Kunst gegen Klimawandel

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Kulturmanagement.Wetterunabhängiger Kunstgenuss soll den Tourismus ankurbeln. Wie das funktionieren kann und was man dafür wissen muss, vermitteln diverse Lehrgänge.

Die Festspielzeit ist größtenteils vorbei: In Salzburg, Bregenz und Mörbisch kehrt wieder Alltag ein. Und viele Touristiker und Kulturmanager überlegen sich – auch anlässlich des Welttourismustages 2015 am 27. September – wie sie die Attraktivität der heimischen Szene für Gäste weiter erhöhen können. Bekanntlich macht der Klimawandel das saisonale Geschäft vor allem im Winter schwer, Zusatzangebote in den Bereichen Wellness oder Kultur sollen den Gästen den Aufenthalt auch in schneearmer Zeit schmackhaft machen.

„Auf ein Packerl hauen“

Millionen Menschen reisen vorrangig mit dem Ziel, Sehenswürdigkeiten in aller Welt zu besichtigen. Österreich ist durch sein kulturelles Angebot gerade für diese Klientel ein Anziehungspunkt, wenn auch regional sehr unterschiedlich besetzt. „Die Rolle von Kulturtourismus ist in Wien und Salzburg höher als in anderen Bundesländern, vor allem in den ländlicheren Regionen“, so Verena Teissl, Vizerektorin der Fachhochschule Kufstein und Professorin für Kulturmanagement & -wissenschaften. „Es ist ein europaweiter Trend, dass Kultur eher mit Stadtleben verknüpft wird als mit Landleben.“ Einzelne Festivals in den Bundesländern hätten davon unabhängig einen sehr hohen und auch imageprägenden kulturtouristischen Stellenwert. „Die Bregenzer Festspiele, natürlich die Salzburger Festspiele und das Linzer Ars Electronica Festival inklusive Klangwolke, aber auch das Grafenegg-Orchesterfestival zählen dazu“, so Teissl.

Die FH Kufstein bietet für Interessierte Sport-, Kultur & Veranstaltungsmanagement als Bachelor- und Masterstudiengang an, jeweils als Vollzeit und berufsbegleitende Variante wählbar. Neben wirtschaftlichem und fachbezogenem Know-how setzt man vor allem auf Vernetzung – nicht nur mit der Praxis. Im Masterstudium wird etwa ab dem vierten Semester ein interdisziplinärer Schwerpunkt eingerichtet, bei dem sich die einzelnen Domänen an der FH – Sport, Kultur und Events – „auf ein Packerl hauen“, so Theiss. Im dritten Semester des Bachelors ist ein Auslandssemester vorgesehen, im Master eine internationale Studienreise.

Und es wird geforscht: Theissl leitet seit Anfang des Jahres das Projekt „Kulturtourismus in Tirol“ und hat festgestellt, dass „gerade für ländliche Regionen, bei denen meist andere Motive zur Destinationswahl führen, ein starkes kulturelles Zusatzangebot tourismusschwache Phasen stärkt“. Die Wetterabhängigkeit wird vermindert, die Aufenthaltsdauer verlängert, längerfristig können neue Gruppen angesprochen werden. Die Angebote seien fast überall da, es mangle aber an Kooperations- und Kommunikationsstrukturen zwischen Tourismus- und Kultureinrichtungen. Ausnahmen würden aber die Regel bestätigen, beispielsweise der Gedächtnisspeicher in Längenfeld/Ötztal und die Kunsthalle Arlberg1800, die im Oktober eröffnet wird.

Lücken schließen

Im Burgenland, abseits hochalpiner Skisportmöglichkeiten, hat man sich schon seit Jahren dem (grenzüberschreitenden) Kulturtourismus verschrieben – und braucht entsprechende Experten. „Als ich 2003 als Koordinator für die Kreativwirtschaft im Burgenland tätig wurde, musste ich mir vieles, was in der täglichen Arbeit umzusetzen war, selbst aneignen“, erzählt Dietmar Baurecht, mittlerweile Absolvent des Studiengangs Kulturkonzepte des Instituts für Kulturkonzepte in Wien. Die einjährige Ausbildung „sollte mir dabei helfen, dieses selbst erworbene Wissen zu überprüfen und Lücken zu schließen“. Die Themenschwerpunkte sind neben Karriereplanung, Organisation, Finanzierung, Marketing und Kulturvermittlung auch Möglichkeiten zur besseren Kommunikation und Konfliktlösung – beides Themen, die bei der Koordination vieler Beteiligter hilfreich sind. Zusätzlich werden die Studierenden durch ein Projekt- beziehungsweise Karrierecoaching von Experten aus der Praxis begleitet. Den Abschluss bildet eine schriftliche Arbeit plus Rückmeldungen der Lehrgangsleitung sowie ein Zertifikat. Der Einstieg in den Lehrgang ist jederzeit möglich.

Reflektieren und vertiefen

Wer nicht nur bei der Organisation größerer Kulturevents und in Kunstbetrieben firm sein will, sondern sich dazu auch wissenschaftlicher Grundlagen bedienen möchte, sollte den Universitätslehrgang Kulturmanagement am Institut für Kulturmanagement und Kulturwissenschaft der Universität für Musik und darstellende Kunst ins Auge fassen. Seit 1976 vermittelt der mehrfach adaptierte und erweiterte Lehrgang künstlerisches Management und ist entsprechend bekannt. Die Schwerpunkte der berufsbegleitenden Weiterbildung: Recht, Kultur, Wirtschaft sowie Soft Skills im Management – und das Thema Berufsfeld. „Personen, die unser Weiterbildungsangebot nutzen, sind meist bereits im Kulturbereich tätig“, berichtet Lehrgangsleiterin Katharina Pfennigstorf. „Sie kommen aus den Sparten Musik, Theater, Film, manche auch vom Tanz, von der Literatur oder auch der Architektur und suchen ergänzendes Fachwissen, Reflexionsmöglichkeiten für ihr Tun und spartenübergreifende Vernetzung.“ Gerade Letzteres ist schließlich auch in Sachen Tourismus unerlässlich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2015)

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