Vortragskunst: Sex, Drugs & Rock 'n' Roll

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Auf der Bühne Humorvolles, im Publikum Lerneffekt. Geht das wirklich? Drei Beispiele für Wissensvermittlung der fröhlichen Art – auch nach der Faschingszeit.

Die Science Busters sind tot, es leben die Science Busters: Auch nach dem Tod von Mitglied Heinz Oberhummer 2015 will das Projekt, das Naturwissenschaft – von „Kulinarische Physik“ bis „Typisch Aliens“ – auf die Bühne und ins Fernsehen brachte, in wechselnder Besatzung „zeigen, wie fantastisch Wissenschaft sein kann“. Neben Werner Gruber und Martin Puntigam sind nun die Wissenschaftler Ronald Mallett, Florian Freistetter, Helmut Jungwirth und Elisabeth Oberzaucher dabei, ebenso Kabarettist Günther Paal alias Gunkl.
Doch sie sind nicht die Einzigen, die ihr Wissen und ihren Witz nicht für sich behalten wollen.

Schön sprechen mit Balldini

„Barbara, du musst einen Vortrag schreiben. Alle haben Sex, aber niemand kennt sich aus!“ Sagte sich nach sieben Jahren Praxiserfahrung die Sexualpädagogin (und diplomierte Lebens- und Sozialtherapeutin) Barbara Balldini 2007, setzte sich hin und schrieb. Der Vortrag entwickelte sich dann „unerwartet und doch völlig logisch kabarettistisch“. Warum das? „Wenn im Alltag über Sexualität und Gefühle gesprochen wird, dann oft derb oder verschämt – es fehlen die Worte. Hier zu umschreiben und positive, seriöse, fröhliche Ausdrücke zu finden hat etwas Spielerisches und Humorvolles“, so Balldini. Ironie ermöglicht auch, einem Tabu die Schärfe zu nehmen, und durch extreme Übertreibung kann man plötzlich über etwas lachen, das einem sonst viel zu peinlich wäre anzusprechen. Dazu kommen Zahlen, Daten und aktuelle Studien aus der Wissenschaft.

Mittlerweile feilt die Kabarettistin an ihrem vierten Programm. Denn „die Fragen der Leute sind nicht weniger geworden“. Das Internet habe vieles verändert, aber nicht den Wissensstand verbessert. „Mythen und Irrtümer belasten Sexualität und Beziehungen nach wie vor, es herrschen immer noch viel Sprachlosigkeit und Ängstlichkeit.“ Ihr Bildungsauftrag ist einfach: „Jemand muss darüber reden. Es geht doch nicht, dass Männer und Frauen so wenig Ahnung haben voneinander, Beziehungen scheitern, Sexualität nicht genossen wird, nur weil niemand was sagt.“ Die Themen der Anfragen seien in all den Jahren im Wesentlichen die gleichen geblieben, neue sind aber dazugekommen: „Internet-Dating ist ein großes Thema geworden. Und ,Shades of Grey‘ hat auch einiges aufs Tapet gebracht.“

Nicht üben mit Austrofred

Gar nicht tabu, aber oft ebenso unergründlich ist das Thema, das Musiker und Autor Franz Wenzl in seiner „Austrofred Academy“ auf die Bühne bringt: Wie man ein Pop-/Rockstar wird. „Ich werde nach meinen Shows oft von jungen Menschen gefragt: ,Austrofred, wie wird man so wie du?‘ Offensichtlich gibt es starkes Interesse am Popmusikerberuf – das sieht man ja auch an den vielen Castingshows –, aber keine wirklich fundierte Ausbildung.“ Eine Bildungslücke, die der Sänger der Band Kreisky nach seiner Façon füllt: In der Academy ist er Leiter und Vorzeigebeispiel in Personalunion. Besprochen werden unter anderem folgende Punkte: „Voice, Body, Sexualität, Drogen, Finanzstruktur, Musik, Outfit, mentale Stärke, Charisma, soziales Engagement, Relaxen und B-Führerschein.“ Flipchart und Beamer kommen zum Einsatz, Songs und Bewegungen werden performt. Zum Abschluss wird die Veranstaltung evaluiert, Fragen können gestellt werden. „Das macht mir am meisten Spaß. Ich muss spontan sein, das reizt mich.“

Wie ernsthaft sein Bildungsauftrag ist? „Ich finde es wichtig, dass man das Feuer weitergibt an zukünftige Generationen.“ Und „es ist entscheidend, dass man sein Publikum ernst nimmt. Weil die Leute sofort spüren, wenn einer nur Dienst nach Vorschrift macht oder glaubt, er ist etwas Besseres“. Dem viel gepriesenen Üben steht er ambivalent gegenüber: „Übung macht ja laut Sprichwort den Meister, aber mir ist das einfach zu fad, ich mag lieber konkret etwas machen.“ Außerdem gebe es noch einen anderen Spruch, der mindestens genauso wahr sei: „Wer viel übt, wird gut im Üben.“

Web: www.sciencebusters.at, www.austrofred.at
www.balldini.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.