Frischer Wind braucht mildes Klima

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Um in Wirtschaft und Wissenschaft reüssieren zu können, müssen neue Ideen nicht nur generiert, sondern auch zur Marktreife gebracht werden. Aus- und Weiterbildungen zeigen Kriterien dafür, und welche Wege dorthin führen.

Die beste Idee ist nichts wert, wenn es keinen Markt gibt, der Kunde den Vorteil nicht sieht und daher nichts kauft – oder die Zeit dafür einfach noch nicht reif ist“, so Hans-Christian Pfarrkirchner, Leiter der Innovationsberatung bei ITG – Innovationsservice für Salzburg. „Ohne wirtschaftlichen Erfolg ist es auch keine Innovation.“

Rahmen für Ideen schaffen

„In einer Zeit, in der viele für sich in Anspruch nehmen, innovativ zu sein, ist der Gebrauch dieses Begriffs inflationär geworden. Trotzdem brauchen Unternehmen den frischen Wind, um marktfähig zu bleiben“, ergänzt Michael Dell, der am Wifi Wien Innovationsseminare abhält. „Alleinstellungsmerkmale durch Innovation müssen keineswegs immer mit Hightech zu tun haben – viele erfolgreiche Innovationsideen wurden ohne viel Technik umgesetzt“, weiß der Experte. Und das sei natürlich keineswegs auf Produkte begrenzt, sondern im Dienstleistungsbereich ebenso wichtig. Dass man die idealen Rahmenbedingungen schaffen muss, ist für Dell Grundvoraussetzung.
„In den vielen Innovationsprojekten, die ich durchgeführt habe, hat sich immer wieder gezeigt: Die Pflanze Innovation blüht nur in einem besonderen Klima. Dazu gehören Freiräume, Eigenverantwortung, Austausch, Anregung, Neugierde und die Lust am Experimentieren. Angst und Stress beflügeln nicht. Neben dem Klima braucht man natürlich auch Ressourcen – schnell und einfach zugängliche Mittel“, sagt Nikolaus Franke, Leiter des Instituts für Entrepreneurship und Innovation an der Wirtschaftsuniversität. Seine Abteilung zeichnet für das Studienprogramm SBWL Entrepreneurship verantwortlich, nach seinen Angaben eine der größten und am stärksten nachgefragten Spezialisierungen innerhalb des WU-Bachelors.

Scheitern als Weg

Die FH Wiener Neustadt bietet für Absolventen des Bachelor-Studienganges Marketing & Projektmanagement sowie anderer einschlägiger Studien einen Master in Marketing & Innovationsmanagement an: „Wir wenden uns an Personen, die Schnittstellen zwischen den Disziplinen, Branchen und Berufsfeldern überblicken. Die interessiert sind an allem, was sich gerade an Möglichem und Unmöglichem ergibt“, sagt Astin Malschinger, Leiterin des Campus, des Studienganges und Fachbereichs Marketing. Neben der Interdisziplinarität seien auch die Methoden zur Suche nach bereits bestehenden Lösungen – wie zum Beispiel Crowdsourcing – wichtig. Beim viersemestrigen, berufsbegleitenden Lehrgang treffen die Studierenden auf Lektoren unterschiedlichster Disziplinen und werden mit Projekten aus Technik und Wirtschaft konfrontiert. „Sie werden dazu angehalten, das Studium als Möglichkeit zu begreifen, sich selbst auszuprobieren. Dadurch entstehen Diskurs und Scheitern. Und öfter mal für ein Ergebnis neu anzufangen, wird als sich ständiges Verbessern erfahren“, so Malschinger.
Dass Scheitern ein wertvoller Beitrag beim Suchen und Finden ist, scheint unbestritten – dass es dennoch nicht sonderlich beliebt ist, ebenso. Umso wichtiger ist die Vorgangsweise, die die seit Herbst 2014 implementierte Seminarreihe mit dem Schwerpunkt Innovationsmanagement an der LLL Academy der FH Technikum Wien abdeckt: „Ideen brauchen zur Umsetzung von Innovation vor allem Mitarbeiter, die können, wollen und dürfen. Zum Können gehört eine entsprechende Qualifikation. Zum Wollen gehört eine entsprechende Unternehmenskultur, und zum Dürfen gehört eine entsprechende Führungsstruktur und Prozesslandschaft im Unternehmen“, sagt Gerhard Skoff. Der Seminarleiter, Technologieberater und Inhaber von rund 100 Patenten hat diese Reihe mit fünf mehrtägigen, einzeln buchbaren Modulen initiiert. In den Seminaren zu Ideen- und Innovationsmanagement „werden Zusammenhänge und mögliche Verhinderungsgründe genauso wie Erfolgsfaktoren und bewährte Methoden aus der Praxis vermittelt. Im Vordergrund steht dabei die Erfahrung im strukturierten Sammeln von Ideen, im Bewerten und Auswählen und in der erfolgreichen Umsetzung.“

Innovation in der Wissenschaft

Innovation ist nicht nur in der Wirtschaft ein großes Thema, sondern auch in der Wissenschaft. Sie zu fördern hat sich die Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft mit LOIS zum Ziel gesetzt. Lois steht für Lab for Open Innovation in Science und ist ein einjähriges Ausbildungsprogramm für Wissenschaftler mit Lab-Charakter. Start ist voraussichtlich im April 2016, Bewerbungen sind ab Mitte Juni möglich. „Das erste LOIS ist für ,early to mid-career scientists‘ aus dem Bereich Health Science konzipiert. Prinzipiell kann LOIS aber auch für andere Forschungsfelder oder Karrierestufen angepasst werden“, erklärt Marion Poetz, internationale Innovationsforscherin und Associate Professor an der Copenhagen Business School. Im Vorfeld der Konzeption dieses Angebots hat sie eine qualitative Studie unter 17 internationalen Wissenschaftlern aus dem Health-Sciences-Bereich durchgeführt, und sie nach ihren aktuellen und zukünftigen Bedürfnissen und Problemen im Forschungsalltag gefragt. „Die Ergebnisse sind eindeutig: Es besteht großer Bedarf an neuen Methoden und Herangehensweisen im Sinne von Open Innovation, die in sämtlichen Phasen des Forschungsprozesses gezielt eingesetzt werden können.“

Web:

www.lllacademy.at
www.fhwn.ac.at
www.openinnovationinscience.at
www.wu.ac.at/entrep
www.wifiwien.at
www.itg-salzburg.at
www.innovatives-oesterreich.at

Definition

Innovationsbegriff nach Joseph Alois Schumpeter (1883–1950), der zu den Vätern der Innovationsforschung zählt:
1. Herstellung eines neuen Produkts oder einer neuen Produktqualität
2. Einführung einer neuen, noch unbekannten Produktionsmethode (muss jedoch nicht auf einer Erfindung basieren)
3. Erschließung eines neuen Absatzmarktes, auf dem ein Industriezweig noch nicht „eingeführt“ war
4. Erschließung einer neuen Bezugsquelle von Rohstoffen oder Halbfabrikaten
5. Durchführung einer Neuorganisation (wie z. B. Schaffung oder Abschaffung einer Monopolstellung)

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