Vereinbarkeit: Mehr Betreuung, mehr Abschlüsse

(c) Clemens Fabry
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Studieren mit Kind und/oder berufsbegleitend ist eine Herausforderung. Mit zahlreichen Maßnahmen versuchen die Unis, Studierenden entgegenzukommen.

Karoline Iber beobachtet seit 15 Jahren, was sich punkto Kinderbetreuung für Studenten und Mitarbeiter an den heimischen Universitäten tut. „Über diesen Zeitraum hab ich gewaltige Fortschritte gesehen, auch was das Problembewusstsein betrifft“, so die Geschäftsführerin und Mitbegründerin des Kinderbüros der Universität Wien. Heute würde man erkennen, dass studierende Eltern eben Kinder haben und daher konkrete Kinderbetreuung brauchen, ebenso wie kompetente Beratung zur Vereinbarkeit. „Studierende mit Kind haben eine andere Lebensrealität“, so die Expertin.

Flexible Zeiten für den Nachwuchs

Sehr zur Verbesserung der Situation hat nach Einschätzung von Iber die Einführung des Wiener Gratiskindergartens beigetragen. Dennoch gebe es weiterhin Handlungsbedarf. „Vor allem in der Kleinkinderbetreuung entspricht das Angebot nicht der Nachfrage.“ Die auch in Wien als Maßstab genommene Empfehlung der EU, dass jedes dritte unter dreijährige Kind einen Betreuungsplatz haben sollte, würde für Studenten und Wissenschaftler mit Kindern in diesem Alter nicht ausreichen. Vor allem Letztere – etwa im Falle eines gerade begonnenen Doktoratsstudiums – könnten nicht einfach so eine dreijährige Wissenschaftspause einlegen.

Das Kinderbüro der Universität Wien bietet insgesamt an mehreren Standorten in der Bundeshauptstadt fünf Kindergruppen für unter Dreijährige an. Die „Forscherflöhe“, „Uni-Spatzen“ oder „Uni-Küken“ werden sowohl vom Nachwuchs der Studenten als auch der Mitarbeiter besucht. Ausschließlich an Letztere richtet sich ein weiteres Angebot. An Tagen, an denen die Kindergärten der Stadt geschlossen sind, wie etwa in der Ferienzeit, können Mitarbeiter der Universität zu stark vergünstigten Bedingungen eine flexible Betreuung in Anspruch nehmen.

An der Johannes-Kepler-Universität Linz gibt es seit nunmehr knapp fünf Jahren die flexible Kinderbetreuung Kidsversity für Kinder im Alter von ein bis zwölf Jahren. Sieben erfahrene Mitarbeiter kümmern sich um den Nachwuchs von Studenten und Mitarbeitern und versuchen, „mit flexiblem Service den besonderen Bedürfnissen junger Eltern an der Universität zu entsprechen“, so Johannes Pracher, Geschäftsführer der Kepler Society. So können die Kinder während der Öffnungszeiten, die auf Basis einer regelmäßigen Bedarfserhebung festgelegt werden, theoretisch jederzeit vorbeigebracht werden. Dazu gibt es eine Notfallbetreuung sowie ein sechs Wochen dauerndes Sommerprogramm. Und kommenden Herbst startet eine eigene Betriebskrabbelstube für die Allerkleinsten.

70 Prozent arbeiten Teilzeit

Wie Pracher bestätigt, ist das umfangreiche Betreuungsangebot auch Teil der Bemühungen, die Studiumsabschlussquote zu erhöhen. Sie sei nämlich etwas niedriger als an anderen Universitäten. In diesem Zusammenhang versuche man jedoch nicht nur, Studierenden mit Kind unter die Arme zu greifen, sondern auch, Berufstätige zu unterstützen. „Rund 70 Prozent unserer Studenten sind berufstätig, davon arbeitet der Großteil Teilzeit“, so Pracher. Daher biete man auch immer mehr Lehrveranstaltungen geblockt am Wochenende oder nach 17 Uhr an.

Auch an der Wirtschaftsuniversität Wien ist der Anteil der Teilzeitberufstätigen unter den Studierenden traditionell sehr hoch. „Vor allem für Masterstudenten ist es sicherlich eine Herausforderung, Beruf und Studium zu vereinbaren“, sagt die Vizerektorin für Lehre, Edith Littich. Das Masterstudium sei nämlich als Präsenzstudium designt – mit dem Hintergedanken, eine qualitativ hochwertige Ausbildung zu schaffen. Allerdings deutet die niedrige Drop-out-Rate darauf hin, dass es den meisten berufstätigen Studierenden ganz gut gelingt, Job und Studium unter einen Hut zu bringen.

Neben den normalen Vollzeitstudien wird an der Wirtschaftsuniversität unter anderem auch das berufsbegleitende Masterstudium Wirtschaftspädagogik angeboten. Laut Littich wird es sehr gut angenommen – es gebe doppelt so viele Interessenten wie Studienplätze. Daher überlege man sich, das Angebot in der berufsbegleitenden Schiene weiter auszubauen. Und auch das Kinderbetreuungsangebot soll ausgeweitet werden. Zu den schon bestehenden drei Kindergruppen wird ein Daycare-Zentrum dazukommen, in das man die Kinder dann ganz flexibel bringen kann. Und natürlich wieder abholen.

Information

Die Situation der Kinderbetreuung an Unis bessert sich. Zwar gibt es immer noch zu wenige Plätze, vor allem für die jüngsten, und die Qualität der Betreuung ist durch die oft alten Personalschlüssel nicht immer zeitgemäß. Im Bewusstsein wird die „Fremdbetreuung“ aber langsam zur „Zusatzbetreuung“. Das liegt auch daran, dass sich immer mehr junge Väter um ihre Kinder kümmern und dabei das Vereinbarkeitsproblem lösen müssen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2015)

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