Planvoll in die Ferne schweifen

Wolkenhimmel - clouded sky
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International. Wann und wie Auslandsemester sinnvoll sind und was es bei der Vorbereitung zu beachten gilt.

Erstmal wollen alle nach Spanien. Das Land mit den vielen Sonnenstunden und langen Stränden steht auf der Wunschliste der Studierenden mit Plänen für ein Auslandssemester ganz oben. Zumindest so lang, bis der Reality-Check viele wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholt. Denn schon die Frage, ob das eigene Spanisch aus dem VHS-Kurs wirklich reichen wird, um Universitätsvorlesungen zu folgen, hilft oft, das Zielland noch einmal zu überdenken. Unter den Top fünf der beliebtesten europäischen Austauschländer findet sich die iberische Halbinsel nach den Statistiken des Österreichischen Austauschdiensts (OeAD) dennoch: Nach der Nummer eins Deutschland liegt Spanien auf Platz zwei gefolgt von Frankreich, dem Vereinigten Königreich und Schweden.

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Wann, wo und unter welchen Voraussetzungen haben ein oder zwei Austauschsemester für österreichische Studierende also Sinn, und welche Stolperfallen gilt es dabei zu vermeiden? Der einfachste Weg führt über Erasmus, das weltweit größte Förderprogramm zum Austausch unter Universitäten der Europäischen Union, über das im Vorjahr 4613österreichische Studenten einen Auslandsaufenthalt absolviert haben. Denn hier gibt es nicht nur Zuschüsse, sondern auch Abkommen mit den jeweiligen Partnerhochschulen, was die Anerkennung der im Ausland erworbenen Abschlüsse angeht. „Im Idealfall gibt es da keine Probleme“, weiß Gerhard Volz, der beim OeAD für Beratung in Sachen Erasmus-Programme verantwortlich ist, „da im Learning-Agreement vorher vereinbart werden kann, was man hinterher angerechnet bekommt“. Im Idealfall deshalb, weil nicht immer aller glatt läuft, auch dort können Veranstaltungen ausfallen, weil etwa ein Lehrender plötzlich krank ist. Im schlimmsten Fall muss man nach der Rückkehr doch noch etwas nachmachen.

Auch was die Bewältigung des Alltags angeht, können sich die Erasmus-Studenten auf eine gewisse Unterstützung durch die Gast-Uni verlassen. „Man weiß, wo es Wohnmöglichkeiten gibt und auf welchen Websites man sich schlaumachen kann“, so Volz, und man sei auch bemüht, Studierenden bei Problemen zu helfen. „Keine Uni will ihre Partnerschaft aufs Spiel setzen.“

Etwas weniger weich gebettet sind Studierende, die sich für einen Austausch außerhalb der EU entscheiden, und sich mehr oder weniger auf eigene Faust eine Universität suchen. Was häufig schon beim Thema Studiengebühren beginnt. „Wer eine Uni direkt kontaktiert und nicht über ein Abkommen geht, dem werden die Studiengebühren nicht erlassen“, erklärt Karin Krall, die den Bereich Studierendenmobilität im International Office der Universität Wien leitet. „Das ist in den USA oder Australien ein großes Thema.“ Hier werden schnell fünfstellige Summen pro Semester fällig, Anreise und Aufenthalt exklusive. Und auch die Anrechnung der ECTS-Punkte läuft nicht so einfach. „Bei selbst organisierten Aufenthalten sollte man mit der Studienprogrammleitung an der Heimuniversität jeden einzelnen Kurs absprechen, damit vorher klar ist, was angerechnet werden kann und was nicht“, betont Maria Unger vom OeAD, „das hängt oft an einer einzelnen Person.“ Ein Mittelweg zwischen wohlorganisierten Europa-Aufenthalten und kompletten Einzelkämpfermissionen sind Studienprogramme der Universitäten, wie beispielsweise das Non-EU Student Exchange Program der Uni Wien. Dabei können Studierende ein bis zwei Semester an Partneruniversitäten in Nord- und Lateinamerika, Australien, Asien, Afrika, Russland oder der Ukraine absolvieren, mit denen ein Austauschabkommen besteht.

...und Termine beachten

Ist die Wunsch-Uni einmal gefunden, stellt sich die Frage: Wann besuchen? Eine Grundregel lautet hier, eher später als früher. Mit einer Ausnahme: „Bei Sprachstudien bietet sich ein möglichst rascher Aufenthalt an“, so Unger. „Sonst sollte man sich zunächst erst einmal die Zeit nehmen, sich an der Heimat-Uni zurechtzufinden.“ Auch Krall empfiehlt das vierte oder fünfte Semester des Bachelors – oder überhaupt erst im Master zu gehen, da man da flexibler ist.

Ein Zeitrahmen, der teilweise auch durch die Vorlauffristen gegeben ist, die sich häufig als die klassischen Stolperfallen für weniger organisierte Studenten erweisen. „Deadlines oder die Fristen der Gast-Unis zu verpassen ist ein Klassiker“, weiß Krall, „es ist wichtig, alle Infos vorher genau zu lesen und die Vorlaufzeiten zu beachten.“ Diese können durchaus lang sein, was nicht immer wirklich mit der Spontaneität manches Studentenlebens zusammenpasst. „Wenn jemand kommt und sagt ,Ich möcht' dann in zwei Monaten gehen‘, ist das ein Problem“, kennt auch Unger die Fristenproblematik. „Man sollte möglichst ein Jahr vorher anfangen zu planen.“ Wohin es dann letztendlich geht, hängt natürlich vor allem von den individuellen Studieninhalten ab, grundsätzlich empfehlen alle Experten aber auch einen wohlwollenden Blick in die Osteuropäischen Länder. Die dortigen Hochschulen engagieren sich oft besonders für ihre Gaststudenten, und die Anzahl englischsprachiger Veranstaltungen ist dort – wie in Skandinavien – sehr hoch. Was ein nicht zu unterschätzender Vorteil für Studierende mit eher rudimentären Spanischkenntnissen sein kann.

INFORMATIONEN

...zu allen Programmen finden Studierende beim Österreichischer Austauschdienst www.oead.at.

...und spezielle Angebote gibt es beim jeweiligen International Office der Hochschulen, etwa an

der Uni Wien https://international.univie.ac.at,

der Uni Graz https://international.

uni-graz.at/en und

der Uni Salzburg www.uni-salzburg.at/

international.

...über Förderungen und Stipendien gibt es auf www.grant.at.

...über die Anerkennung ausländischer Abschlüsse finden sich unter

http://wissenschaft.bmwfw.gv.at; oder einfach ENIC NARIC Austria googeln.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.07.2015)

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