Finanzierung: Investment in kleinen Portionen

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Mit dem jüngst vorgestellten Gesetz dürfte Crowdfunding auch bei heimischen Anlegern mehr Aufmerksamkeit bekommen. An den Hochschulen ist dies bereits der Fall.

Innovative Finanzierungsformen wie Crowdfunding sind – wenn auch im internationalen Vergleich mit einiger Verspätung – in der heimischen Wirtschaft angekommen. Vor allem für innovative Start-ups oder kleine und mittelständische Unternehmen mit dünner Kapitaldecke stellen sie eine interessante Alternative zu herkömmlichen Instrumenten, wie der Bankfinanzierung, dar. Rechtsunsicherheiten sollten mit einem kürzlich von der Bundesregierung vorgestellten Gesetz, das demnächst in die Begutachtung gehen soll, bald beseitigt sein. Dementsprechend setzen sich auch viele Aus- und Weiterbildungsprogramme mit Crowdfunding auseinander.

Für Nikolaus Franke, Leiter des Instituts für Entrepreneurship & Innovation der WU Wien, ist Crowdfunding nicht eine Krisenfolge, sondern vielmehr unternehmerische Opportunität. „Sie ergibt sich aus veränderten Rahmenbedingungen, im Finanzierungssektor sowie der – auf Internet und mobile Technologien zurückgehende – Connectedness“, so Franke. Banken wären nämlich gar nicht so aufgestellt, um – zumindest potenziell – schnell wachsende Unternehmen zu finanzieren. Mangels Sicherheiten wären die Risken für sie zu hoch. „Die Ressourcen dieser Unternehmen liegen bekanntlich in der Zukunft“, sagt der Experte.

Studenten bewerten Projekte

An der WU Executive Academy beschäftigen Studierende im Professional MBA sich mit dem Thema – konkret in der Spezialisierung „Entrepreneurship & Innovation“. Dabei verfolgt man einen interaktiven Ansatz. Nach einer umfangreichen Vorbereitung, insbesondere anhand von Case Studies, folgt eine intensive Diskussion unter den Studierenden. Darüber hinaus werden auch Start-ups eingeladen. „Sie pitchen ihre Projekte, die Studierenden nehmen die Rolle von Investoren ein, evaluieren das Dargebotene und stellen kritische Fragen.“ Davon würden beide Seiten profitieren: Die Programmteilnehmer lernen, auf der Basis von zuvor erarbeiteten Kriterien Projekte zu bewerten, die Start-ups bekommen wertvolles Feedback und können gleichzeitig an der Kommunikation ihrer Ideen arbeiten.

Auch am Management Center Innsbruck (MCI) stehen innovative Finanzierungsformen längst auf den Lehrplänen, und zwar in den Zertifikatslehrgängen „General Management“ sowie „Innovations-, Produkt- & Prozessmanagement“. Wie Susanne Herzog, Head Executive Education & Development, bestätigt, werde das Thema auch in einigen Modulen eines neuen Programms, des Zertifikatslehrgangs „General Management Compact“, der im Herbst startet, behandelt. Was wenig wundert, schließlich sollen mit dem Lehrgang primär Nachwuchsführungskräfte, Gründer und Jungunternehmer angesprochen werden – und damit jene Zielgruppe, die sich wohl am stärksten mit Crowdinvestment auseinandersetzt. Gründer aus dem universitären Umfeld werden in Tirol übrigens von Cast (Center for Academic Spin-offs Tyrol) unterstützt. „Crowdfunding stellt nicht für jedes Unternehmen die ideale Finanzierungsform dar“, sagt Florian Becke, der dort für Gründungs- und Patentberatung zuständig ist. Es sollte nur bei der richtigen Idee und zum richtigen Zeitpunkt eingesetzt werden.

„Möglicherweise nur Hype“

„Man sollte das Crowdfunding als eines von mehreren Instrumenten im Finanzierungsmix sehen“, schränkt auch Reinhard Zeilinger vom Institut für Unternehmensführung der FH Wien der WKW Wien ein. Seiner Meinung nach handle es sich dabei um ein „neues Mascherl“ für bestehende Instrumente wie etwa Genussscheine oder Darlehen. „Es könnte durchaus auf einen Hype hinauslaufen, der dann sein Ende findet, wenn Anleger negative Erfahrungen machen.“ Dennoch wird Crowdfunding in der Lehrveranstaltung „Financial Management“ des MBA „Management & Communications“ behandelt.

Auch an der Donau-Uni Krems kann und will man sich gegenüber Crowdfunding nicht verschließen. Es wird etwa im Lehrgang MSc Finance – gemeinsam mit anderen Finanzierungsinstrumenten – behandelt. Wie Réka Heim, Fachbereichsleiterin Finance & Economics, erklärt, handelt es sich bei dem Programm um eine Kooperation mit der University of British Columbia in Vancouver. „Dort steckt Crowdfunding längst nicht mehr in den Kinderschuhen“, so Heim.

Noch zu viel Bevormundung?

Dass derzeit ein eigenes Crowdfunding-Gesetz vorbereitet wird, sehen die Experten durchaus positiv. Grundsätzlich sei es wichtig, einen rechtlichen Rahmen und damit Rechtssicherheit zu schaffen, so der Grundtenor. „Gleichzeitig zeigt dies auch, wie wichtig das Thema Entrepreneurship und Innovation in Österreich geworden sind“, so Franke. Allerdings könne man über einzelne Aspekte durchaus diskutieren. So stellt er in den Raum, ob es nicht etwas zu paternalistisch sei, Einzelinvestments zu limitieren – Anleger dürfen nur je 5000 Euro, unter bestimmten Bedingungen 10.000 Euro, investieren. Schließlich bedeute unternehmerisches Denken auch, Eigenverantwortung zu übernehmen. „Man kann es wohl dem Einzelnen überlassen, wie viel er investieren möchte“, so der WU-Professor. Dass die Betreiber von Crowdfunding-Plattformen Konzessionen der FMA benötigen, kann laut Zeilinger wiederum als Scheinsicherheit gesehen werden.

Information

Beim Crowdfunding unterstützt eine große Menge (Crowd) an Investoren mit geringen Beträgen ein innovatives Projekt. In der Regel erhalten sie dafür das jeweilige Produkt, oft zu Sonderkonditionen. Beim Crowdinvestment geht es dem Anleger rein um den finanziellen Vorteil. Renditeerwartungen wie Risiko sind relativ hoch. Letzteres soll durch die Höhe der Investments gesetzlich limitiert werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.04.2015)

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