Funktion, Form und Ästhetik unter einen Hut bringen

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Industrial Design. Bionisch, technisch oder handwerklich, das Ausbildungsangebot ist breit.

So manche Designs sind zu Klassikern geworden, das Tetrapak zum Beispiel, der Barcelona Chair oder der VW Käfer. Wenn es um zeitlose Gestaltung geht, wird auch gern die Natur zitiert und werden ihre Prinzipien unter dem Begriff Bionik auf Gegenstände übertragen. Eine technisch-naturwissenschaftliche Herangehensweise hat man an der Kunstuniversität Linz, aber „im strikt wissenschaftlichen Sinn, nicht als Marketingtupfer im Nachhinein“, wie Elke Bachlmair, Universitätsassistentin im Studiengang Industrial Design, sagt. Unter dem Namen Scionic ist die Verbindung von Physik, Biologie und Technik ein grundlegender Bestandteil des Studiums. Vor allem in der Masterphase, erklärt Bachlmair, sei aber eine individuelle Schwerpunktsetzung möglich, wobei schon die Wahl des Studienstandorts Linz eine gewisse Spezialisierung darstellt, und zwar auf klassisches Industriedesign, noch spezieller: Investitionsgüter. „Besonders bei diesen dabei geht es um wirkliche Innovationen, weniger um solche, die sich nur über die Form definieren“, so Bachlmair. Die Funktionsweise von Investitionsgütern lässt sich selten durch das Verändern von Details verbessern. Das zeigt etwa die Neugestaltung eines Wendepflugs im Rahmen einer Firmenkooperation. Um das Ackergerät, das über die Jahrhunderte zu seiner Form gekommen ist, an die heutigen Einsatzbedingungen anzupassen, nahmen die Studenten grundlegende Änderungen vor, optimierten Kraftflüsse und sparten Material ein. Nicht bei allen Projekten geht es so ans Eingemachte, sagt Bachlmair: „Selbst das Unternehmen ist davon überrascht gewesen, dass Designern so etwas überhaupt möglich ist.“

Bereicherung des Alltags

Neben nützlichen Gerätschaften sollen die angehenden Gestalter auch Produkte entwerfen können, die angenehm anzusehen und zu einem vernünftigen Preis in Serie zu produzieren sind, „die lang Freude bereiten, gut funktionieren und den Alltag bereichern“, wie der Leiter des Studiengangs Industrial Design an der FH Joanneum, Michael Lanz, sagt. Am Alltag orientiertes Design setzt praxisnahen Unterricht voraus, umso mehr an einer FH: Semesterlange Projektarbeiten und Praktika sind auch hier in das Studium integriert, die Zusammenarbeit mit der Industrie ist eng. Für welche Branche entworfen wird, bestimme den Stellenwert von Zweckmäßigkeit und Ästhetik, sagt Lanz. „Gerade Exterior Design ist sehr skulptural, beim Automobildesign steht die Form im Vordergrund.“ Dem Bereich Transportation wird an der FH Joanneum seit jeher verstärkte Aufmerksamkeit gewidmet – ein Nahezu-Alleinstellungsmerkmal in Europa. Wie Lanz erklärt, soll es durch die Schaffung einer eigenen Vertiefungsrichtung künftig möglich sein, sich noch stärker darauf zu fokussieren. Insgesamt ist der Zugang technischer als beispielsweise an der Universität für angewandte Kunst, wo die künstlerische Gestaltung etwas mehr im Vordergrund steht.

Dass sich jeder Designprozess aus Theorie, Kreativität und handwerklichen Fähigkeiten zusammensetzt, wird auch den Studenten am Designkolleg plus Aufbaulehrgang in St. Pölten vermittelt und ist Teil des Schulkonzepts: Voraussetzung für das Studium ist entweder die Reifeprüfung oder ein Fachschul- bzw. Lehrabschluss mit Meisterprüfung, wie Schulleiter Johannes Zederbauer erklärt. Die Absolventen des Aufbaulehrgangs erhalten zusätzlich zum Diplom ein Maturazeugnis. Neben Sprachen, Informatik und wirtschaftlichen Inhalten umfasst der Lehrplan Material- und Fertigungstechniken sowie Baukonstruktion. Sie sind das Theoriegerüst der beiden Themenschwerpunkte Produkt- und Innenraumdesign, „aber unsere Studierenden sind auch viel in der Werkstätte, wo sie Modelle und Prototypen bauen. Man merkt eine Riesensehnsucht der jungen Leute, mit ihren Händen etwas zu schaffen.“ Manche würden nach dem Abschluss den elterlichen Handwerksbetrieb übernehmen, andere etwa als Möbeldesigner arbeiten. Einige schließen ein einschlägiges Studium an, etliche an der New Design University in St. Pölten, nicht nur, weil das so nahe liegend ist: Ein, wie Zederbauer sagt, „attraktives Umstiegsmodell“ ermöglicht es Studierenden bei entsprechend gutem Kollegabschluss, in das zweite Jahr des Bachelorstudiums Innenarchitektur und dreidimensionale Gestaltung oder des Bachelorstudiengangs Design, Handwerk und materielle Kultur einzusteigen.

INFORMATION

Ausbildungen für Industrial Design

•Kunstuniversität Linz: Industrial Design Scionic (B.A., M.A.), www.ufg.ac.at

•Wifi-Kolleg und Aufbaulehrgang Design, www.designkolleg-stp.ac.at

•New Design University: diverse Bachelor- und Masterstudien, zweisemestriger Orientierungslehrgang, www.ndu.ac.at

•FH Joanneum: Industrial Design (B.A., M.A.), www.fh-joanneum.at

Universität für angewandte Kunst Wien: Industrial Design (Diplomstudium), www.dieangewandte.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.05.2015)

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