische Südsternwarte) 2009 deutlich verbessert. „Es ist nun leichter, an Projekte zu kommen.“ Wer mit Leib und Seele dabei sei, mache seinen Weg, ist Dorfi überzeugt. Das seien allerdings nur etwa fünf pro Jahrgang – eine Zahl, die trotz der vermehrten Studienanfänger langfristig gleich geblieben sei. Was aber nicht heißt, dass auf den Rest der Absolventen die Arbeitslosigkeit wartet. Die im Studium erworbenen Grundlagen lassen sich in verwandten Gebieten wie der Telekommunikation einsetzen, aber auch fachfremde Sparten wie Risikomanagement schätzen die Problemlösungskompetenz, so der Experte. „Jeder, der wirklich will, soll Astronomie studieren. Möglichkeiten ergeben sich immer“, meint auch Arnold Hanslmeier, Professor für Astrophysik an der Universität Graz.

Seine Studenten müssen sich kaum Sorgen um die Berufsaussichten machen. In Graz wird Astrophysik als Wahlmöglichkeit innerhalb des Physikstudiums angeboten, die Studenten schließen also als Physiker ab. Was laut Hanslmeier dem internationalen Trend entspricht, auf einen eigenen Astronomie-Bachelor zu verzichten. Bereits im Bachelorstudium müssen alle Physikstudenten inklusive Lehramt in Graz eine Einführung in die Astronomie absolvieren. „Astronomie ist ja oft die ,Einstiegsdroge‘ in die Physik“, so Hanslmeier. Sowohl im Bachelor- als auch im Masterstudium können sich die Studenten auf Astrophysik spezialisieren, wobei die Schwerpunkte der Forschung in Graz vor allem in den Bereichen Sonnenphysik, Dunkle Materie und Exoplaneten liegen. In Wien sind ebenfalls Exoplaneten, Habitabilität und Sternentstehung die Spezialgebiete. In Graz gibt es fünf bis 15 Masterabsolventen jährlich, von denen etwa die Hälfte ein PhD-Studium beginnt. Auf sie kommt laut Hanslmeier auch viel Administration wie das Verfassen von Projektanträgen zu. „Die Notwendigkeit, sich selbst zu vermarkten, wird in den Naturwissenschaften unterschätzt“, so der Wissenschaftler.

Mit der ebenfalls geforderten Internationalität leicht tun sich die Absolventen eines außergewöhnlichen Astrophysik-Masters in Innsbruck. Neben der möglichen Spezialisierung im Physikstudium wird in Innsbruck das Erasmus-Mundus-Joint-Master-Programm Astrophysics angeboten. Im Rahmen dieses 2010 gestarteten EU-Programms kann man an fünf Universitäten – Innsbruck, Rom, Padua, Göttingen und Belgrad – ein Astronomiestudium durchlaufen.

Ein Studium an fünf Unis

„Das erste Semester findet immer in Innsbruck statt und dient vor allem dazu, alle auf einen gemeinsamen Stand zu bringen“, so Sabine Schindler, Vizerektorin für Lehre an der Uni Innsbruck. Danach können die Lehrveranstaltungen und die Masterarbeit an jedem der fünf Standorte absolviert werden. „Wir empfehlen, möglichst viel herumzukommen und jedes Semester woanders zu studieren“, so Schindler. Zudem kann die Masterarbeit mit zwei Betreuern an verschiedenen Unis geschrieben werden. Großer Vorteil ist laut Schindler die internationale Vernetzung, die auf dem weiteren Berufsweg hilfreich ist. Von den Absolventen beginnen die meisten das Doktorat als Start einer wissenschaftlichen Laufbahn. Die Studenten, die teilweise durch Stipendien unterstützt werden, kommen dabei aus aller Welt, über 100 Bewerber jährlich bei maximal 20 Plätzen. Ausschlaggebend ist neben den akademischen Leistungen auch das Motivationsschreiben.

Information

Astronomie-/Astrophysik-Studien in Österreich.
Uni Wien: Astronomie (BA, MA)
KFU Graz: Spezialisierung im Rahmen des Physikstudiums (BA, MA)
Uni Innsbruck: Spezialisierung im Rahmen des Physikstudiums (BA, MA), Masterstudium Erasmus Mundus Joint Master Program in Astrophysics

Ein PhD-Studim ist an allen drei Standorten möglich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2015)

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