Serie Traumberuf: Vom Flirt mit der Kamera

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Filmschauspiel: Ob zukünftiger Star, kompetenter Neben- oder guter Selbstdarsteller: Wo man das Spiel vor und mit der Kamera lernen oder verbessern kann.

„Habens' schon gehört, auf der Forststraße zur Lenzhütte ist gestern jemand erschossen worden!“ Für „Soko Kitzbühel“ eine kurze Szene, für die Darstellerin ein Erlebnis: Es ist ihre erste Rolle. „Ich bin erstaunt, wie schnell das gegangen ist“, so Sandra Aberer. „Es war wunderbar, dass mich die Agentur gleich vermittelt hat, aber gerechnet hätte ich damit nie.“ Als Moderatorin, Mentalcoach und Regisseurin tätig, wollte die 42-jährige Vorarlbergerin „den Schritt vor die Kamera wagen und ausprobieren, ob ich das kann“.

Früher pfui, heute hui

Einfach nur Glück gehabt? Wie kann man sich darauf vorbereiten? In Zeiten, in denen auch in Politik und Wirtschaft das richtige Auftreten vor der Kamera zunehmend zählt und Trendforscher den Begriff Generation Casting geprägt haben, interessieren sich immer mehr für ein professionelles Camera Acting – nicht nur, um als Schauspieler gerüstet zu sein, sondern auch, um die eigene Selbstdarstellung im Privaten und Beruflichen zu verbessern.

Der zweite Grund, warum Schauspielschulen vermehrt Aus- und Weiterbildung dazu anbieten, liegt in der Nachfrage: In Österreich sind kompetente (Neben-)Darsteller und Komparsen gefragt, die sich im Metier genau auskennen. „In renommierten Schauspielschulen galt es früher als pfui, vor eine Kamera zu treten“, erinnert sich Markus Hippmann, Leiter der Schauspielschule Wien. „Die wahre Kunst spielte sich auf der Bühne ab.“ Doch die Zeiten haben sich gewandelt: Auch das Max-Reinhardt-Seminar bietet mittlerweile die Fächer „Arbeit vor der Kamera“ mit Sebastian Brauneis und „Fernseh- und Filmarbeit“ mit Isztván Szabó an. Wenn es nach Brauneis geht, ist das noch viel zu wenig. „Nur von der Bühne kann heute kaum ein Schauspieler leben. Man fragt sich schon, warum es in Österreich so viel gute Ausbildung für die Leute hinter der Kamera gibt und vergleichsweise wenig für die davor.“

„Es ist ja auch ein ganz anderes Paar Schuhe“, so Hippmann. „In der Josephstadt muss man auch die Besucher in der 100. Reihe noch erreichen, beim Film steht man mitunter einen halben Meter vor der Kamera. Und braucht auch kein Bühnendeutsch.“ Im Workshop Camera Acting (nächster Termin: 10./11. Oktober im Wiener Schlössl Kino) geht es daher um die Arbeit mit der Kamera – und der Regie: Was braucht der Regisseur? Was bedeuten die Begriffe? Wie agiert man? „Was wir erreichen wollen, ist ein Spiel, das ganz dem Schauspieler und der Situation entspricht“, so Hippmann. In Kooperation mit der Filmregie wird auch die Arbeit vor und hinter der Kamera beleuchtet, Fotos und Mitschnitte entstehen. Wichtige Unterlagen für eine Bewerbung, so Hippmann. Dabei werden die Teilnehmer unterstützt, um bei Agenturen und in Castings gut aufgestellt zu sein.

Von null auf hundert

Darauf wird auch beim Lehrgang „Einführung in das Filmschauspiel“ Wert gelegt, der vom Wifi Tirol in Kooperation mit dem Schauspiel-Institut am 3. Oktober startet (in Modulen bis 18. Dezember). „Am Ende des Lehrgangs erhalten die Teilnehmer eine DVD mit einer erarbeiteten Szene und Fotos“, so die Koordinatorin Gabriela Hauser.

Doch zurück zum Anfang der Ausbildung: Der Lehrgang bietet vom Schauspielbasis- und Kreativitätstraining über Atem- und Sprechtechnik bis zu Szenischer Arbeit und Arbeit vor der Kamera eine breite Palette an, um sich auf einem Filmset zurechtzufinden. „Es ist faszinierend. Man muss auf die Sekunde agieren können, möglicherweise nach langem Warten von null auf hundert hoch konzentriert eine Szene spielen und ohne Improvisation wiederholen können“, erinnert sich Aberer, die am Lehrgang teilgenommen hat. „Spannend war es auch, von der Regie kommend, zu spüren, was man als Schauspieler braucht. Das Verständnis für beide Seiten wächst.“ Zielgruppe sind Volksschauspieler, Komparsen und Interessierte, die den ersten Schritt vor eine Kamera wagen wollen.

Auch die Open Acting Academy der Schauspielschule in Wien bietet in offenen Kursen Schauspieleinsteigern und allen, die sich mit „einer geschulten Stimme, selbstbewusstem Auftreten und körperlicher Präsenz“ (so die Kursbeschreibung) ausstatten möchten, einen Grundstein an. Themen sind unter anderem Ausdruck, Bewegung, Stimme – und Filmarbeit.
Für schnell Entschlossene: Ein Schnupperkurs für alle Angebote findet am 29. August ab 14 Uhr statt.

Web: www.schauspielschule.wien

www.schauspielschule.at

www.wifitirol.com

www.maxreinhardtseminar.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2015)

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