Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

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Akkreditierung. Alle Hochschulen müssen bestimmte Anforderungen erfüllen – die Art der Kontrolle ist aber unterschiedlich. Welche Agenturen was beurteilen – und warum neben der Pflicht auch die Kür immer wichtiger wird.

Glauben schenken (lateinisch: accredere) – das ist die Aufgabe der AQ Austria (Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung) und aller anderen Akkreditierungsagenturen, die einer Hochschule oder einem einzelnen Lehrgang damit die notwendige Qualität und Vergleichbarkeit bestätigen.

Allerdings nicht auf Basis von netten Erzählungen, sondern nach genormten Verfahren und Kriterien. Die es durchaus in sich haben, wird doch von Lehre bis Qualitätsmanagement alles monate- bis jahrelang entsprechend den Kriterien neu aufgestellt, um dann zur Prüfung zu genügen. Zudem stehen diese oft alle paar Jahre – meistens drei oder fünf – neuerlich an: genannt Re-Akkreditierung.

Verpflichtende Standards

„Verpflichtend sind die institutionelle Akkreditierung, also die der Hochschule als gesamtes, und die Akkreditierung der ordentlichen Studien im Fachhochschul- und im Privatuniversitätensektor“, erläutert Achim Hopbach von der AQ Austria. „Bei den Privatuniversitäten kommt noch die verpflichtende Akkreditierung von Universitätslehrgängen mit akademischem Grad hinzu.“ Dass Qualitätskriterien in der Weiterbildung Pflicht sind, wundert wenig. Schließlich müssen auch Ziegel oder Leuchtstoffe bestimmte Eigenschaften aufweisen, nach denen ihre Brauchbarkeit und ihr Wert bemessen werden können. Verwunderlich ist eher, dass es in Österreich Ausnahmen gibt. Sämtliche sonstige Akkreditierungen an österreichischen Hochschulen, entweder aus Gründen der Qualitätssicherung oder des Marketings, sind nämlich freiwillig.

Quality Audits

So mancher fragt sich nun: Werden öffentliche Hochschulen denn gar nicht überprüft? Doch. „Sie werden keinem Akkreditionsverfahren, sondern einem Quality Audit unterzogen, das ebenfalls verpflichtend ist“, erklärt Hopbach. Dabei wird das interne Qualitätsmanagementsystem einer Hochschule regelmäßig begutachtet und zertifiziert und dessen Weiterentwicklung unterstützt.

Freiwillige Prüfungen

Vielen Hochschulen ist das nicht genug. Vor allem jene, die auch im Ausland punkten wollen, lassen sich von internationalen Agenturen überprüfen. Die Frage ist dann: Welche passt? Denn, werden die verpflichtenden Akkreditierungen in Österreich seit 2012 alle durch die AQ Austria vorgenommen, gibt es für die freiwilligen zahlreiche internationale Agenturen mit unterschiedlicher Ausrichtung, Bekanntheit und Reichweite. Wer sich etwa mit wirtschaftlichen Studienangeboten auf dem internationalen Markt behaupten möchte, setzt auf Akkreditierungen wie EQUIS, AMBA oder AASCB (siehe Kasten).

So etwa die Wirtschaftsuniversität Wien. Hier ist man stolz auf die neue AACSB-Akkreditierung der International Association to Advance Collegiate Schools of Business. „Wir freuen uns, die erste Hochschule in Österreich und eine von lediglich 740 Wirtschaftshochschulen weltweit zu sein, die diese Akkreditierung erhalten hat“, so Vizerektorin Barbara Sporn. Die gesamte WU – Lehrprogramme, Qualitätsmanagement, Leitbild und vieles mehr – wurde geprüft und im Bedarfsfall verbessert, um die geforderten Kriterien zu erfüllen. Der Prozess dauerte knapp drei Jahre. Eine kurze Zeit, besonders, wenn man die Größe der WU bedenkt. „Die meisten anderen akkreditierten Wirtschaftshochschulen sind wesentlich kleiner“, so Sporn. Als besondere Herausforderung wurde die AACSB-Akkreditierung aber nicht empfunden. „Es ist ja nach EQUIS und AMBA unsere dritte Akkreditierung. Die erste war die schwerste, denn man begibt sich ja auf einen ganz neuen Weg, muss sich auf so ein Verfahren einlassen.“ Und darauf, dass man regelmäßig zur Re-Akkreditierung überprüft wird.

Warum tut man sich das an? Passt die eigene Hochschule fremden Kriterien an, unterzieht sich somit einer permanenten Kontrolle? „Es sind vor allem drei Punkte“, so Sporn: „Wir setzen auf weitere Internationalisierung – vor allem in Amerika ist AACSB sehr wichtig. Aus Marketingsicht ist es ein Positionierungsfaktor, der uns als eine von nur 72 Wirtschaftshochschulen weltweit mit den drei Akkreditierungen heraushebt.“ Drittens sei der Prozess des Sich-Einlassens ein Schritt zu einer sehr umfassenden Qualitätssicherung, der sich einfach positiv auswirke.

Auch in anderen Bereichen sind freiwillige, internationale Akkreditierungen wichtig. Anbieter von Lehrgängen im Bereich Immobilien – etwa die TU oder die FHW der WKW – setzen auf eine Akkreditierung durch RICS (Royal Institution of Chartered Surveyors), einen weltweit tätigen Berufsverband von Fachleuten aus allen Bereichen der Immobilienwirtschaft. „Ist eine Weiterbildung RICS-akkreditiert, bedeutet das, dass Absolventen die Voraussetzung dafür haben, durch ein Final Assessment RICS beizutreten“, so Immobilienwirtschaft-Institutsleiter der FH Wien der WKW, Otto Bammer.

Internationalität im kleinen Rahmen ist auch bei den verpflichtenden Akkreditierungsverfahren an FH und Privat-Unis wichtig: „Wir orientieren uns an europäischen Leitlinien“, so Hopbach. Dennoch gibt es heimische Besonderheiten: Privatuniversitäten müssen Akkreditierung auf institutioneller und Studiengangsebene regelmäßig wiederholen. An den FH sind die Studiengänge nur einmalig bei der Einrichtung zu akkreditieren und die institutionelle Akkreditierung nur einmal zu erneuern, gefolgt von regelmäßigen Quality Audits. Und die weiterführenden Lehrgänge müssen gar nicht akkreditiert werden. „Das Kollegium einer Fachhochschule kann ja derzeit autonom die Einrichtung eines Masterlehrgangs beschließen“, so der Geschäftsführer der FH Gesundheit Tirol, Walter Draxl.

Lücke schließen

Für die FH Gesundheit mit ein Grund, ihren neuen Lehrgang Osteopathie von der deutschen Agentur AHPGS (Accreditation Agency in Health and Social Sciences) akkreditieren zu lassen, „damit wir international vergleichbar sind und wie geplant auch in Belgien und Deutschland auftreten können“, so Draxl. „Doch neben der Internationalität wollten wir uns auch selbst überprüfen, ob wir in Sachen Qualität, Lehre und Leitbild auf dem richtigen Weg sind“, so Draxl. Sichtlich ja: Die Akkreditierung wurde bis 2020 vergeben. Aktuell läuft nun das Verfahren der Akkreditierung für den Lehrgang MSc in Advanced Practice Midwifery, der für Hebammen konzipiert wurde und aus Österreich, Deutschland und der Schweiz eine rege Nachfrage erfährt.

EINIGE AKKREDITIERUNGEN

AQ Austria: für Akkreditierung/Audit heimischer Hochschulenzuständig.

FIBAA: zählt bei MBA im deutschsprachigen Raum.

RICS: weltweiter Berufsverband von Immobilien-Fachleuten.

EQUIS: wichtig für europäische und asiatische Business Schools.

AMBA: renommierteste britische Akkreditierungsinstitution.

AACSB: zählt vor allem in Amerika.

AHPGS: für Studiengänge im Bereich Gesundheit und Soziales.

ENQA: zentrales Verzeichnis. europäischer Akkreditierungsagenturen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.09.2015)

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