Mehr Ausbildung als Antwort auf neue Ansprüche

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Das Berufsprofil von Kindergartenpädagogen ist komplex geworden. Ausbildungen müssen damit Schritt halten.

Es ist noch nicht definiert, was der Kindergarten der Zukunft können muss, um Österreichs Kindern „die qualitativ hochwertigste Elementarpädagogik auf dem letzten Forschungsstand zu ermöglichen“ – ein Ziel, das Familienministerin Sophie Karmasin im April proklamierte und das sich in einem „Qualitätskompass Elementarpädagogik“ abbilden soll.

Um diesen Anspruch zu verwirklichen, wird eine Fülle von Themen zu erörtern sein, wie etwa die Steigerung des Männeranteils im Elementarbereich, geschlechtersensible Pädagogik, der Einsatz neuer Technologien oder der Umgang mit Mehrsprachigkeit. Diskussionsbedarf entsteht auch durch die zunehmende Akademisierung von Elementarpädagogik. Zwar gibt es in Österreich derzeit noch kein direkt nach der Schule zu absolvierendes Studium für diesen Bereich. Im Herbst 2014 nahmen jedoch erste Studiengänge für Leitungspersonen und Studiengänge zur Weiterbildung von Elementarpädagogen ihren Betrieb auf.

Leiterinnen mit Bachelorgrad

Damals begann etwa das Bachelorstudium Sozialmanagement in der Elementarpädagogik an der FH Campus Wien – der österreichweit erste Studiengang, der sich explizit an Leiterinnen und Leiter von Kindertagesstätten richtet. Leitungserfahrung ist eine Zugangsvoraussetzung. Unter dieser Prämisse ist auch der Fokus auf „Sozialmanagement“ im Titel des Studiums zu sehen. „Wir wollen im Rahmen des Studiums – neben der Auseinandersetzung mit pädagogischen Inhalten – auch für das Leiten von Einrichtungen und das damit verbundene Management qualifizieren“, sagt Studiengangsleiterin Nina Hover-Reisner. Schließlich habe es bislang als Ausbildung für Leiter – beziehungsweise in diesem Bereich in der Regel Leiterinnen – ausschließlich trägerspezifische Kurse in überschaubarem Umfang gegeben. Die Notwendigkeit einer tertiären Ausbildung ist nicht nur durch die komplexer werdenden Inhalte frühkindlicher Bildung gegeben, sondern auch durch deutlicher wahrgenommene Herausforderungen beim Aufwachsen von Kindern, die sich oft in „schwierigem“ oder „auffälligem“ Verhalten äußern. Auch die Eltern werden von vielen Elementarpädagogen als zunehmend anspruchsvoll oder beratungsbedürftig erlebt.

Hover-Reisner ist selbst Bakip-Absolventin und arbeitete danach, parallel zu ihrem Studium, bis 2000 als Horterzieherin und Kindergartenpädagogin. Die Herausforderungen des Berufs hätten sich stark verändert, sagt sie rückblickend. „Heute wird den Pädagogen eine hohe Professionalität abverlangt.“ Vieles könnten sie, bei allem Bemühen, kaum leisten, weil sie es schlichtweg nicht gelernt hätten.

Um das Weiterbildungsangebot zu verbreitern, wurde 2014 an der Universität Salzburg der erste Universitätslehrgang für Elementarpädagogik gestartet. Der sechssemestrige, berufsbegleitende Lehrgang wird 2017 mit einem Master of Arts in Early Childhood Education (MA-ECED) abschließen. Er richtet sich an Leiter von elementarpädagogischen Einrichtungen, Bakip-Lehrer, Lehrende an Pädagogischen Hochschulen, die im Bereich Elementarpädagogik arbeiten wollen, und an Personen, die in der elementarpädagogischen Weiterbildung tätig sind. Zu den Zielen des Lehrganges zählt, diese Teilnehmer zu Multiplikatoren, Mentoren und Fachkräften für die Betreuung zukünftiger Bachelorstudierender in der „PädagogInnenbildung neu“ heranzubilden.

Professionelle Praxisanleitung

Ein neues Weiterbildungsangebot wurde auch an der Pädagogischen Hochschule Salzburg entwickelt. Seit Juni läuft erstmals der zweisemestrige Lehrgang Praxisanleitung im Elementarbereich. Hier geht es nicht um die Arbeit mit Kindern, sondern um die Arbeit mit noch lernenden oder studierenden Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen und deren Anleitung in der Praxis. Zunehmend seien dabei kommunikative Fähigkeiten gefordert, sagt Andrea Lenger, die den Lehrgang zusammen mit Kollegin Eva Kok-Ertl leitet. „Es geht nicht mehr nur um das Was, also darum welche Aufgaben man hat, sondern auch um das Wie. Wir müssen zum Beispiel erklären können, wie Lernen am Spiel funktioniert.“ Zum Wie gehöre auch die Vermittlung adäquaten Verhaltens. „Wie gehe ich damit um, wenn eine Kindergartenpädagogin nicht pünktlich kommt, Regeln nicht einhält oder wenig Verantwortungsgefühl zeigt?“

Die Teilnehmer seien sehr dankbar für jede Anregung, sagt Lenger. Denn es geht nicht darum, den Ausbildnerinnen ihren eigenen Stil zu nehmen. „Sie sollen aber ihre Entscheidungen professionalisieren und begründen und ihre Rolle klarmachen.“ Sehr gut angenommen würden die Möglichkeit kollegialer Hospitationen und Videoaufzeichnungen ihres Kommunikationsverhaltens.

Die Maßstäbe der Praxisanleitung haben sich laut Lenger vor allem durch den Bildungsrahmenplan des Jahres 2009 verändert, der den Kindergarten zu einer elementaren Bildungseinrichtung gemacht habe und dazu auffordere, junge Kolleginnen individuell und kompetenzorientiert anzuleiten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2015)

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