„Jede Musik, die authentisch ist“

singer with microphone
singer with microphone(c) Erwin Wodicka
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Popularmusik. Klassik ist die eine, Jazz die andere etablierte Musikwelt. Daneben existiert ein dritter, bunter Kosmos der sogenannten U-Musik, die inzwischen auch studiert werden kann.

Der in dieser Woche verstorbene David Bowie ist für den Jazzgitarristen Klaus Ambrosch nicht nur eine Ikone des Pop, sondern auch eine Ikone der Authentizität. Ambrosch, der den Fachbereich der Popularmusik am Johann-Joseph-Fux-Konservatorium der Stadt Graz leitet, findet, „authentisch zu sein das Wichtigste, was wir unseren Leuten mitgeben können“. Wenn er von „unseren Leuten“ spricht, meint der Musiker durchschnittlich zwölf Studierende, die in Graz pro Jahr nach Absolvieren einer Aufnahmeprüfung den dreijährigen Studiengang Popularmusik beginnen.

Außerordentliches in Graz

Das Studium wurde 2004 am Grazer Konservatorium etabliert, zunächst als IGP Popularmusik, wobei das Kürzel IGP für Instrumental(gesangs)Pädagogik steht. Ziel war, vor allem Lehrer für Musikschulen auszubilden, die dort die inzwischen stark nachgefragten Fächer der Popularmusik – etwa E-Gitarre, Schlagzeug, Keyboard oder Saxofon – unterrichten sollten. Man habe damals in der Anton-Bruckner-Privatuniversität Linz einen kompetenten Partner gefunden. Später seien weitere Kooperationen dazugekommen, sagt Ambrosch. Der rote Faden in all den Jahren aber sei der Kampf um die ausreichende Finanzierung gewesen. Derzeit werde das Studium nicht mehr als IGP Popularmusik geführt, sondern „nur“ als außerordentlicher Studiengang Popularmusik, der nicht zu einer eigenständigen Berufsberechtigung führe. „Dennoch wird das Studium als Zusatzqualifikation sehr geschätzt“, so Ambrosch. Ein wenig stolz ist er auch auf viele Absolventen, die an anderen Konservatorien oder Universitäten die durchwegs anspruchsvollen Aufnahmeprüfungen für ein ordentliches IGP-Studium bestehen.

Zu diesen Ausbildungsstätten zählt auch das Konservatorium mit Öffentlichkeitsrecht der Stadt Wien, das Vienna-Konservatorium, das seit vier Jahren über eine eigene Abteilung für Popinstrumente (Popgitarre, Popklavier, Popbass, Popschlagzeug), Popgesang und Songwriting verfügt. Jedes dieser Fächer kann man dort entweder als künstlerisches oder als pädagogisches Studium (jeweils mit Diplom-Abschluss) absolvieren.

Gesang am populärsten

Den Löwenanteil der Studierenden verzeichnet die Studienrichtung Popgesang. Dies sei nicht nur der Tatsache geschuldet, dass bei Sängern die Anschaffungskosten für ein Instrument wegfielen, sagt Robert Brandstötter, Direktor des Vienna-Konservatorium, auch die diversen Castingshows der letzten Zeit zeigten so ihre Wirkung.

Brandstötter kommt selbst aus der Popmusik. „Es war mir ein Anliegen, eine Popabteilung zu schaffen, die nicht mit Jazz fusioniert ist, wie das sonst oft der Fall ist.“ Man sei in der Gründungsphase von Größen der heimischen Popmusik wie Christian Kolonovits unterstützt worden. Etliche dieser aktiven Musiker lehren noch heute am Konservatorium. Andere Künstler werden für Workshops eingeladen. „Die Anregung dazu kommt oft von Studierenden, die sich für eine bestimmte neue Technik oder stilistische Richtung interessieren“, sagt Brandstötter. Theoretisch könnte auch der deutsche Schlager, dessen Tag heute von den Fans dieser Musikrichtung gefeiert wird, am Vienna-Konservatorium ein Thema sein, dezidiert gelehrt wird er aber dort nicht. Wichtig ist dem Direktor des Konservatoriums, stilistisch größtmögliche Breite zu ermöglichen.

Ähnliches gilt auch für Wolfgang Puschnig, der Österreichs einziges universitäres Institut für Popularmusik (Ipop) an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien leitet. Er selbst könne mit allen Richtungen der Popularmusik etwas anfangen, „die Qualität haben und authentisch sind“. Am Ipop umfasse der Begriff jedenfalls ein breites Spektrum von Genres von experimenteller, improvisierter Musik bis zum Schlager. Das Hauptaugenmerk liege auf Pop/Rock und Jazz.

Puschnig, einer der profiliertesten Jazzmusiker Österreichs, ist auch Professor für Saxofon an der Musikuniversität. „Die Geschichte der Popularmusik ist heute akademisch genau erforscht. Das ist wichtig für die allgemeine Wahrnehmung. Dass das Studium der Popularmusik heute nicht mehr belächelt wird, wie es vielleicht vor 30 Jahren der Fall gewesen wäre, liegt auch daran, dass inzwischen schon die Eltern und jüngeren Großeltern von Studierenden mit dieser Musik aufgewachsen sind.“

Das Ipop bietet das eigenständige Studium IGP Popularmusik, das in den Fächern Gesang, Schlagzeug, Bass, Gitarre, Tasteninstrumente, Saxofon, Trompete oder Posaunen mit Bachelor- oder Mastergrad abgeschlossen wird. Zusätzlich werden auch Lehrveranstaltungen für Studierende der allgemeinen Musikerziehung oder allgemeinen Instrumentalmusikerziehung sowie für die Studien Musik- und Bewegungspädagogik und Musiktherapie angeboten.

Die Institutsleitung wünscht sich auch ein Konzertfachstudium der Popularmusik mit rein künstlerischer Zielsetzung. Die Förderung der individuellen Künstlerpersönlichkeiten sei schon jetzt zentraler Inhalt der Ausbildung. Auch ist eine Variante des Masterstudiums geplant, in der die Studierenden ein größeres künstlerisches Projekt selbst organisieren und auf das Studium angerechnet bekommen.

LINKS

Johann-Joseph-Fux-Konservatorium Graz: www.verwaltung.steiermark.at

Vienna-Konservatorium:

www.viennaconservatory.at

Universität für Musik und darstellende Kunst Wien: Institut für Popularmusik (ipop) http://ipop.at

Popular-Musik-Institut (PMI)

der Landesmusikschule Puchenau (bei Linz): http://musikschulepuchenau.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2016)

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