Artenvielfalt und neue Technologien

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Agrarstudien. Am 22. Mai soll der Internationale Tag der biologischen Vielfalt deren Erhaltung fördern, nicht zuletzt durch Bildungsprogramme. Zumindest an Österreichs Hochschulen ist das Thema bereits präsent.

Was verbindet ein Agrarwissenschaftler mit dem Internationalen Tag der biologischen Vielfalt? „Mir würden dazu spontan die Schlagwörter Agrarökologie, Naturschutz, Artenvielfalt, Genetik, Bioökonomie einfallen“, sagt Herbert Weingartmann, Professor am Zentrum für Agrarwissenschaften der Boku Wien. Zu den meisten der genannten Begriffe werden im Studium der Agrarwissenschaften Lehrveranstaltungen angeboten. „Die Ausbildung ist sehr breit und ermöglicht daher Vertiefungen in verschiedenste Spezialbereichen wie Züchtung/Genetik, Bodenforschung, Energiewirtschaft, Marketing oder Agrarsoziologie“, so Weingartmann.

Zahlreiche Master-Optionen

Wer nach dem Bachelor weiterstudieren möchte, kann neben dem gleichnamigen Masterstudium auch die Masterstudien Nutztierwissenschaften oder Organic Agricultural Systems and Agroecology belegen. Themen wie hochwertige, biologische Lebensmittel und die ethischen, sozialen, ökologischen und ökonomischen Qualitätsstandards stehen hier im Mittelpunkt.

Auch für das Boku-Masterstudium Nutzpflanzenwissenschaften seien Agrarwissenschaften die ideale Grundlage, sagt Departmentleiter Hans-Peter Kaul. Hier sei Vielfalt ebenso ein zentraler Begriff. „Biologische – insbesondere genetische – Vielfalt ist die Basis für die Entwicklung neuer, besser angepasster und leistungsfähigerer Sorten in der Pflanzenzüchtung. Die Pflanzenzüchtung ist neben der landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Produktionstechnik eine der Säulen der agrarischen Produktion“, sagt Kaul. Neben einem Interesse an der Nutzung von Pflanzen für die vier F, Food, Feed, Fibre und Fuel, sollten Interessenten über Grundlagenkenntnisse der Naturwissenschaften, insbesondere der Botanik, der landwirtschaftlich-gärtnerischen Produktionstechnik sowie der Sozioökonomie verfügen. „Das Studium schließt mit dem Grad DiplomingenieurIn ab – Studienbewerber sollten deshalb ein Interesse an naturwissenschaftlich-technischen,oft auch mathematisch quantifizierenden Methoden mitbringen“, so Kaul. Zu diesem Masterstudium zugelassen werden neben Agrarwissenschaftlern auch Absolventen eines Bachelorstudiums der Önologie.

Auch im Studium der Agrarwissenschaften kann sich der Schritt ins Ausland lohnen, vor allem, wenn man eine internationale Karriere in Wirtschaft oder Forschung anstrebt. Im deutschsprachigen Raum ist etwa das Wissenschaftszentrum Weihenstephan (WZW) der TU München für Spitzenforschung in den Bereichen Ernährung, Landnutzung und Umwelt bekannt. Im Studium der „Agrar- und Gartenbauwissenschaften“ verzeichne man regelmäßig neben Österreichern Südtiroler und andere Italiener, im Masterstudium derzeit etwa auch eine Gruppe chinesischer Studierender, sagt Susanne Minges von der Studienfakultät für Agrar- und Gartenbauwissenschaften. Agrarwissenschaftler und Gartenbauwissenschaftler werden in den ersten vier Semestern gemeinsam ausgebildet und können Fächer der jeweils anderen Studienrichtung wahlweise belegen. Gleichzeitig legt man Wert darauf, die Studierenden während dieser Phase der Aneignung solider naturwissenschaftlicher Grundlagen früh in praxisbezogene Fächer wie Landtechnik oder Tierhaltung einzuführen, sagt Minges. Für ein Masterstudium böten sich den Agrarwissenschaftlern danach die Richtungen Agrarwissenschaft oder Agrarmanagement an, den Gartenbauwissenschaftlern Gartenbaumanagement, Horticultural Sciences und das Studium Life Sciences, Economics and Policy.

Job-Boom durch Altersknick

„Der Arbeitsmarkt boomt, viele Studierende gehen in den Beruf, während sie noch an der Masterarbeit schreiben“, so Minges. Dies liege zum einen am weltweiten Bedarf an Nahrungsmitteln, zum anderen an dem derzeitigen Altersknick im Agrarbereich. Viele Fachleute gehen derzeit in Pension.

Ab Ende August wird es in Österreich erstmals einen agrarisch orientierten FH-Weiterbildungslehrgang geben, den MSc Agrar- und Technologiemanagement der FH St.Pölten. Die Initiative ging von der „Zukunftsakademie Mostviertel“ aus, die auf tertiäre Weiterbildung spezialisiert ist. Johannes Eßmeister, Technologiemanager der Zukunftsakademie, hat den Studiengang mitentwickelt. Aus seiner Sicht besteht die größte Herausforderung an moderne Landwirte darin, „im globalen Wettbewerb unter schwierigen Bedingungen in Österreich und dem Anspruch hoher Qualitätsstandards zu bestehen“. Die neue Agrar-Mater in St.Pölten reagiere darauf mit dem Ansatz, die Technologieplanung und das Technologiemanagement der Industrie auf die Landwirtschaft zu übertragen. In Lehrveranstaltungen wie Technologiescouting und -früherkennung lernen die Teilnehmer, neue Technologien zu erkennen. Auch das agrarische Wissen verändert sich ständig, es wird in zwei Agrarmodulen vermittelt, so Eßmeister. Die Adressaten seien überwiegend Absolventen agrarisch ausgerichteter Mittelschulen mit Matura und Berufserfahrung im agrarischen Bereich, aber auch Absolventen von Bachelor- oder Masterstudiengängen. Als mögliche Tätigkeitsfelder nennt Eßmeister die Betriebs- und Produktionsleitung in der landtechnischen Industrie, Produktentwicklung oder den Vertrieb im Bereich Landtechnik, Management landwirtschaftlicher Dienstleistungsunternehmen oder die agrartechnische Forschung.

Web:www.zukunftsakademie.or.at

www.boku.ac.at, www.agrar.wzw.tum.de

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2015)

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