Bildungsberatung. Laut einer Studie des BFI Wien wechseln Österreicher durchschnittlich dreimal ihr Berufsfeld. Von Beratungsangeboten und Ausbildungen für die Berater.
Einige kommen, weil sie beruflich unzufrieden sind oder Angst haben, wegen der schlechten Arbeitsmarktlage den Job zu verlieren, viele auch, weil sie mit 40 Jahren noch einmal neu durchstarten und etwas Sinnvolles tun möchten, das ihren Interessen mehr entspricht“, sagt Christine Bauer-Grechenig, Geschäftsführerin der Bildungsberatung Biber in Salzburg. Andere müssten aber auch den Beruf wechseln, da sie die vorherigen Aufgaben körperlich nicht mehr ausüben könnten oder psychisch durch ihre derzeitige Arbeitssituation sehr belastet seien.
Laut einer Studie des BFI und FAS Research, die im Januar präsentiert wurde, wechseln Erwerbstätige durchschnittlich dreimal das Berufsfeld. „Die mittlere Verweildauer in einem Segment beträgt 6,23Jahre. Wobei die Menschen in diesem Zeitraum im Durchschnitt für zwei Arbeitgeber arbeiten“, konkretisierte Harald Katzmair, Geschäftsführer von FAS Research. Am meisten gingen die Selbstständigen auf die Suche nach neuen Betätigungsfeldern, am wenigsten wollten oder mussten sich Schüler beziehungsweise Lehrlinge verändern.
Berufs- und/oder Bildungsberater begleiten Wechselwillige in der Zeit des Umstiegs und helfen ihnen weiter. Eine Ausbildung dazu ist der Bildungs- und Berufscoach am BFI. Nach dem neunmonatigen Diplomlehrgang können die Absolventen Menschen, die sich beruflich verändern wollen, in sämtlichen Prozessphasen von der Berufsorientierung über das Feststellen der Kompetenz bis zur Bewerbung und zum Berufseinstieg begleiten.
Veränderungswille ab 30
„Wir beobachten, dass Menschen sich ab dem 30. Lebensjahr mit einem persönlichen Paradigmenwechsel konfrontiert sehen, unzufrieden sind und sich auch beruflich verändern wollen“, berichtet Michaela Baumgartner, Geschäftsführerin von Group Austria. Das Unternehmen bietet eine Trainerausbildung mit dem Schwerpunkt Berufsorientierung und Bildungsberatungskompetenz an. Der vierwöchige Lehrgang umfasst 115Einheiten und vermittelt den Teilnehmern „Inhalte, Methoden und didaktische Werkzeuge zur Umsetzung, damit die künftigen Berater individuell damit arbeiten können“, erklärt Baumgartner. Voraussetzung für die Zulassung ist das vollendete 25. Lebensjahr, eine abgeschlossene Berufsausbildung sowie mindestens zwei Jahre Praxiserfahrung.
40 verschiedene Berufsbezeichnungen
Bislang ist das Betätigungsfeld von Berufs- und Bildungsberatern relativ schwammig abgesteckt, was sich schon allein in der Tatsache spiegelt, dass es bis zu 40 verschiedene Berufsbezeichnungen gibt. Trotzdem: Laut einer Studie des AMS aus dem Jahr 2010 verfügt rund die Hälfte über einen akademischen Grad, vorzugsweise in Pädagogik oder Psychologie. Aber nur etwas mehr als zehn Prozent können eine einschlägige Ausbildung vorweisen. Hier setzt die Donau-Universität Krems an. Der dort angebotene Lehrgang Berufs- und Bildungsberatung soll die Kompetenz der Erfahrung auf ein internationales Niveau heben. Er führt nach drei Semestern zum Abschluss als akademischer Experte, nach vier Semestern zum Master of Arts.
Wer sich beruflich verändern möchte, habe dazu ausreichend Gelegenheit, sagt Ingrid Melter, zuständig für Berufs- und Bildungsberatung am Bundesinstitut für Erwachsenenbildung BIFEB: „In den letzten Jahren hat sich da in den verschiedenen Bereichen sehr viel getan. Aber dass Bildungs- und Berufsberatung all diejenigen erreicht, für die sie hilfreich wäre, ist noch längst nicht der Fall.“ Das BIFEB bietet in diesem Bereich einen dreisemestrigen, berufsbegleitenden Lehrgang an, der unter anderem auch auf die noch relativ neue Onlineberatung (siehe Kasten) vorbereitet, denn „Mail, Chat und Foren haben in der Beratung sicher zugenommen“. Auch am Wifi Wien, das den Diplom-Lehrgang Trainer für Berufs- und Bildungsberatung im Programm hat, ist diese Art der Orientierungsbegleitung Teil der Ausbildung: „Es gibt es zum Beispiel durch Skype auch sehr gute Möglichkeiten, eine Beratung durchzuführen. Wir haben daher ab dem derzeit laufenden Lehrgang die Stunden für das Thema Distance Counselling verdoppelt“, sagt Margit Voglhofer, eine der Lehrgangsleiterinnen.
INFORMATION
Web:www.biber-salzburg.at, www.group-austria.at, www.donau-uni.ac.at, www.bfi-wien.at, www.bifeb.atBildungsberatungonline: Seit Februar 2014 beraten die Bundesländer Burgenland, Oberösterreich, Steiermark und Wien gemeinsam auf der datengeschützten Beratungsplattform www.beranet.at. Das Projekt baut auf der langjährigen Erfahrung der Bildungsberatung Wien auf. Und wird unter www.bildungsberatung-online.atim Lauf des Jahres auch österreichweit angeboten werden.
Eine Infoveranstaltung zur Trainerausbildung findet am 21.Mai um 18:00 Uhr am Wifi Wien statt. Details unter www.wifi.at.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2015)